Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
Vom Netzwerk:
mal schön das Schwert hin.‹ Er
hatte sich eins von meinen Schwertern geschnappt, wißt Ihr, und ich könnt’ ganz
deutlich sehen, daß er völlig von Sinnen war. Ich habe gesagt: ›Laßt mal lieber
das Kämpfen sein, alter Knabe. Euch tut was anderes not. Ihr braucht was zu
essen, und Ihr braucht Schlaf.‹ Tatsächlich: er sah völlig heruntergekommen
aus. Als hätte er drei Nächte lang gewacht. Seine Augäpfel waren hellrot.«
    »Und
was hat er gesagt?«
    »Er
hat bloß gesagt: ›Tretet mir nicht zu nahe. Denn so Ihr’s tut, fürwahr, will
ich Euch auf der Stelle erschlagen.‹ «
    »Sonderbar.«
    »Ja,
äußerst sonderbar, nicht? Ich meine: daß er wie ein Ritter sprach.«
    »Was
habt Ihr getan?«
    »Nun
ja, ich war nur im Unterkleid, und der Mann sah wirklich gefährlich aus. Ich
bin ins Zelt zurückgegangen und habe meine Rüstung angelegt.«
    König
Pelles reichte Sir Bliant ein weiteres Stück Gebäck, das dieser mit einem
Nicken entgegennahm.
    »Als
ich gewappnet war«, fuhr er vollen Mundes fort, »ging ich mit einem
Reserve-Schwert hinaus, um den Kerl zu entwaffnen. Ich wollt’ ihm keinen Hieb
versetzen, oder etwas in der Art, aber er war ein Amokläufer, und irgendwie
mußte man ihm das Schwert ja abnehmen. Ich bin zu ihm hingegangen, wie zu einem
Hund, und ich hab’ die Hand ausgestreckt und gesagt: ›So’s brav, laßt mal sehn,
so’s gut.‹ Ich hab’ gedacht, es war’ ganz einfach.«
    »Und?«
    »In
dem Augenblick, da er mich mit Rüstung und Schwert sah, ging er wie ein Tiger
auf mich los. So eine Attacke hab’ ich noch nie gesehn. Ich parierte ein
bißchen, und ich hätt’ ihn bestimmt in Notwehr umgebracht, wenn er mir dazu
Zeit gelassen hätte. Aber da saß ich schon auf der Erde; meine Nase blutete,
und meine Ohren auch. Er hatte mir einen Schlag versetzt, wißt Ihr, der mich
völlig durcheinanderbrachte.«
    »Meine
Güte«, sagte König Pelles.
    »Und
dann? Dann wirft er sein Schwert weg und rennt geradeswegs ins Zelt. Meine arme
Frau war drin, im Bett, ohne was an. Und er springt stracks zu ihr ins Bett,
packt die Decke, wickelt sich hinein und schnarcht munter drauflos.«
    »Muß
verheiratet gewesen sein«, sagte König Pelles.
    »Meine
Frau hat fürchterlich geschrien, ist auf der andern Seite aus dem Bett gehopst
und in ihren Kittel geschlüpft und zu mir gelaufen gekommen. Ich war noch ein
bißchen durcheinander; ich lag auf der Erde und dachte schon, ich wäre tot. Es
wurd’ ein schönes Schauspiel – das kann ich Euch versichern.«
    »Und
er hat die ganze Zeit geschlafen?«
    »Der
hat geschlafen wie ein Klotz. Wir haben uns dann schließlich zusammengerafft,
und meine Frau hat mir einen Stulphandschuh ins Genick gelegt, damit das
Nasenbluten aufhört, und dann haben wir die Sache beredet. Mein Zwerg, der ein
äußerst patenter Kerl ist, sagte, wir sollten ihm nichts zuleide tun, denn er
sei von Gott angerührt. Ja: eigentlich ist der Zwerg auf den Gedanken gekommen,
daß es Sir Lanzelot sein könnte. In dem Jahr war viel vom Lanzelot-Geheimnis
die Rede.«
    Sir
Bliant legte eine Pause ein, um einen neuen Happen zu sich zu nehmen.
    »Am
Ende haben wir ihn nach Schloß Bliant gebracht«, sagte er, »mitsamt dem Bett,
in einer Sänfte. Er hat sich überhaupt nicht geregt. Als wir ihn dort hatten,
haben wir ihm Hände und Füße gebunden, da er ja mal wachwerden mußte. Jetzt
tut’s mir leid, aber damals konnten wir kein Risiko eingehen, nach allem, was
wir wußten. Wir haben ihm einen gemütlichen Raum gegeben und saubere Kleider,
und meine Frau hat ihn reichlich mit nahrhafter Kost versorgt, damit er wieder
zu Kräften kommen sollte, aber vorsichtshalber haben wir ihm die ganze Zeit
seine Handschellen dran gelassen. Anderthalb Jahre haben wir ihn da gehabt.«
    »Wie
ist er denn entflohen?«
    »Darauf
komme ich gleich. Das ist nämlich der Witz an der Geschichte. Eines Nachmittags
war ich draußen im Wald auf einer kleinen Halbstunden-Queste, da gingen zwei
Ritter von hinten auf mich los.«
    »Zwei
Ritter?« fragte der König. »Von hinten?«
    »Ja.
Zwei – und von hinten. Es war Sir Bruce Saunce Pité mit einem Freund.«
    König
Pelles schlug sich aufs Knie.
    »Dieser
Kerl«, rief er aus, »ist ein öffentliches Ärgernis. Ich versteh’ nicht, weshalb
ihn nicht mal jemand ein für allemal erledigt.«
    »Erstmal
muß man ihn kriegen. Aber ich wollt’ ja von dem Wilden Mann erzählen. Sir Bruce
und der andere, die hatten mich natürlich in eine ganz unvorteilhafte

Weitere Kostenlose Bücher