Der Knochenmönch
ballte die rechte Hand zur Faust. »Es will mir noch immer nicht in den Sinn, daß wir an Typen wie Alberti und Wallraven nicht herankommen können. Selbst Sir James muß eine Abfuhr erhalten haben oder zum Schweigen verpflichtet worden sein. So etwas passiert bei ihm selten. Deshalb gehe ich davon aus, daß diese beiden einen sehr großen Schutz genießen.«
»Wir werden sehen, John.« Driscoll trank sein Glas leer. »Wichtig ist jetzt die Verbindung nach Rom.«
»Father Ignatius«, murmelte Suko.
Driscoll hatte ihn trotzdem verstanden. Allerdings blickte er so, als hätte er den Namen nicht richtig verstanden. »Wen haben Sie denn damit gemeint?«
»Einen Freund von uns.«
»Der in Rom sitzt?«
»Ja, er hat eine Aufgabe im Vatikan übernommen. Ihnen ist die Weiße Macht ein Begriff?«
Ich hatte eine Antwort erwartet. Positiv oder negativ, wie auch immer, aber ich erhielt keine. Statt dessen schaute mich Driscoll nur an, und sein Blick hatte die Schärfe eines Messers. »Ist irgend etwas mit mir los?« fragte ich.
»Nein, das eigentlich nicht.«
»Aber…?«
»Sie haben da einen Begriff genannt, John«, er räusperte sich, »der nur wenigen bekannt ist.«
»Wenn Sie so wollen, ja.«
»Ich kenne ihn.«
Mein Lächeln fiel spröde aus. »Das habe ich mir sogar gedacht, Father Driscoll.«
Er strich über sein Haar. »Es kann durchaus sein, daß sich William Cartland deshalb an mich gewandt hat.«
Er rückte noch nicht so recht mit der Sprache heraus. »Aber nicht, weil Sie ihn kennen.«
»Nein, nicht nur.«
»Sie gehören dazu!« sagte ich ihm auf den Kopf zu, und er wich meinem Blick nicht aus.
»Das ist wohl das Ergebnis unseres Gespräches gewesen. Ja, ich gehöre dazu. Ich bin einer von ihnen, und wir geben uns sonst nicht so leicht zu erkennen. Wie Cartland dies erfahren hat, kann ich nicht sagen. Man darf nur seine Beziehungen nicht unterschätzen, aber ich bin der Weißen Macht verpflichtet. Weil dies so ist, sind auch Sie mir ein Begriff, John und Suko.«
Jetzt wußten wir die Wahrheit. Irgendwie war ich erleichtert, und Suko erging es nicht anders. Er lächelte, während Driscoll auf seinem Stuhl saß und nichts sagte.
»Wie mächtig ist die Weiße Macht?« fragte ich und meinte dabei diesen speziellen Fall, was Driscoll auch so auffaßte.
»Leider nicht mächtig genug.«
»Für unsere jetzigen Feinde?«
»Richtig. Die Weiße Macht kann zwar als Geheimdienst bezeichnet werden, doch sie kümmert sich eigentlich mehr um Dinge, die mit der Kirche selbst zu tun haben, aber das brauche ich Ihnen wohl nicht zu sagen.«
»Moment. Sie ist doch auch da, um Gefahren von der Kirche fernzuhalten, oder nicht?«
»Ja, das ist sie. Nur hat sie in der letzten Zeit einen Schlag erlitten, wie Sie ja selbst wissen. [1] Es hat auch in den Reihen der Weißen Macht Verräter gegeben, und in Rom versucht sich Father Ignatius an einem Neuaufbau. Sie ist nicht mehr so stark, aber es ist gut, einen Verbündeten zu haben.«
»Weiß Ignatius Bescheid? Haben Sie möglicherweise mit ihm telefoniert?«
»Noch nicht. Ich wollte keine Pferde verrückt machen. Es war alles zu vage.«
»Jetzt muß Ignatius Bescheid wissen«, sagte Suko. »Am besten ist es, wenn wir ihn noch heute abend anrufen.«
»Natürlich.«
»Und dann?« fragte Driscoll.
»Besorgen wir drei Tickets für einen Flug in die Ewige Stadt…«
***
Sie hatten wundervoll gegessen und getrunken, und sie fühlten sich in diesem herrlichen Restaurant rundherum wohl.
Der Blick über Rom war wirklich phantastisch, denn die Stadt lag im Glanz zahlreicher Lichter, die wie Sterne funkelten.
Sie tranken nach dem Essen jeder einen starken Kaffee, und Alberti rauchte zwei Zigaretten. Er wirkte nachdenklich und ließ sich auch durch den beobachtenden Blick seines Gegenübers nicht stören.
»Woran denkst du?«
»Daß es in dieser Nacht soweit ist.«
Wallraven schwieg für einen Moment. »Du glaubst also, daß er erwacht ist?«
»Ich glaube nicht nur daran, ich rechne sogar fest damit. Verginius hat lange genug im Koma gelegen. Das Feuer der Hölle ist nicht verloschen, wir können uns darauf verlassen.« Er lächelte und drückte die Zigarette aus. In seinem Glas befand sich noch ein Rest Rotwein, den er ausschlürfte und sichtlich genoß.
Wallraven sagte zunächst einmal nichts. Er suchte nach den richtigen Worten. Irgendwann hatte er sie dann gefunden. »Weißt du, was ich manchmal an dir bewundere, Alberti?«
»Nein.«
»Ich will es dir sagen. Es
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