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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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die Holzscheite.
    »Einfach abzuhauen und keinen Ton zu
sagen!«
    »Weshalb tut Lanzelot denn nicht irgend
was?«
    »Was kann er denn tun?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Der König hat ihn verbannt.«
    »Ja.«
    »Dann gibt’s nichts zu tun.«
    »Trotzdem«, sagte Bleoberis. »Ich wollte,
er täte was.«
    Unten, am Fuß der Turmstiege, öffnete sich
klappernd eine Tür. Die Gobelins flatterten, die Binsen sträubten sich, das
Feuer im Kamin gab einen Rauchschwall von sich, und Lanzelot rief im
Sturmgebraus: »Bors! Bleoberis! Demaris!«
    »Hier.«
    »Wo?«
    »Hier oben.«
    Als die ferne Tür geschlossen wurde,
kehrte Ruhe in den Raum zurück. Die Binsen legten sich, und Lanzelots Schritte
erklangen auf den steinernen Stufen, nachdem man vorher kaum sein Geschrei
hatte hören können. Er kam, einen Brief in der Hand, hastig herein.
    »Bors, Bleoberis. Ich habe Euch gesucht.«
    Sie waren aufgestanden.
    »Aus England ist ein Brief gekommen. Die
Boten sind fünf Meilen weiter nördlich ans Ufer getrieben worden. Wir brechen
sofort auf.«
    »Nach England?«
    »Ja, ja. Natürlich nach England. Ich habe
Lionel als Transportoffizier beauftragt, und Ihr, Bors, kümmert Euch um die
Fourage. Wir werden warten müssen, bis der Sturm sich legt.«
    »Weshalb das Ganze?« fragte Bors.
    »Du solltest uns die Neuigkeiten
berichten…«
    »Neuigkeiten?« sagte er. »Dafür haben wir
keine Zeit. Ich erzähl’s Euch auf dem Schiff. Hier, lest den Brief.«
    Er reichte ihn Bors, und ehe sie antworten
konnten, war er gegangen.
    »So was!«
    »Lies doch mal vor.«
    »Ich weiß nicht einmal, von wem er ist.«
    »Vielleicht steht’s im Brief.«
    Lanzelot kehrte zurück, ehe sie mit ihren
Forschungen über das Datum hinausgelangt waren.
    »Bleoberis«, sagte er, »etwas hab’ ich
vergessen. Ich möchte, daß Ihr Euch um die Pferde kümmert. Auf, gib mir das
Schreiben. Wenn Ihr beiden erst mit dem Buchstabieren anfangt, habt Ihr die
ganze Nacht zu tun.«
    »Was steht denn drin?«
    »Der größte Teil der Neuigkeiten stammt
von den Boten. Es scheint, als habe Mordred gegen Arthur revoltiert, sich zum
Herrn über England proklamiert und Ginevra einen Heiratsantrag gemacht.«
    »Aber sie ist doch schon verheiratet!«
sagte Bleoberis empört. »Deshalb ist die Belagerung aufgehoben worden. Und dann
– so scheint es – hat Mordred in Kent ein Heer ausgehoben, um die Landung des
Königs zu verhindern. Er hatte verkünden lassen, daß Arthur tot sei. Er
belagert die Königin im Tower zu London. Und verwendet Kanonen.«
    »Kanonen!«
    »Er ist Arthur in Dover entgegengetreten
und hat eine Schlacht geschlagen, um ihn aufs Meer zurückzujagen. Es war ein
böser Kampf, halb zu See und halb zu Lande. Aber der König hat gesiegt. Er hat
sich aufs Land durchgeschlagen.«
    »Wer hat denn den Brief geschrieben?«
Lanzelot setzte sich.
    »Gawaine, der arme Gawaine. Er ist tot.«
    »Tot?!«
    »Wie kann er denn dann schreiben…« begann
Bleoberis. »Es ist ein furchtbarer Brief. Gawaine war ein guter Mensch. Ihr
alle, die Ihr mich gezwungen habt, ihn zu bekämpfen, Ihr hattet keine Ahnung,
was für ein gutes Herz er hatte.«
    »Lies vor«, sagte Bors ungeduldig.
    »Es scheint, als ob ein Hieb, dem ich ihm
auf den Kopf gegeben habe, gefährlich gewesen sei. Er hätt’ nie und nimmer
reisen dürfen. Aber er war einsam und elend, und man hatte ihn betrogen. Sein
letzter Bruder war zum Verräter geworden. Er bestand darauf, mit dem König
zurückzukehren und ihm zu helfen. Und bei der Landungsschlacht hat er dann
versucht, seinen Hieb anzubringen. Dabei hat er unglücklicherweise einen Schlag
auf die alte Wunde bekommen, und ein paar Stunden später ist er gestorben.«
    »Ich versteh’ nicht, wieso Ihr beunruhigt
seid.«
    »Hört zu, was im Brief steht.«
    Lanzelot ging mit ihm zum Fenster und
versank in Schweigen, betrachtete stumm das Schriftstück. Es hatte etwas
Rührendes, weil die Handschrift so gar keine Ähnlichkeit mit dem Schreiber
hatte. Gawaine war kaum der Mensch gewesen, dem man schreiberische Fähigkeiten
zugetraut haben würde. Ja, es wäre einem natürlicher vorgekommen, wenn er, wie
die meisten anderen, Analphabet gewesen wäre. Aber hier waren seine Schriftzüge
– nicht die damals üblichen spitzigen gotischen Buchstaben; nein, er hatte die
reizenden alten gälischen Minuskeln verwendet, so sauber, rund und klein, als
hätte er sie einst bei einem alten Heiligen im dunklen Dunlothian erlernt. So
selten hatte er in späteren Jahren

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