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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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Falken
und Ehemännern erzählte und vom schönen Wetter, das derzeit herrsche.
    »Aber
gewiß doch«, sagte er, heimlich die Stirn runzelnd, während Rindenbrösel ihm in
die Augen rieselten. »Aber gewiß doch. Aber gewiß doch.«
    Im
Wipfel des Baumes hatte sich der Falke derart in seiner créance verfangen
– er hatte sich die Leine um Hals und Flügel geschlungen, wie üblich, und
wähnte sich nun von ihr angegriffen – , daß Lanzelot ihn auf die bloße Hand
steigen lassen mußte. Der Vogel krallte sich wütend fest; Lanzelot jedoch
befreite ihn geduldig aus seiner Verschlingung, ohne sich um die Dolchstiche
der Falkenfänge zu kümmern. Ein Falkner macht kein Aufhebens davon, wenn sein
Falke ihm wehtut: er ist viel zu sehr bei der Sache.
    Als
er den Peregrin behutsam aus dem Gewirr der Zweige gelöst hatte, machte
Lanzelot sich klar, daß er nicht einhändig hinabklettern konnte.
    Zu
der Dame, die sich am Fuß des Baumes recht klein ausnahm, schrie er daher
hinab: »Paßt auf. Ich werde ihn mit dem Fußriemen an einen schweren Zweig
binden, wenn ich einen abbrechen kann, und ihn dann hinunterwerfen. Ich werd’
ihn ein bißchen hinausschleudern müssen, damit er sich nicht wieder verfängt.«
    »Oh,
aber gebt nur gut acht!« rief die Dame.
    Als
Lanzelot sein Vorhaben ausgeführt hatte, begann er vorsichtig mit dem Abstieg.
Er mußte ein paar schwierige Stellen überwinden, wo alles davon abhing, ob er
das Gleichgewicht halten konnte. Als er ungefähr zwanzig Fuß vom Erdboden
entfernt war, galoppierte ein fetter Ritter in voller Rüstung herbei.
    »Ha,
Sir Lanzelot!« schrie der fette Ritter. »Jetzt hab’ ich Euch da, wo ich Euch
haben wollte.«
    Die
feine Dame nahm den Falken und machte Anstalten, sich zu entfernen.
    »Edle
Frau!« rief Lanzelot, rätselnd, woher bloß alle Welt seinen Namen wußte.
    Der
feiste Mann schrie: »Die laßt Ihr schön in Frieden, Ihr Mörder. Das ist mein
Weib, bittschön. Sie hat nur getan, was ich ihr aufgetragen habe. War ein
Trick. Haha! Jetzt habe ich Euch, ohne Eure berühmte Rüstung – und ich werd’
Euch töten, wie man eine Katze ersäuft.«
    »Das
ist nicht gerade ritterlich«, sagte Lanzelot und schnitt eine Grimasse. »Ihr
könntet doch wenigstens warten, bis ich meine Waffen habe, und dann fair mit
mir kämpfen.«
    »Warten,
bis Ihr Eure Waffen habt, Ihr Laffe? Wofür haltet Ihr mich? Mit diesem
neumodischen Schnickschnack hab’ ich nichts im Sinn. Wenn ich jemanden
erwische, der gebratene Kinder frißt, dann bring’ ich ihn um, wie das ganze
Geschmeiß, zu dem er gehört.«
    »Nun
aber…«
    »Kommt
runter! Kommt runter! Ich hab’ keine Lust, den ganzen Tag zu warten. Kommt
runter, wenn Ihr Manns genug seid, Eure Quittung in Empfang zu nehmen.«
    »Ich
versichre Euch, daß ich keine Kinder brate.«
    Der
fette Ritter wurde puterrot im Gesicht und brüllte: »Lügner! Lügner! Teufel!
Kommt sofort runter.«
    Lanzelot
setzte sich auf einen Ast, ließ die Füße baumeln und kaute auf den
Fingernägeln.
    »Soll
das etwa heißen«, fragte er, »daß Ihr den Falken absichtlich mit der Leine habt
davonfliegen lassen, um mich ermorden zu können, wenn ich nackicht bin?«
    »Kommt
runter!«
    »Wenn
ich runterkomme, geht’s Euch an den Kragen.«
    »Possenreißer!«
rief der fette Ritter.
    »Na
schön«, sagte Lanzelot. »Ihr seid selber schuld. Wer ändern eine Grube gräbt… Zum
letzten Mal: gebt Ihr mir Gelegenheit, mich zu bewaffnen?«
    »Nicht
im Traum.«
    Lanzelot
brach einen verdorrten Ast ab und sprang hinter seinem Gaul auf die Erde, so
daß er das Pferd zwischen sich und seinem Gegner hatte. Der fette Ritter
stürmte los und versuchte, ihm mit einem schwungvollen Hieb den Kopf vom Rumpf
zu trennen, wobei er sich über das zwischen ihnen stehende Pferd lehnte.
Lanzelot parierte den Hieb mit seinem Ast, und das Schwert blieb im Holz
stecken. Da entriß er dem Ritter das Schwert und stach es ihm in die Kehle.
    »Geht«,
sagte Lanzelot zu der vornehmen Dame. »Laßt das Jammern sein. Euer Gemahl war
ein Narr, und Ihr geht mir auf die Nerven. Es tut mir nicht leid, daß ich ihn
getötet habe.«
    Aber
es tat ihm doch leid.
    Beim
letzten Abenteuer ging es ebenfalls um Verrat und um eine Dame. Der junge Mann
ritt traurig durch das Schlickland – das man dazumal noch nicht trockengelegt
hatte und das wahrscheinlich die unwegsamste Gegend von ganz England war. Nur
die von Uther Pendragon unterworfenen Saxen kannten die geheimen Pfade durch
die Marschen, und die

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