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Der Knochenleser - Der Gruender der legendaeren Body Farm erzaehlt

Der Knochenleser - Der Gruender der legendaeren Body Farm erzaehlt

Titel: Der Knochenleser - Der Gruender der legendaeren Body Farm erzaehlt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bass Jon Jefferson
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eine kleine Menge verdünnte Salzsäure. Sie war in einem Medizinfläschchen mit einer Pipette verpackt.Vorsichtig saugte ich mit dem Gummibällchen der Pipette ein paar Tropfen an und ließ sie auf einen kleinen Haufen Pulver fallen, den ich auf ein Metalltablett geschüttet hatte. Sobald die Tropfen auf das Pulver trafen, schäumten sie auf. Das sieht aus, als wäre es Zement oder zumindest pulverisierter Kalkstein , dachte ich.
    Mein letzter Anruf in dieser Sache ging zu Dr. Al Hazari, einem Chemieprofessor der University of Tennessee, den ich schon seit Jahren kannte und schätzte. Er erklärte sich bereit, das pulverige Material einer genaueren chemischen Analyse zu unterziehen; auf seine Anweisung hin siebte ich die Überreste noch fünfmal durch, um größere Stücke zuverlässig zu entfernen und alles gleichmäßig zu vermischen. Dann wog ich 42 Gramm ab, schüttelte sie in ein kleines Gefäß, das ich luftdicht verschloss, und brachte sie hinüber ins chemische Institut.
    Wenn wir Glück hatten, würden wir der Familie Harden schon bald Genaueres sagen können.
     
     
    Wenig später kam die erste Rückmeldung von meinem Kollegen am Zentrum für Waldprodukte. Bei den Holzstücken handelte es sich um Sperrholz. Das war weder verwunderlich noch beunruhigend: Die Kartons, in denen Leichen normalerweise transportiert und eingeäschert werden, haben einen dünnen Boden aus Sperrholz, damit sie das Gewicht des Toten tragen können, wenn man die Kiste anhebt. Ansonsten könnte der Karton sich ausbeulen oder reißen, insbesondere wenn Flüssigkeiten aus der Leiche ausgetreten sind.
    Aus dem Bericht des Textilexperten über die Fusselbällchen erfuhr ich, dass es sich um synthetisches Material handelte, vermutlich um Polypropylen. Dieser Kunststoff wird zu vielen Zwecken verwendet. Als festes Material geformt oder gepresst, dient er zur Herstellung der verschiedensten Gegenstände, von spülmaschinenfesten Lebensmittelbehältern bis zu Autostoßstangen. Man kann ihn aber auch zu Fasern spinnen, aus denen man dann Teppiche zur Verwendung im Freien, schwimmfähige Schiffstaue und unzerreißbare Umschläge für Kurierdienste herstellt.
    Polypropylen ist leicht, reißfest, biegsam und vielseitig, aber hitzebeständig ist es nicht. Sein Schmelzpunkt liegt bei rund 150 Grad - weniger als die Temperatur, bei der man Schokoladenkekse bäckt, ganz zu schweigen von der Hitze, die zur Verbrennung einer Leiche notwendig ist. Die Fusselbällchen waren also aus Versehen oder absichtlich hinzugefügt worden, nachdem man Chigger Hardens Leiche eingeäschert hatte.
    Das heißt, wenn man sie überhaupt eingeäschert hatte. Das Material enthielt eindeutig Bruchstücke verbrannter menschlicher Knochen. Aber waren es die von Lloyd Harden, oder stammten sie von einem anderen? Wenn DNA die Verbrennung überstehen würde, hätten wir die Frage eindeutig beantworten können. Leider aber wird bei einer richtig durchgeführten Einäscherung das gesamte organische Material der Knochen vollständig verbrannt. Die Knochen werden »kalziniert«: Zurück bleibt nur ihr mineralischer Hauptbestandteil, das Calcium. Die kohlenstoffhaltigen DNA-Moleküle verbrennen ebenso vollständig wie die kohlenstoffhaltigen Moleküle einer Pappkiste oder eines Baumwollhemdes. Chemisch betrachtet, gehen alle Spuren von Leben und Identität eines Menschen ganz buchstäblich in Rauch auf. Der größte Teil unseres Materials - jene 1313 Gramm Asche, die noch übrig waren, nachdem wir verrostete Heftklammern, Stoff und Fusselbällchen ausgesiebt hatten - konnte uns keine Aufschlüsse darüber liefern, ob es sich hier um Chigger Harden handelte. Wir wussten nur, dass diese Reste einst größtenteils zu einem Menschen gehört hatten.
    Am 30. April erhielt ich die Ergebnisse der chemischen Analyse. Meinem Kollegen, dem Chemiker Hazari, war ein genial einfacher Test eingefallen, mit dem man feststellen konnte, ob das Material menschlichen Ursprungs war. Der menschliche Körper ist chemisch recht einheitlich zusammengesetzt. Irgendwann lernen wir im Schulunterricht, dass er zum größten Teil aus Wasser besteht - es macht rund 60 Prozent des Gewichtes aus. Die restlichen 40 Prozent verteilen sich auf eine ganze Reihe anderer Elemente, vorwiegend Calcium und Kohlenstoff. (Würden Menschen eine Zutatenliste tragen wie die abgepackten Lebensmittel im Supermarkt, müsste sie folgendermaßen lauten: Wasser, Calcium, Kohlenstoff...)
    Ein Bestandteil, der auf dieser Liste

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