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Der Köder

Der Köder

Titel: Der Köder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
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vermissten Kinder in Texas zu helfen, und Harley sagt, die Anfragen häufen sich. Wir werden lange unterwegs sein, Grace. Du musst es ihm sagen… es sei denn, du denkst daran, da oben zu bleiben, den Mann zu heiraten und dir ein Haus ohne
    Gitterstäbe vor den Fenstern zu suchen, damit deine Kinder nicht wie Tiere im Zoo aufwachsen.»
    «Sei bitte nicht albern, Annie. Eine solche Beziehung haben
    Magozzi und ich ganz und gar nicht.»
    «Erzähl mir keinen Unsinn. Jedes Mal, wenn ihr beide euch
    anseht, habt ihr Sex, und miteinander zu schlafen ist nichts als eine Formalität, zu der ihr noch nicht gekommen seid.»
    Grace blieb zwei Sekunden lang stumm, und das war ein großer
    Fehler.
    «Mein Gott», sagte Annie. «Du denkst tatsächlich drüber nach,
    stimmt's?»
    «Ich denke in letzter Zeit über vieles nach. Aber ich komme mit
    nach Arizona.»
    Nach dem Telefongespräch mit Annie fand Grace Charlie, der
    besser war als jedes Barometer, im Flur, wo er mit der Nase zur
    Untergeschosstür saß und deren Knauf fixierte.
    Das Wetter wird schlecht, dachte Grace.

    Annie legte auf und trommelte mit den Fingernägeln auf die Bar aus ungehobeltem Eichenholz. Ihre Nägel waren heute strahlend wie
    Immergrün, denn nicht vielen Frauen auf der Welt stand diese Farbe, und Annie fiel gern auf. Außerdem wollte sie ihre Kontaktlinsen im Ton des Immergrüns tragen, und die Vorstellung, dass ihre
    Fingernägel nicht zu ihren Augen passten, war unerträglich.
    Es war eine Mühe der eigenen Art gewesen, sich auf die Farbe
    des Tages vorzubereiten; daran bestand kein Zweifel. Sie hatte
    morgens gleich als Erstes in den Friseursalon eilen müssen, um ihren Henna gefärbten Bob schwarz tönen zu lassen, denn der Tag, an dem Annie Belinsky rote Haarsträhnen zu ihrem immergrünen
    Seidenkimono trug, würde nie, niemals kommen. Als sie sich jetzt in der Cantina umsah und dreißig männliche Augenpaare schmachtend
    ihren Blick erwiderten, entschied sie, dass sich die Mühe gelohnt hatte. Wie in aller Welt berufstätige Frauen mit Familien es
    schafften, sich ansehnlich zurechtzumachen, blieb jenseits ihrer
    Vorstellungskraft.
    Sie lächelte – mit einer winzigen Spur Verruchtheit – und nahm
    mit einem Wackeln ihres breiten, in Seide gehüllten Hinterns
    vollständig Besitz vom Barhocker. Sie hätte schwören können,
    dreißig sehnsuchtsvolle Seufzer gehört zu haben.
    Natürlich wurden ein paar der Männer von ihren Frauen
    begleitet, und Annie hatte den Verdacht, dass einige einen Anschlag auf ihr Leben vorbereiteten. Zeitschriften wie Fernsehen hatten diese Frauen unentwegt belehrt, dass absolut nichts auch nur entfernt
    Attraktives oder Elegantes daran war, übergewichtig zu sein, und
    viele von ihnen verbrachten wahrscheinlich eine Menge Zeit mit
    Aerobic-Kursen und dem Abzählen von Kalorien, um niemals in die
    Schwergewichtsklasse zu geraten. Die meisten Frauen waren braun
    gebrannt und schlank und sahen in ihren knallengen Jeans und den
    winzig kleinen T-Shirts durchtrainiert und sportlich aus. Annies
    Äußeres jedoch – ihr offenes Kokettieren mit jedem Zentimeter
    Übermaß, als sei er pures Gold – brachte sie aus der Fassung und
    machte sie sauer, da Männer, die normalerweise nach Barbiepuppen
    im Bikini lechzten, sich plötzlich wegen einer dicken Frau in
    Alarmbereitschaft befanden.
    Annie hätte den missgelaunten Frauen erzählen können, dass
    Männer nicht ausschließlich auf einen speziellen Körpertypus
    reagierten – ihrer Meinung nach hatten schwule Modeschöpfer
    diesen Mythos verbrochen –, sondern darauf ansprachen, wie eine
    Frau ihren Körper, ihre Augen und ihre Stimme einsetzte. Und darauf verstand sich Annie.
    «Miss Belinsky?»
    Gütiger Herr im Himmel, sie hatte ihn nicht kommen hören, und
    Annie entging selten etwas. Er war hinter ihr aufgetaucht und hatte sie mit seinem urigen, schleppenden Cowboy-Singsang überrascht,
    sodass sie fast vom Barhocker gekippt wäre. Der Akzent war tiefster Süden, so wie Annies, und süß wie Sirup, klang aber eigentlich nur bei Frauen gut. Wenn man ein Mann war und mit seiner Stimme
    Eindruck machen wollte, musste man aus Cowboy-Land stammen.
    «Hallo, Mr. Stellan. Sie sind einer der wenigen Männer, denen es
    je gelungen ist, mich zu überraschen.»
    Er stand da, hielt seinen Cowboyhut respektvoll vor der Brust
    und sah genauso aus wie Gary Cooper in seinen frühen Filmen –
    außer seinen Augen, die Leidenschaft verrieten. «Miss Belinsky, ich wende jede mir

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