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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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keine leichte Zeit gehabt zu haben. Mit seiner ererbten Neigung zum
Wahnsinn und seinem Albtraumgesicht, mit dem ständigen Durcheinander seiner
Treuepflichten und ethischen Standpunkte muß es schwierig genug gewesen sein,
die Lebensbalance zu halten – auch ohne die diversen Schläge, die ihn obendrein
noch trafen. Sogar diese Extraschläge hätte er ertragen können, wenn er ein
Herz mit Hornhaut gehabt hätte. Doch sein Herz war dem von Elaine ähnlich, und
nun war es unfähig, die Last zu tragen, die das ihre hatte niederlegen
müssen. All die Dinge, die er für das eine Geschöpf hätte tun können, nun aber
nicht mehr tun konnte, und all die von Scham und Schande begleiteten Fragen
nach der Verantwortung, die mit dem Unwiderruflichen einhergehen, drängten sich
ihm auf.
    »Weshalb
wart Ihr nicht netter zu ihr?« fragte die Königin. »Weshalb konntet Ihr ihr
nicht etwas geben, für das sie hätte leben können? Ihr hättet ihr doch etwas
Großmut und Freundlichkeit zukommen lassen können, das ihr Leben erhalten
hätte!«
    Ginevra,
der noch nicht aufgegangen war, daß sich Elaine jetzt wirksamer denn je
zwischen sie geschoben hatte, sagte dies ganz impulsiv und meinte es völlig
ehrlich. Sie empfand tiefstes Mitgefühl mit ihrer Rivalin auf dem Nachen.
     
     
     
     
     
    KAPITEL 41
     
     
    Trotz dem Selbstmord
ging die neue Lebensweise auf Camelot ihren Gang. Niemand hätte sie als
besonders glücklich bezeichnen können, doch halten die Menschen nun einmal zäh am
Leben fest und leben weiter. Es war nicht gerade ein Leben mit zwingendem
Handlungsablauf, sondern eher eine lockere Folge von Geschichten, eine Reihe
von Zufällen. Ein grotesker Zwischenfall, der sich um diese Zeit ereignete, ist
der Erwähnung wert – nicht, weil er irgend welche Konsequenzen oder eine
bedeutsame Vorgeschichte gehabt hätte, sondern weil er bezeichnend ist für das,
was Lanzelot widerfuhr. Er reagierte auf die ihm eigene Art und Weise.
    Eines
Tages lag er im Wald auf dem Bauch und hing traurigen Gedanken nach, als eine
Bogenschützin vorüberkam, die auf der Jagd war. Es ist nicht überliefert, ob es
sich um einen maskulinen Damentyp mit Oberlippenbart und Krawatte gehandelt
hat, oder um ein leichtgeschürztes Wesen aus der Welt des Films, das sich dem
Bogenschießen verschrieb, weil es nun mal schick ist. Jedenfalls erspähte sie
Lanzelot und hielt ihn für ein Kaninchen. Es muß wohl doch eine maskuline Lady
gewesen sein, möchte man meinen, denn es ist zwar keß, auf Männer zu schießen,
die man fälschlich für Kaninchen hält, aber ein Filmstar hätte schwerlich genau
ins Ziel getroffen. Lanzelot sprang auf – etwa sechs Zoll Pfeil steckten in
seinem Körper – und benahm sich genau wie Colonel Bogey beim Golf am zweiten
Abschlagmal. Erregt sagte er: »Frau oder Fräulein, was Ihr auch sein mögt – zur
Unzeit schnelltet Ihr die Sehne; der Teufel machte Euch zum Schützen!«
    Trotz
der Rückenwunde kämpfte Lanzelot im nächsten Turnier – das wichtig wurde, weil
sich dabei allerlei ereignete. Die wahre Spannung bei Hofe – die jedermann
spürte, außer Lanzelot, der zu arglos war, um derlei zu bemerken – wurde bei
den Westminster-Tjosten deutlich sichtbar. Zunächst mal begann Arthur, seine
Position in ihrem unheilvollen Dreieck zu markieren. Dies tat er, der arme
Kerl, indem er beim grand mêlée sich plötzlich gegen Lanzelot stellte.
Er wandte sich gegen seinen besten Freund, versuchte, ihn zu verwunden, und
geriet aus der Fassung. Er tat nichts Unritterliches, und Lanzelot kam auch
nicht zu Schaden. Trotzdem war der sonderbare Gefühlsumschwung passiert. Vorher
und hinterher waren sie Freunde. In diesem einen Augenblick des Zorns jedoch
war Arthur der Hahnrei und Lanzelot sein Verräter. Die Erklärung scheint
nahezuliegen: eine unterbewußte Erkenntnis ihrer Beziehung; doch es mag noch
etwas anderes dahintergesteckt haben. Lang war es her, daß Arthur der
glückliche Wart war, und lange her, daß sein Heim und sein Königreich sich auf
dem Höhepunkt des Glücks befanden. Vielleicht war er des Kampfes müde, hatte
alles satt, die Orkney-Clique und die seltsamen neuen Moden und die
Schwierigkeiten mit der Liebe und der modernen Gerechtigkeit. Vielleicht
kämpfte er gegen Lanzelot in der Hoffnung, von ihm getötet zu werden – nicht
eigentlich Hoffnung, natürlich, kein bewußter Versuch. Dieser rechtschaffene
und großmütige und gütige Mann mag unbewußt erraten haben, daß die Lösung für
die beiden,

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