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Der Knochenmönch

Der Knochenmönch

Titel: Der Knochenmönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Knochen lag, aber die Augen waren längst aus den Höhlen verschwunden. Wo sie sich einmal befunden hatten, waren nur noch leere Löcher zu sehen. Es gab die Nase noch, es waren aber keine Lippen mehr vorhanden, denn die waren regelrecht weggefressen worden. Ebenso wuchsen keine Haare mehr auf dem Schädel, so daß der gesamte Kopf eine widerliche Mischung aus Totenschädel und einem normalen Menschenkopf bildete.
    Die Gestalt war nicht nackt. Eine Kutte umhüllte sie. Im Licht der Kerze schimmerte sie bläulich. Sie war verstaubt und rissig.
    Die Kapuze war so weit in die Höhe gestreift worden, daß sie das ehemalige Menschengesicht frei ließ.
    Die Flamme brannte ruhig. Kein Lufthauch wehte durch die Mauern und bewegte sie. Der Sauerstoff allerdings reichte aus, um sie nicht verlöschen zu lassen.
    Wachs hatte sich gelöst. Er war aufgequollen und in dicken Tropfen an der Kerze herabgelaufen. Auf dem Weg nach unten war er dann erkaltet und klebte an der Kerze als Buckeln und Knubbeln.
    Die armdicke Lichtquelle stand schräg hinter der Gestalt, deshalb lag das Gesicht auch im Schatten. Der rechte Arm hatte auf der Lehne des Sessels ihre Ruhestellung gefunden. Hände, keine knöchernen Klauen, sondern Finger mit dünner Lederhaut umklammerten die Lehne und verkrallten sich im Stoff der Kutte, und es waren genau diese Hände, die plötzlich anfingen zu zucken. Mit den Fingerspitzen begann es. Sie hoben sich ab von diesem alten, zerschlissenen Stoff, fielen wieder zurück, als wollten sie die Lehnen zerquetschen. Ein erster Versuch, der sich nicht allein auf die Hände beschränkte, denn plötzlich zitterten die Schultern, als wären sie von einem Stromstoß erfaßt worden.
    Der gesamte Körper bebte. Er sandte Signale aus. Unheimliches Leben erfüllte den Mönch. Er glich einer mechanischen Puppe, deren Uhrwerk stockend anlief und noch mehr Saft brauchte, um perfekt arbeiten zu können.
    Die Augen blieben leer und tot, aber der Kopf selbst wurde regelrecht erschüttert.
    Es war schon mehr als ein Zittern. Es war das Erwachen!
    Noch blieb der unheimliche Knochenmönch sitzen. Nun aber nicht mehr gefangen in seiner jahrhundertealten Starre, denn für ihn war die Zeit endlich reif.
    Seine Rückkehr stand dicht bevor…
    ***
    Ich hatte plötzlich das Gefühl, nicht mehr auf dem Stuhl zu sitzen, sondern im leeren Raum zu schweben. Suko und auch Father Driscoll waren weit entfernt, und als ich mich sprechen hörte, da erkannte ich die eigene Stimme kaum wieder.
    »Was haben Sie da gesagt?«
    Er wiederholte den Satz. »Verginius ist bereit, den Papst zu töten!«
    Ich schluckte, ich atmete zugleich, ich verlor meine normale Gesichtsfarbe und wußte nun, daß ich mich nicht verhört hatte.
    Der Borgia-Mann wollte den Papst töten!
    Ein Zombie, ein was weiß ich nicht alles…
    Ich schlug die Hände vor das Gesicht und flüsterte dabei: »Laßt mich erst mal nachdenken.«
    Neben mir saß Suko. Driscoll hatte einen Platz eingenommen, von dem aus er uns beide anschauen konnte. Mein Freund war ebenso perplex wie ich. Nur schwieg er, während mir die Fragen durch den Kopf schössen und ich sie nicht länger zurückhalten konnte. Es war kein Bluff, Driscoll gehörte nicht zu den Menschen, die so etwas nötig hatten.
    Außerdem bluffte oder spielte man mit derartigen Dingen nicht, und jetzt konnte ich auch die Aufregung meines Vaters verstehen. Sicherlich hatte auch er schon in Ansätzen von dieser Verschwörung erfahren. Die gesamte Wahrheit kannte er nicht, die hätte er mir nicht verschwiegen.
    »Ihr habt jetzt erst die richtigen Fragen, nicht wahr?«
    Suko nickte, ich hielt mich noch zurück. Mein Freund hatte sich vor mir gefangen. »Wie ist das möglich?« hauchte er. »Wie soll Verginius in die Nähe des Papstes gelangen?«
    »Er ist bereits da.«
    »Was sagen Sie?«
    »Nicht direkt in seiner Mähe. Er befindet sich schon im Vatikan. Ihnen muß ich nicht sagen, wie groß dieses Gelände ist, und daß einige Gebäude zu ihm gehören. Uralte Kavernen, außerhalb und innerhalb der Mauer, verbunden durch Gänge wie ein weit verzweigtes Netzwerk. Das ist eine Welt für sich, und es hat sie schon vor Jahrhunderten gegeben, was auch den Borgias bekannt war. Sie haben entsprechend reagiert und Verginius dort versteckt.«
    Ich hatte mich wieder so weit gefangen, um einigermaßen vernünftig sprechen zu können. Vor allen Dingen unterdrückte ich meine Emotionen. »Bisher, Father Driscoll, haben Sie immer von der Vergangenheit

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