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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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endlich zuwege gebracht, unsern lieben alten Freund,
König Pellinore, zu ermorden, als Rache für den Tod seines eigenen Vaters, des
Königs Lot.
    Dergestalt
war das England gewesen, das Arthur vorgefunden hatte; dies waren die
Geburtswehen der Zivilisation, die er hatte einführen wollen. Nun, nach
einundzwanzig Jahren geduldig errungenen Erfolgs, bot das Land ein gänzlich
anderes Bild.
    Wo
einst die Schwarzen Ritter blutrünstig an irgendeiner Furt gelauert hatten, um
Wegezoll von all jenen zu verlangen, die unbesonnen genug waren, des Wegs zu
kommen, dort konnte nun jede Jungfrau ohne die mindeste Furcht einherwandeln,
auch wenn sie Gold und Geschmeide trug. Wo einst die entsetzlichen Aussätzigen
mit ihren weißen Kapuzen durch die Wälder gestreunt waren und ihre kläglichen
Klappern geschwungen hatten, wenn sie einen warnen wollten – oder auch ohne
Warnung unverhofft aufgetreten waren – , da befanden sich jetzt ordentliche
Spitäler, geleitet von religiösen Orden der Ritterschaft, in der frommen
Absicht, die Kreuzfahrer zu versorgen, die mit der Lepra am Leib heimgekehrt
waren. All die tyrannischen Giganten waren tot, all die gefährlichen Drachen –
von denen manche sich flirrend wie ein Wanderfalke herabstürzten – waren außer
Dienst gesetzt worden. Wo einst marodierende Banden mit flatternden Wimpeln
über die Landstraßen geströmt waren, da zogen jetzt die fröhlichen Gruppen von
Pilgern und erzählten einander auf dem Weg nach Canterbury schmutzige Witze.
Ernste Kleriker, die einen Tagesausflug zur Madonna von Walsingham unternahmen,
sangen Alleluja Duke Carmen, während die weniger ernsten das große, von
ihnen selbst komponierte Trinklied des Mittelalters grölten: Meum est
propositum in taberna mori. Da waren weltmännische Äbte, die im Paßgang auf
Zeltern einhertänzelten, angetan mit Pelzkapuzen, was gegen die Regeln ihrer
Orden verstieß, und Freisassen in eleganter Aufmachung mit Falken auf den
Fäusten, und derbe Bauern, die sich mit ihren Frauen wegen eines neuen Rockes
in den Haaren lagen, und Trupps von ausgelassenen Waidmännern, die ohne
jegliche Rüstung auf die Jagd zogen. Manch einer ritt zu diesem oder jenem
Jahrmarkt, welcher so groß war wie der zu Troyes; andere befanden sich auf dem
Weg zu Universitäten, die mit Paris wetteifern konnten, wo es zwanzigtausend
Scholaren gab, aus deren Reihen sieben Päpste hervorgingen. In den Abteien
malten Mönche die Initialen ihrer Manuskripte mit solch reichlich rankender
Phantasie aus, daß es unmöglich war, die erste Seite überhaupt zu entziffern.
Jene, die nicht mit der Buchmalerei zu tun hatten, kopierten sorgfältig die Historia
Francorum des Gregor von Tours oder die Legenda Aurea oder den Jeu
d’Echecs Moralisé oder ein Traktat von Hawkynge – falls sie nicht gerade
mit der Ars Magna des Zauberkünstlers Lullus oder dem Speculum Majus des
größten aller Magier beschäftigt waren. In den Küchen bereiteten die berühmten
Köche fabelhafte Menüs, von denen ein einziger Gang folgende Gerichte bot:
Ballock-Suppe, Warmbier mit Eiern, Brot, Zucker und Gewürzen, Neunauge en
gelantine, Austern in civey, Aal in sorré, gebackene Forelle,
Eberfleisch in Senf, Gescheide vom Hirsch, Ferkel mit Farce, cockintryce, Gans in hoggepotte, Wildbret in Weizenbrei mit Rosinen, Hühnchen in
brewet, gebratene Eichhörnchen, Innereien, gedämpft im Hammelmagen,
Kapaunenhals-Pastete, garbage, Kaidaunen, blaundesorye, caboges, Kräuterbutter,
Apfelbrei, Ingwerkuchen, Obsttorte, Mandelsüßspeise, Quittenkonfitüre,
Stilton-Käse und causs boby sowie sonstiges Konfekt. In den Speisesälen
genossen die älteren Herrschaften, die sich den Gaumen mit Trinken verdorben
hatten, jene sonderbaren Delikatessen des Mittelalters: Wal und Meerschwein.
Ihre verwöhnten Damen versetzten ihre Speisen mit Rosen und Veilchen (gebackene
Ringelblumen geben immer noch einen ausgezeichneten Aromastoff für bread-and-butter-puddings ab), während die Squires eine Schwäche für Schafskäse erkennen ließen. In
den Kinderstuben beschworen alle Knaben ihre Mütter, es solle harte Erbsen zum
Essen geben, die in Honigsirup und Weinessig zubereitet und mit Schlagsahne
gegessen wurden. Auch die Tischsitten hatten einen Grad der Kultiviertheit
erreicht, der weit überm Niveau unserer Gepflogenheiten war. Statt der
Unterlagen aus Brot gab es jetzt zugedeckte Schüsseln, Schalen mit parfümiertem
Wasser, kostbare Tafeltücher und ein Überangebot an Servietten. Die

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