Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
Vom Netzwerk:
sie Euch haßte; aber er ist trotzdem
gekommen.«
    »Morgause
ist meine Halbschwester, und ich habe ihr sehr wehgetan. Es kann für eine Frau
nicht leicht sein, wenn alle ihre Söhne sie verlassen, um dem Mann zu dienen,
den sie haßt. Sogar Mordred, ihr letzter.«
    Lanzelot
blickte unbehaglich drein. Er verspürte eine instinktive Abneigung gegenüber
Mordred, und dabei hatte er kein gutes Gefühl. Er wußte nicht, daß Arthur
Mordreds Vater war. Diese Geschichte war gleich zu Anfang vertuscht worden,
noch ehe er und Ginevra an den Hof kamen – genau so, wie man Arthurs Geburt
verhehlt hatte. Aber Lanzelot spürte, daß es zwischen dem jungen Mann und dem
König irgendeine seltsame Beziehung geben müsse. Er mochte Mordred nicht, ohne
vernünftige Gründe angeben zu können – wie ein Hund eine Katze nicht mag. Und
er schämte sich seiner Abneigung, weil es zu seinen unausgesprochenen
Prinzipien gehörte, den jüngeren Rittern zu helfen.
    »Am
meisten muß sie verletzt haben, daß Mordred kam«, fuhr der König fort. »Alle
Frauen hängen ganz besonders an ihrem Letztgeborenen.«
    »Soweit
ich das überblicke, hat sie keins ihrer Kinder besonders gerngehabt. Wenn sie
dadurch verletzt wurde, daß sie an den Hof kamen, dann nur deshalb, weil sie
Euch haßte. Weshalb eigentlich?«
    »Das
ist eine böse Geschichte. Ich möchte lieber nicht darüber reden.«
    Dann
setzte der König hinzu: »Morgause ist eine Frau… ist eine Frau mit sehr
entschiedenem Charakter.«
    Lanzelot
lachte etwas gequält auf.
    »Muß
sie ja wohl sein«, sagte er, »so, wie sie sich aufführt. Wie ich höre, hat
sie’s jetzt auf Pellinores Sohn Lamorak abgesehn, obwohl sie bereits Großmutter
ist.«
    »Wer
hat Euch das erzählt?«
    »Man
erzählt es sich am ganzen Hofe.«
    Arthur
stand auf und tat erregt drei Schritte.
    »Großer
Gott!« rief er aus. »Und Lamoraks Vater hat ihren Mann getötet! Und ihr Sohn
hat Lamoraks Vater getötet! Und Lamorak ist kaum volljährig.«
    Er
setzte sich und sah Lanzelot an, als fürchte er sich vor dem, was noch kommen
mochte.
    »Jedenfalls
ist es so.«
    Plötzlich
fragte der König heftig: »Wo ist Gawaine? Wo ist Agravaine? Wo ist Mordred?«
    »Die
sollen auf irgendeiner Queste sein.«
    »Doch
nicht im… im Norden?«
    »Ich
weiß es nicht.«
    »Wo
ist Lamorak?«
    »In
Orkney, glaub’ ich.«
    »Lanzelot,
wenn Ihr nur meine Schwester gekannt hättet! Wenn Ihr nur den Orkney-Clan
daheim gekannt hättet! Die sind ganz verrückt mit ihrer Familie. Wenn Gawaine…
wenn Lamorak… – Ach, mein Gott, sieh gnädig auf meine Sünden herab und auf die
der anderen und auf das Durcheinander in dieser Welt!«
    Lanzelot
blickte ihn konsterniert an.
    »Wovor
habt Ihr Angst?«
    Arthur
stand zum zweiten Mal auf und begann hastig zu sprechen.
    »Ich
habe Angst um meine Tafelrunde. Ich habe Angst vor dem, was geschehen wird. Ich
habe Angst, daß alles verkehrt war.«
    »Unsinn.«
    »Als
ich mit der Tafelrunde anfing, ging es darum, der Anarchie Einhalt zu gebieten.
Es sollte ein Kanal für die rohe Gewalt sein, so daß diejenigen, die Gewalt
anwenden mußten, dahin gebracht werden konnten, dies auf nützliche Art und
Weise zu tun. Aber das Ganze war ein Fehler. Nein, unterbrecht mich nicht. Es
war ein Fehler, weil die Tafel selber auf Gewalt gegründet war. Recht muß durch
Recht begründet werden – es kann nicht , durch Force Majeure begründet
werden. Und genau das ist es, was ich versucht habe. Jetzt suchen mich meine
Sünden heim. Lanzelot, ich fürchte, ich habe Wind gesät und werde nun Sturm
ernten.«
    »Ich
versteh’ nicht, wovon Ihr redet.«
    »Da
kommt Gareth«, sagte der König, plötzlich ganz ruhig, als sei alles vorüber.
»Ich glaube, Ihr werdet’s gleich verstehn.«
    Während
sie miteinander gesprochen hatten, war ein Bote in Ledergamaschen zu den
Schießständen gekommen. Der König hatte aus dem Augenwinkel beobachtet, wie er
aufgeregt nach Sir Gareth Ausschau hielt und ihm einen Brief übergab. Er hatte
beobachtet, wie der Junge den Brief las – einmal, zweimal, dreimal – und dann
verwirrt zu dem Manne sprach. Nachdem Gareth dem Boten seinen Bogen in die Hand
gedrückt hatte, ohne zu merken, was er tat, kam er langsam auf sie zu.
    »Gareth«,
sagte der König.
    Der
junge Mann kniete nieder und ergriff des Königs Hand. Er hielt sie fest, als
sei sie ein Geländer oder ein Rettungsseil. Er sah Arthur mit matten Augen an
und weinte nicht.
    »Meine
Mutter ist tot«, sagte Gareth.
    »Wer
hat sie

Weitere Kostenlose Bücher