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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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nicht«, sagte der Ritter. »Ich ergebe mich. Ich ergebe mich. Ihr könnt
keinen Mann töten, der sich ergibt.«
    Lanzelot
steckte sein Schwert ein und tat ein paar Schritte rückwärts – als wiche er vor
sich selbst zurück. Grausamkeit und Feigheit: beides war da, und beides war der
Grund für seine Tapferkeit und Güte.
    »Steht
auf«, sagte er. »Ich tu’ Euch nichts. Steht auf. Geht.«
    Der
Ritter sah ihn an, auf allen Vieren kauernd, wie ein Hund, und erhob sich,
geduckt, unsicher und ängstlich.
    Lanzelot
ritt davon. Ihm war übel.
    Bei
den Rittern der Tafelrunde hatte sich die Sitte herausgebildet, daß diejenigen,
die auf Queste ausgezogen waren, sich zu Pfingsten in Carlion einfanden, um von
ihren Abenteuern zu berichten. Arthur war es nicht entgangen, daß sie mit
größerer Hingabe und Kühnheit für das Recht foch ten, wenn sie hinterher
Rechenschaft ablegen mußten. Die meisten brachten Gefangene mit – als
Belegstücke und Zeugen für ihren Rapport. Es war ungefähr so, als würde der
Generalinspekteur der Polizei im hintersten Winkel Afrikas seine Offiziere
anweisen, sich in den Dschungel zu begeben und an Weihnachten mit denjenigen
Buschpotentaten zurückzukehren, denen sie Rechtschaffenheit beigebracht hatten.
Zumindest wurden die Häuptlinge aus dem Urwald von der großen Hofhaltung
beeindruckt, und oftmals zogen sie reformierten Sinnes nach Hause.
    Das
auf Lanzelots erste Queste folgende Pfingstfest war beinahe ein Fiasko. Ein
paar schäbige Riesen, die es mit dem ›Starken Arm‹ hielten, waren von den
Orkney-Mannen gefangengenommen worden. Sie erschienen bei Hof und huldigten dem
Herrscher. Aber Lanzelots Kontingent brach wie eine Überschwemmung herein.
»Wessen Mann seid Ihr?«
    »Lanzelots.«
    »Und
wessen Mann seid Ihr, guter Freund?«
    »Lanzelots.«
Bald gab die ganze Runde lauthals die Antwort. Sagte Arthur: »Willkommen in
Carlion, Sir Belleus, und darf ich fragen, welchem meiner Ritter Ihr Euch
unterworfen habt?« – dann brüllte die Tafelrunde im Chor: »Lanzelot!« Und Sir
Belleus errötete leicht, weil er sich fragen mußte, ob ihm das Gelächter gelte,
und sagte dann kleinlaut: »Ja, ich habe mich Sir Lanzelot ergeben.«
    Sir
Bevidere kam und gestand, daß er seinem ehebrecherischen Weib den Kopf
abgeschlagen habe. Er hatte ihn mitgebracht und wurde aufgefordert, ihn der
Buße halber dem Papst zu überbringen – wonach er äußerst fromm wurde. Gawaine
erschien mürrisch und schilderte in schottischem Englisch, wie er vor Sir
Carados errettet worden war. Gaheris berichtete als Oberhaupt einer Abordnung
von vierundsechzig Rittern mit rostigen Schilden über seine Rettung vor Sir
Turquine. Die Tochter von König Bagdemagus beschrieb in flammender Begeisterung
den Buhurt mit dem König von Northgalis. Des weiteren kam zahlreiches Personal
aus Abenteuerszenen, die wir ausgelassen haben – hauptsächlich Ritter, die sich
Sir Lanzelot ergeben hatten, wenn er als Sir Kay verkleidet aufgetreten war.
Kay konnte, wie wir aus dem ersten Buch wissen, seine Zunge nicht im Zaume
halten und machte sich dadurch recht unbeliebt. Lanzelot hatte ihn auf der Queste
vor drei Rittern retten müssen, die ihn verfolgten. Damit Kay unbehelligt an
den Hof zurückkehren konnte, vertauschte Lanzelot in der Nacht, während Kay
schlief, ihrer beider Rüstung – woraufhin alle Ritter, die sich mit Lanzelot
anlegten (in dem Glauben, sie hätten es mit Kay zu tun), ihr blaues Wunder
erlebten, während jene Ritter, die auf den in Lanzelots Rüstung steckenden Kay
trafen, vorsichtshalber einen weiten Bogen um ihn machten. Zur letztgenannten
Sorte gehörten Gawaine, Uwaine, Sagramour, Ector de Maris sowie drei andere.
Auch kam ein Ritter namens Sir Meliot de Logres, der unter übernatürlichen
Umständen errettet worden war.
    Sie
alle unterwarfen sich – nicht König Arthur, sondern Ginevra. Lanzelot hatte
sich ein ganzes Jahr lang ferngehalten, doch auch seine Standhaftigkeit war
begrenzt. Die ganze Zeit hatte er an sie gedacht, nichts anderes hatte er sich
gewünscht, als bei ihr sein zu können, und so hatte er sich diese eine
Befriedigung gestattet: er hatte seine Gefangenen angewiesen, ihr zu Füssen zu
fallen. Das sollte sich als verhängnisvoll erweisen.
     
     
     
     
     
    KAPITEL 9
     
     
    Es ist schwierig,
Ginevras Verhalten zu erklären – es sei denn, man kann zwei Menschen
gleichzeitig lieben. Wahrscheinlich ist es nicht möglich, zwei Menschen auf die
gleiche Weise zu lieben; doch es gibt

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