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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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löste großes Gelächter aus.
    »Nein,
im Ernst! Noch keiner hat bewiesen, daß Lanzelot tot ist.«
    König
Pelles trat an den Wilden Mann heran und blickte ihm ins Gesicht. Zu diesem
Behufe mußte er ihn schräg von unten ansehen.
    »Seid
Ihr Sir Lanzelot?« fragte er.
    Ein
abgezehrtes, schmutziges, bärtiges Gesicht. Nicht einmal die Augen ließen eine
Regung erkennen.
    »Sagt,
seid Ihr’s?« wiederholte der König.
    Doch
der gespenstische Mann gab keine Antwort.
    »Der
ist taubstumm«, sagte der König. »Wir werden ihn als Hofnarren hierbehalten.
Komisch genug sieht er ja aus, muß man schon sagen. Holt ihm was zum Anziehn –
was Verrücktes – und bringt ihn in den Taubenschlag. Gebt ihm frisches Stroh.«
    Plötzlich
hob der Fremde beide Hände und stieß ein Gebrüll aus, das alle zurückweichen
ließ. Dem König fiel die Brille zu Boden. Dann gingen die Hände der
Gliederpuppe wieder herunter, und er stand so dümmlich da, daß die Umstehenden
verlegen kicherten.
    »Am
besten sperrt Ihr ihn ein«, sagte der König weise. »Sicher ist sicher. Und faßt
ihn nicht an, wenn Ihr ihm zu essen gebt – werft’s ihm hin. Man kann nie
vorsichtig genug sein.«
    So
also wurde Sir Lanzelot in den Verschlag geführt, um König Pelles’ Hofnarren zu
spielen. Man schloß ihn ein und gab ihm frisches Stroh und warf ihm sein Essen
durchs Gitter.
    Als
der Neffe des Königs, Castor geheißen, am folgenden Samstag zum Ritter
geschlagen wurde – aus welchem Anlaß Elaine nach Hause kam – , herrschte eitel
Freude im Schloß. Der König, dem ungeheuer viel an Feiern und Festlichkeiten
lag, beging das Ereignis wahrhaft königlich, indem er jedermann auf dem Gut mit
einem neuen Gewand bedachte. Bedauerlicherweise machte er auch allzu großzügig
Gebrauch von seinem Weinkeller, der unter der Obhut von Frau Brisens Ehemann stand.
    »Prosit«,
rief der König.
    »Gesundheit«,
erwiderte Sir Castor, der ein gutes Benehmen an den Tag legte.
    »Harn
alle ’n Gewand?« schrie der König.
    »Ja,
vielen Dank, Euer Majestät«, antworteten die Anwesenden.
    »Bestimmt?«
    »Ganz
bestimmt, Euer Majestät.«
    »Dann
isses ja gut. Schönes Gewand.«
    Und
der König hüllte sich mit großer Gemütsbewegung in sein eigenes Gewand. Bei
solchen Gelegenheiten war er ein ganz anderer Mensch.
    »Alle
möchten Eurer Majestät für das noble Geschenk danksagen.«
    »Schon
gut.«
    »Ein
dreifach Hoch auf König Pelles!«
    »Er
lebe hoch, hoch, hoch!«
    »Was
issen mitn Hofnarrn?« erkundigte sich der König plötzlich. »Hatter Narr’n
Gewand? Wo issen der arme Kerl?«
    Hierauf
entstand Schweigen, da niemand daran gedacht hatte, Sir Lanzelot ein Kostüm zu
reservieren.
    »Hatter
keins? Hatter kein Gewand gekriegt?« rief der König. »Holten sofort her.«
    Auf
des Königs Geheiß wurde Sir Lanzelot aus seinem Verschlag geholt. Steif stand
er im Schein der Fackeln, Strohhalme hingen an seinem Bart, und in der Flickenkleidung
bot er einen bejammernswerten Anblick.
    »Armer
Narr«, sagte der König bekümmert. »Armer Narr. Hier, zieh meins an.«
    Entgegen
allen Vorhaltungen und Ratschlägen entstieg König Pelles umständlich seinem
kostbaren Gewände und zog es Lanzelot über den Kopf.
    »Lassten
los«, rief der König. »Soll sichen schönen Tag machen. Man kann doch’n Menschen
nicht ewig eingesperrt halten.«
    Aufrecht
stand Sir Lanzelot in diesem pompösen Aufzug mitten in der großen Halle. Er
wirkte sonderbar stattlich. Wenn nur sein Bart gestutzt gewesen wäre – unsere
glattrasierte Generation hat vergessen, was das Stutzen eines Bartes ausmachen
kann – ; wenn er nur nicht nach der Keilerjagd in der Zelle des armen
Einsiedlers derart zum Skelett abgemagert wäre; wenn man ihn nur nicht totgesagt
hätte… Trotzdem entstand in der Halle so etwas wie Ehrfurcht oder Scheu.
Gemessenen Schrittes kehrte Sir Lanzelot in seinen Taubenschlag zurück, und die
Leibwächter bahnten ihm durch die Gaffenden eine Gasse.
     
     
     
     
     
    KAPITEL 21
     
     
    Elaine hatte, wie üblich,
das getan, was weder schick noch schicklich ist. Ginevra wäre unter ähnlichen
Umständen sicherlich bleich und interessant geworden – Elaine hingegen wurde
nur pummelig. In die weiße Tracht einer Novizin gekleidet, wandelte sie mit
ihren Gefährtinnen im Schloßgarten umher, und ihr Wandeln hatte etwas
Watschelndes. Galahad, unterdes drei Jahre alt, hielt ihre Hand.
    Elaine
wollte nicht deshalb Nonne werden, weil sie verzweifelt war. Sie hatte nicht
vor, den Rest

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