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Der Köder

Der Köder

Titel: Der Köder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
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Wir hatten einige Probleme mit ihm, haben ihn ab und zu auf der Straße angehalten und dafür gesorgt, dass er heil nach Hause gekommen ist.»
    Gino sah Magozzi an. «Hier will ich auch wohnen.»
    «Heute Morgen dann», fuhr der Chief fort, «erreichten uns
    Anrufe von fast allen Anwohnern in Hörweite von Gilberts Haus. Es seien Schüsse gefallen. Jack Gilbert war der Hysterie nahe und
    fuchtelte mit einer Waffe herum, als wir hier eintrafen. Der Garten und der Wagen seiner Frau hatten eine Menge Kugeln abgekriegt.»
    «Mein Gott», murmelte Gino. «Jemand hat tatsächlich versucht,
    ihn umzubringen.»
    «Nun, da sind wir gar nicht so sicher. Es ist viel Schaden
    angerichtet worden, und es liegt auch viel Messing in der Gegend
    rum, aber bisher ist es alles nur Kaliber neun Millimeter. Auch die Projektile. Wir haben ein paar davon aus der Garagenverkleidung
    und aus einigen Baumstämmen rausgeholt.»
    «Und das bedeutet?», fragte Magozzi. Der Chief reagierte mit
    einem einseitigen Achselzucken, das beinahe unbeholfen wirkte.
    «Die Waffe, die Mr. Gilbert in der Hand hielt, war eine Smith & Wesson, Kaliber 9 Millimeter, noch warm, und er informierte uns
    geradeheraus, dass er das gesamte Magazin leer geschossen habe,
    um den zu treffen, der seiner Meinung nach auf ihn schoss. Wir
    werden natürlich alles ins Labor schicken, nur für den Fall, dass da draußen zwei Männer mit zwei verschiedenen Neun-Millimeter-Pistolen in die Gegend geballert haben.»
    Magozzi musterte ihn einen Moment lang. «Sie glauben gar
    nicht, dass es einen zweiten Schützen gegeben hat, oder?»
    Chief Boyd sah auf den blank polierten Asphalt unter seinen
    blank polierten Stiefeln hinunter und seufzte. «Wissen Sie, Jack
    Gilbert wohnt hier seit zehn Jahren – solange ich hier Chief bin –
    und war schon immer ein wenig… exzentrisch. Aber im Großen und
    Ganzen ein höllisch netter Kerl. Aber dann, vor einem Jahr oder so, schien er mehr und mehr die Kontrolle über sich zu verlieren. Viel Alkohol, viele Beschwerden von den Nachbarn, und wie ich schon
    sagte, wir mussten ihn mehr als einmal von der Straße holen. Einmal fuhr ich auf dem Weg zum Mittagessen die Hauptstraße entlang, und wen sehe ich? Mr. Gilbert, der auf dem Gehsteig an den
    Schaufenstern vorüberspaziert und außer seinem Bademantel nichts
    anhat. In Rekordzeit habe ich ihn in meinen Wagen verfrachtet, und als ich ihn fragte, was zum Teufel er sich dabei gedacht habe, nur im Bademantel durch die Innenstadt zu stolzieren, sah er an sich
    hinunter und sagte: ‹Ach, du heilige Scheiße.› Ich schwöre bei Gott, dem Mann war nicht klar gewesen, dass er sich nicht angezogen
    hatte. Hätte ihn fast eingesperrt, damit das Gericht ein
    psychiatrisches Gutachten angeordnet und er Hilfe bekommen
    hätte.»
    «Damit hätten Sie ihm vielleicht einen Gefallen getan», sagte
    Gino.
    Chief Boyd lachte leise. «Leider halten es die Bewohner unserer
    Gemeinde nicht für einen Gefallen, wenn Polizisten sie in
    Gewahrsam nehmen, wie gut gemeint es auch sein mag. Ich kann
    Ihnen sagen, in diesem Job habe ich mehr mit Politik zu tun, als ich es je wollte.»
    Magozzi nickte verständnisvoll. «Uns geht es in der Stadt
    zuweilen genauso. Wenn ein Streifenpolizist einen Richter mit 0,1
    Promille erwischt, na ja, dann wird er sich fragen, ob es nicht auf ihn zurückfällt, wenn er das nächste Mal einen Fall vor diesen Richter bringt. Traurig, aber wahr.»
    Der Chief ließ den Blick zu einer Ansammlung penibel
    beschnittener Bäume wandern. «Mein Officer sagt mir, dass Sie
    Gilbert befragen wollen. Er ist ziemlich verstört. Ich hoffe, Sie werden mir jetzt nicht sagen, dass er ein Verdächtiger in den
    Uptown-Morden ist.»
    Magozzi schmunzelte. «Sie mögen ihn, nicht wahr?»
    «Ich glaube schon. Ich empfinde Sympathie für ihn. Er scheint
    mir zu den guten Menschen zu gehören und ist irgendwann mal vom
    Weg abgekommen.»
    «Nun, wir betrachten ihn im Moment nicht als Verdächtigen,
    aber wir glauben, dass er Informationen zurückhält, die uns helfen könnten. Wir möchten uns deswegen mit ihm unterhalten.»
    Sie fanden Jack Gilbert in sich zusammengesackt hinten im
    Krankenwagen. Er trug Shorts und ein Polohemd und ließ die bloßen Beine über die Kante baumeln. Er bot das genaue Bild dessen, was er war – ein schwerer Alkoholiker, der eine ausgiebige Sauftour hinter sich hatte. Trübe und verquollene Augen, fahle Haut und eine so
    schlaffe Mundpartie, dass man den Eindruck hatte, sie sei

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