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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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Streit mit Euch gesucht,
Lanz, noch Ihr mit mir.«
    »Kann man ihn denn nicht beenden?«
    »Gawaine sagt…« begann er matt.
    »Gawaine!«
    »Gerechtigkeit…«
    Gawaine reckte sich, schlau, stämmig,
riesenhaft.
    »Mein König, mein Herr und mein Onkel.
Ist’s des Hofes Wille, daß ich das Urteil sprechen soll über diesen abtrünnigen
Ritter?«
    Es trat Totenstille ein.
    »Wisset denn, Ihr alle, daß dieses ist des
Königs Wort. Die Königin soll zurückkehren zu ihm, frei, wie sie ehmals
gewesen, und keine Gefahr soll ihr erwachsen aus all dem, was an übler Verdächtigung
gegen sie vorgebracht ward, bis zum heutigen Tag. Dies ist des Papstes Wille.
Ihr aber, Sir Lanzelot, Ihr sollt aus diesem Königreich vertrieben sein binnen
vierzehn Tagen, als einer, der des Treubruchs überführt ist. Und, bei Gott, wir
werden Euch nach dieser Frist folgen und die stärkste Festung Frankreichs über
Euren Ohren in Trümmer schlagen.«
    »Gawaine«, bat er gequält, »verfolgt mich
nicht. Ich nehme die Verbannung an. Ich werd’ in Frankreich auf meinen Burgen
leben. Aber folgt mir nicht, Gawaine. Laßt den Krieg nicht ewig dauern.«
    »Das überlasse ändern. Die Burgen sind des
Königs.«
    »Wenn Ihr mir folgt, Gawaine, dann fordert
mich nicht heraus. Laßt Arthur nicht gegen mich antreten. Ich kann nicht gegen
meine Freunde kämpfen. Gawaine, um des Himmels willen, macht doch nicht, daß
wir gegeneinander kämpfen müssen.«
    »Laßt das Gerede, Mann. Liefert die
Königin aus und entfernt Euch eilends von diesem Hofe.«
    Lanzelot raffte sich auf. Er blickte
England an, dann seinen Peiniger. Langsam wandte er sich zur Königin, die kein
Wort gesagt hatte. Er sah ihren lächerlichen Ölzweig, ihre Unbeholfenheit und
ihre dumme Gewandung. Das Haupt erhebend, verlieh er ihrer Tragödie Größe und
Adel. »Nun wohl, Herrin. Es scheint, als müßten wir scheiden.« Er nahm sie bei
der Hand, führte sie in die Mitte des Raumes, machte sie zu seiner Dame von
ehemals. Etwas an seinem Händedruck, in seinen Schritten, in seiner
vollklingenden Stimme ließ sie noch einmal zur Rose von England erblühen, im
letzten Moment der Gemeinsamkeit. Er hob sie auf eine Höhe der Helligkeit, die
sie vergessen hatten. Würdevoll, wie im Tanz, leitete der Wasserspeier sie ins
Zentrum. Dort, ihre frische Röte in der Schwebe haltend, ließ er es enden, er,
der Eckstein des Reiches. Es war das letzte Mal, daß sie beisammen waren: Sir
Lanzelot, König Arthur und Königin Ginevra.
    »Mein König und meine alten Freunde. Ein
Wort nur, eh ich gehe. Ich bin dazu verurteilt, diese Gemeinschaft zu
verlassen, der ich zeit meines Lebens gedient habe. Ich muß Euer Land verlassen
und werde mit Krieg verfolgt. So stehe ich denn hier zum letzten Male als der
Ritter der Königin. Ich stehe hier, edle Dame und Herrin, um Euch zu sagen, im
Angesicht des ganzen Hofes: Falls irgendeine Gefahr Euch in Zukunft bedroht, so
wird ein schwacher Arm aus Frankreich kommen, Euch zu verteidigen. Und alle
mögen daran denken.«
    Bedachtsam küßte er ihr die Hand, drehte
starr sich um und schritt stumm den ganzen langen Raum hinab. Seine Zukunft
umschloß ihn, als er hinausging.
    Vierzehn Tage bis Dover – das war die
Zeit, die jedem Verbrecher gewährt wurde, der eine Freistatt aufgesucht hatte.
Er mußte den Weg auf Verbrecherweise zurücklegen: »ungegürtet, barfuß,
barhäuptig, im bloßen Hemmet, als würde er gehenkt«. Er mußte in der Mitte der
Landstraße marschieren, das kleine Kreuz mit den Händen umklammernd, Symbol der
gewährten Schonfrist. Wahrscheinlich folgten Gawaine oder dessen Gefolgsleute
ihm schon auf den Fersen und lauerten nur darauf, daß er den Talisman für einen
Augenblick beiseitelege. Und dennoch, ob im Hemd oder in der Rüstung – er würde ihr alter
Oberbefehlshaber sein. Er würde unbeirrbar vorwärts gehen, ohne Eile, den Blick
geradeaus gerichtet. Als er die Türschwelle überschritt, hatte sein Gesicht
schon den Ausdruck der Geduld angenommen. Die Menschen im Gerichtssaal fühlten
sich fehl am Platze, als die alten Soldaten ihn verlassen hatten, und viele
warfen, voll geheimer Furcht, einen Seitenblick auf die roten Geißeln.
     
     
     
    KAPITEL 11
     
     
    Ginevra saß in der Königlichen Kemenate
von Carlisle Castle. Das gewaltige Bett war zu einem Kanapee umgebaut worden.
Unter seinem Baldachin sah es so schmuck und adrett aus, daß man Angst hatte,
sich darauf niederzulassen. Ein Kamin war da, seitlich ein kleiner Topf

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