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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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die Königin, behielt aber ihre stolze, aufrechte
Haltung bei. Sie sagte: »Ihr habt ihn zum Wahnsinn getrieben. Sein Verstand muß
schon recht angekränkelt gewesen sein.«
    Ginevra
sagte nichts.
    »Weshalb
habt Ihr ihn in den Wahnsinn getrieben?« fragte Elaine. »Ihr habt doch einen
guten Gemahl, den besten im ganzen Land. Ihr seid Königin. Ihr habt Ehre, Glück
und Heim. Ich habe kein Zuhause und keinen Gemahl gehabt, und meine Ehre war
auch dahin. Weshalb habt Ihr ihn mir nicht gegönnt?«
    Die
Königin blieb stumm.
    »Ich
habe ihn geliebt«, sagte Elaine. »Ich habe ihm einen prächtigen Sohn geboren,
der einst der beste Ritter der Welt sein wird.«
    »Elaine«,
sagte Ginevra, »verlaßt meinen Hof. Geht.«
    »Ich
gehe.«
    Ginevra
packte sie plötzlich beim Rock.
    »Erzählt
es niemandem«, sagte sie hastig. »Erzählt niemandem, was geschehen ist. Tut
Ihr’s doch, seid Ihr des Todes.«
    Elaine
machte sich los.
    »Habt
Ihr geglaubt, ich würde was sagen?«
    »Aber
was sollen wir tun?« fragte die Königin verzweifelt. »Ist er wahnsinnig
geworden? Wird er sich wieder fangen? Was soll geschehn? Müssen wir nicht was
tun? Was sollen wir nur sagen?«
    Elaine
ließ sich auf keine Unterhaltung ein. An der Tür jedoch drehte sie sich bebend
um.
    »Ja,
er ist wahnsinnig«, sagte sie. »Ihr habt ihn für Euch gewonnen, und Ihr habt
ihn zerbrochen. Was habt Ihr nun mit ihm vor?«
    Als
die Tür zugefallen war, setzte sich Ginevra hin. Sie ließ ihr zerfetztes
Taschentuch fallen. Dann begann sie zu weinen – langsam, inbrünstig, ohne jede
Hemmung. Sie legte ihr Gesicht in die Hände und schluchzte vor Kummer und
Schmerz. (Sir Bors, der die Königin nicht sonderlich leiden konnte, sagte
einmal zu ihr: »Laßt doch das lachhafte Weinen – Ihr habt ja nur Tränen, wenn
Ihr was wollt.«)
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    KAPITEL 19
     
     
    Zwei Jahre danach saß
König Pelles mit Sir Bliant im Söller. Es war ein schöner Wintermorgen; die
Felder waren von Reif bedeckt, es ging kein Wind, und der leichte Nebel war so
licht, daß er die Tauben nicht beirrte. Sir Bliant, der die Nacht auf der Burg
zugebracht hatte, trug Scharlach, mit Hermelin verbrämt. Sein Knappe stand mit
dem Pferd im Hof, bereit für den Heimweg nach Schloß Bliant; doch die beiden
Männer verweilten über ihrem Imbiß. Sie reckten ihre Hände dem prachtvoll
prasselnden Kaminfeuer entgegen, schlürften Glühwein, knabberten Gebäck und
sprachen vom Wilden Mann.
    »Er
muß ein Gentleman gewesen sein, ganz gewiß«, sagte Sir Bliant. »Er hat Dinge
getan, die nur ein Gentleman tut. Seine Neigung zum Waffenhandwerk ist ohne
Zweifel angeboren.«
    »Wo
ist er jetzt?« fragte König Pelles.
    »Das
weiß Gott allein. Er ist eines morgens verschwunden, als die Hunde auf Schloß
Bliant waren. Aber ich bin sicher, daß er ein Gentleman war.«
    Sie
tranken bedächtig und starrten in die Flammen. »Wenn Ihr meine Meinung wissen
wollt«, fügte Sir Bliant, die Stimme dämpfend, hinzu, »ich glaub’, es war Sir
Lanzelot.«
    »Unsinn«,
sagte der König. »Er war groß und stark.«
    »Sir
Lanzelot ist tot«, sagte der König. »Gott sei ihm gnädig. Das weiß doch jeder.«
    »Es
ist nicht bewiesen.«
    »Wenn’s
Sir Lanzelot gewesen wäre, hättet Ihr ihn todsicher erkannt. Er war der
häßlichste Mann, den ich je gesehen habe.«
    »Ich
bin ihm nie begegnet«, sagte Sir Bliant.
    »Es
ist erwiesen, daß Lanzelot übergeschnappt und in Hemd und Hosen davongerannt
ist, bis er dann von einem Keiler aufgespießt wurde und in einer Einsiedelei starb.«
    »Wann
war das?«
    »Vergangene
Weihnacht.«
    »Um
die Zeit ist auch mein Wilder Mann mit der Meute losgegangen. Wir waren auf der
Sauhatz.«
    »Sieh
an«, sagte König Pelles. »Vielleicht war’s tatsächlich derselbige. Das wäre
allerdings sehr interessant. Wie ist denn der Eure bei Euch aufgetaucht?«
    »Es
war während der Sommer-Queste, vorletztes Jahr. Ich hatte mein Zelt auf einer
schönen Wiese aufgeschlagen, wie gewöhnlich, und saß drinnen und harrte der
Dinge, die da kommen sollten. Ja, stimmt: ich habe Schach gespielt. Dann gab’s
draußen einen lästerlichen Lärm, und ich raus, und da hieb dieser nackichte
Irre auf meinen Schild. Mein Zwerg saß auf der Erde und rieb sich den Hals und
schrie um Hilfe: der Wahnsinnige hatte ihn halb umgebracht. Ich bin zu dem Kerl
hingegangen und habe gesagt: ›Nun hört mal zu, mein guter Mann; Ihr werdet doch
nicht mit mir kämpfen wollen. Seid brav und legt

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