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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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die er liebte, einzig in seinem eigenen Tode lag – nach dem
Lanzelot die Königin heiraten und in Frieden mit seinem Gott leben könnte.
Vielleicht wollte er Lanzelot die Chance geben, ihn in fairem Kampf zu töten,
weil er selber erschöpft war, am Ende. So könnte es gewesen sein. Nun, daraus
wurde nichts. Die Gemüter erhitzten sich zwar, doch hernach war ihre Liebe wie
neugeboren.
    Ein
weiteres wichtiges Ereignis des Turniers war, daß Lanzelot in blöder Unschuld
sich die Orkneys endgültig zu Feinden machte. Außer Gareth hob er den ganzen
Clan, einen nach dem anderen, aus dem Sattel, Mordred und Agravaine sogar
zweimal. Nur ein Heiliger konnte närrisch genug sein, ihnen wieder und wieder
das Leben zu retten – doch diesen Edelmut damit zu krönen, daß man sie bei
einer solchen Gelegenheit nach Belieben in den Staub beförderte, das war die
diplomatische Glanzleistung eines Naturtalents. Gawaine, das muß man ihm
lassen, besaß Anstand genug, die Teilnahme an einer Verschwörung zur
Beseitigung von Lanzelot zu verweigern; und Gaheris war stumpfsinnig. Doch von
da an war es nur noch eine Frage der Zeit, wie lange Mordred und Agravaine
mitsamt ihrem neumodischen Anhang das Leben des Oberkommandierenden
respektieren würden.
    Als
Drittes kam hinzu, daß Gareth in Westminster auf Lanzelots Seite focht. Alle
bemerkten dieses merkwürdige Über-Kreuz-Spiel: der König kämpfte gegen sein
anderes Ich, und Gareth gegen seine eigenen Brüder. Bei solcher Gegenströmung
konnte ein Sturm kaum ausbleiben. Und er kam – bezeichnenderweise aus einer
Ecke, wo niemand ihn vermutet hatte.
    Es
handelte sich um einen Ritter bescheidener Herkunft mit Namen Sir Meliagrance,
der am Hofe nie recht glücklich gewesen war. Hätte er in früheren Tagen gelebt,
wo ein Mann noch als Mann beurteilt wurde, wäre er zurechtgekommen.
Unglücklicherweise aber gehörte er zu der späteren Generation, von Mordreds
Facon, und wurde nach den neuen Maßstäben bewertet. Jedermann wußte, daß Sir
Meliagrance nicht unbedingt zur ersten Garnitur gehörte. Er wußte es selber –
die ›erste Garnitur‹ war eine Erfindung von Mordreds Gnaden – , und dieses
Wissen machte ihn nicht glücklich. Darüber hinaus hatte Sir Meliagrance einen besonderen
Kummer, der ihm die Gesellschaft vergiftete. So weit er zurückdenken konnte,
war er verzweifelt und hoffnungslos in Ginevra verliebt.
    Die
Nachricht kam, während Arthur und Lanzelot sich im Kegel-Hof aufhielten. Sie
hatten sich angewöhnt, jeden Tag diesen unmodernen Ort aufzusuchen, um sich im
Gespräch zu erheitern.
    Arthur
sagte: »Nein, nein, Lanz. Ihr habt den armen Tristan nie verstanden.«
    »Er
war ein Rüpel«, sagte Lanzelot eigensinnig.
    Sie
sprachen in der Vergangenheitsform, da Tristan schließlich ermordet worden war,
und zwar von dem erbitterten König Marke, während der Liebhaber La Beale Isoud
auf der Harfe vorspielte.»Auch wenn er tot ist«, fügte der Ritter hinzu. Der
König jedoch schüttelte heftig den Kopf.
    »Kein
Rüpel«, sagte er. »Er war ein Possenreißer, ein großer Komiker. Er hat sich
immer wieder in die unwahrscheinlichsten Situationen gebracht.«
    »Ein
Possenreißer?«
    »Nicht
ganz bei der Sache«, sagte der König. »Das ist die große groteske Tragik. Denkt
an seine Liebesgeschichten.«
    »Meint
Ihr Isoud Weißhand?«
    »Ich
bin davon überzeugt, daß Tristan diese beiden Isolden völlig durcheinandergeworfen
hat. Da ist er verrückt nach La Beale Isoud, und dann vergißt er sie. Eines
Tages geht er mit der anderen Isoud ins Bett, und dabei erinnert ihn irgend
etwas an etwas anderes. Es dämmert ihm, daß da zwei Isouds sind, nicht eine –
und er ist völlig perplex. Hier geh’ ich mit Isoud Weißhand ins Bett, sagt er,
wo ich die ganze Zeit La Beale Isoud geliebt habe! Da war er natürlich perplex!
Und dann noch von der Königin von Irland im Bad fast ermordet zu werden! Den
jungen Mann umgab stets der Glanz höheren Komödienspiels. Das Rüpelhafte
solltet Ihr ihm verzeihen.«
    »Ich…«
begann Lanzelot, doch in diesem Augenblick kam der Bote.
    Es
war ein kleiner, atemloser Junge, dessen eng anliegendes Wams unter dem rechten
Arm von einem Pfeil aufgeschlitzt worden war. Er hielt den Riß mit seinen
Fingern zusammen und sprach schnell drauflos.
    Es
ging um die Königin, die zum Maien gegangen war (man schrieb den l. Mai). Sie
war, wie üblich, früh aufgebrochen und wollte gegen zehn Uhr daheim sein: mit
all den taufrischen Schlüsselblumen und Veilchen

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