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Der Köder

Der Köder

Titel: Der Köder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
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vielleicht das
    Überraschungsmoment nutzen, um einen Schuss abzufeuern. Aber
    leider hatte Jack eine ganze Menge Schnaps intus, und seine
    Reaktionszeit würde dementsprechend lang sein.
    «Die Waffe, Mr. Pullman.»
    Marty sah den Jungen an, der während der vergangenen drei
    Tage an seiner Seite gearbeitet hatte, den Jungen, der bei Moreys Beerdigung geweint hatte, nachdem er ihm eine Kugel in den Kopf
    geschossen hatte. «Das kann ich nicht machen, mein Sohn.»
    «Ich verstehe und respektiere das, Sir», sagte Jeff, aber er zielte noch entschlossener. Sein Finger krümmte sich um den Abzug.
    «Wenn Sie mir Ihre Waffe nicht geben, werde ich Sie erschießen
    müssen.»
    «Du wirst mich erschießen, ob ich's dir leicht mache oder nicht», sagte Marty.
    «Nein, Mr. Pullman, das werde ich nicht. Bevor ich zu dieser Tür
    hereinkam, wusste ich noch nicht einmal, dass Sie hier waren. Ich habe keinen Streit mit Ihnen, und ich will Sie auch nicht erschießen.
    Doch wenn es sein muss, werde ich es tun.»
    «Du warst also in Brainerd auf dem Speicher, hm?», sagte Jack
    im Plauderton vom Sofa her. Marty hörte es gurgeln, als Jack sein Glas füllte.
    Jack, was zum Teufel hast du vor? Aber Jeff hatte geblinzelt, wenn auch nur kurz. Jack hatte ihn überrumpelt, wie er es mit allen tat.
    «Wie bitte?», fragte Jeff, den Blick fest auf Marty gerichtet, den Finger immer noch am Abzug.
    «Brainerd. Die Anglerpension. Du warst auf dem Speicher, du
    hast gesehen, was passiert ist, du hast uns gesehen. Der Typ am
    Empfangstresen, wer war das? Dein Dad?»
    Jeffs Blick schoss kurz zu Jack, und Martys Anspannung wuchs.
    Seit Jeff die Waffe unter seiner Regenjacke hervorgezogen hatte,
    kam zum ersten Mal ein Hoffnungsschimmer auf.
    Rede weiter, Jack! Diese telepathische Botschaft, die er ihm schickte, war vollkommen unnötig, denn mit Reden verdiente Jack
    seinen Lebensunterhalt. Ablenkung, Überredung, Geschwätz – das
    waren die Stärken eines Anwalts, und jetzt tat Jack das, worin er geschult war. Aber er bewies Mut. Marty wandte sich ein wenig zur Seite und blickte aus dem Augenwinkel zu Jack. Dreißig Sekunden
    zuvor hatte er verzweifelt versucht, sich an den letzten Rest
    Nüchternheit zu klammern, und jetzt spielte er den Stinkbesoffenen.
    «Reichlich alt, um dein Dad zu sein, wenn ich mir's überlege.
    Großvater?»
    «Er war mein Vater», sagte Jeff eisig. «Mr. Pullman, schieben
    Sie Ihre Waffe jetzt hierher oder…»
    «Scheiße. Muss die Hölle gewesen sein, mit einem Nazi als Vater
    aufzuwachsen. Mann, da dachte ich schon, ich hätte es schlecht
    getroffen. Junge, du hast mein Mitgefühl.»
    Die 9-Millimeter zitterte leicht in Jeffs Hand, und vom Hals aus
    überschwemmte Röte sein Gesicht.
    Zu schnell, dachte Marty und mischte sich ein. «Wenn du alles gesehen hast, was in Brainerd geschehen ist, Jeff, dann weißt du
    auch, dass Jack deinen Vater nicht erschossen hat.»
    Jeffs Lächeln war bitterernst. «Haben Sie erwartet, dass er Ihnen etwas anderes erzählen würde? Als ich die Schüsse hörte, bin ich aus meinem Zimmer gekommen. Jack hatte die Waffe in der Hand.»
    «Er hat aber nicht abgedrückt, Jeff», beharrte Marty. «Die
    anderen haben deinen Vater erschossen. Sie versuchten, Jack dazu zu bringen, auf ihn zu schießen, obwohl er schon tot war, aber er wollte nicht. Er konnte nicht.»
    Jeffs Augen wurden schmal, als er Marty musterte. «Er war
    dabei.»
    «Darauf kannst du dein letztes Hemd wetten, dass ich dabei
    war», meldete sich Jack mit undeutlicher Stimme. «Und willst du
    auch wissen, warum? Weil mein Dad versucht hat, mich dazu zu
    kriegen, seine Angelegenheiten zu Ende zu bringen, genau wie dein Dad dich dazu gebracht hat, seine zu beenden. Ich kann dir sagen, mein Junge, wir haben viel gemeinsam…»
    «Bitte seien Sie ruhig, Mr. Gilbert.»
    «… aber ich möchte doch wissen, wie zum Teufel du uns
    gefunden hast.»
    Jeff konzentrierte sich weiterhin auf Marty und hatte sich unter
    Kontrolle, aber Jack machte ihn ein wenig nervös, sodass seine
    Aufmerksamkeit für einen kurzen Moment von der 357er abgelenkt
    wurde, die Marty in der Hand hielt und zu deren Sicherungshebel
    einer seiner Finger vorsichtig wanderte.
    «Ihr Vater war so dumm, in seinem eigenen Auto zu kommen.
    Ich habe mir das Kennzeichen gemerkt, mich ein wenig bei dem
    Sheriff eingeschmeichelt, gewartet, bis er beim Verkehrsamt den
    Führerschein eines Rasers überprüfte, und dann die Zahlen des
    Kennzeichens eingegeben. Als ich auf

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