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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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Zeit habt Ihr im Kommunikationsraum gesessen
und mit dem Dachs diskutiert!«
    »Öffnet die Tür und seht.«
    Er öffnete sie. Das war der Raum, an den er sich so
gut erinnerte. Da waren die Porträts längst verstorbener Dachse, die sich als
Gelehrte oder Geistliche einen Namen gemacht hatten; da waren die Glühwürmchen
und die Fächer aus Mahagoniholz und die Schwenkplatte, mit deren Hilfe die
Karaffen herumgereicht werden konnte. Da waren die mottenzerfressenen Gewänder
und die Stühle mit den geprägten Ledersitzen. Aber, und das war das Beste, da
waren seine frühesten Freunde – das absurde Komitee. Sie erhoben sich schüchtern
zu seiner Begrüßung. Ihre einfachen Gefühle waren ziemlich durcheinander,
teils, weil sie sich so sehr auf die Überraschung gefreut hatten, und teils,
weil sie noch nie echten Königen begegnet waren – und deshalb fürchteten sie,
er könnte verändert sein. Dennoch waren sie entschlossen, die Sache stilvoll zu
tun. Sie hatten vereinbart, daß es wohl angemessen sei, aufzustehen und sich
vielleicht zu verbeugen oder leicht zu lächeln. Es hatte ernsthafte Beratungen
unter ihnen gegeben, ob er als »Eure Majestät« oder als »Sir« angesprochen
werden sollte, ob es nötig sei, seine Hand zu küssen, ob er sich sehr verändert
habe, und sogar, die armen Kerlchen, ob er sich überhaupt an sie erinnern
würde.
    Hier waren sie in einem Kreis ums Feuer versammelt:
Dachs, der sich scheu auf die Füße stellte, während eine ganze Lawine von
Manuskriptblättern aus seinem Schoß in den Kaminvorsetzer schoß; T. natrix, die
sich entrollte und eine schwarze Zunge zeigte, mit der sie, falls nötig, die
königliche Hand küssen wollte; Archimedes, der vor Vergnügen und Vorfreude auf
und ab hüpfte, halb die Flügel ausbreitete und sie flattern ließ wie ein
kleiner Vogel, der um Futter bittet; Balin, der zum ersten Mal in seinem Leben
niedergeschlagen aussah, weil er fürchtete, er könne vergessen worden sein;
Cavall, so gemartert von der Gewalt seiner Gefühle, daß er sich in der Ecke
übergeben mußte; Ziege, die schon lange zuvor in einem hellsichtigen Blitz den
Kaisergruß entboten hatte; Igel, der treu und aufrecht ganz unten am Kreis
stand, wo ihm die anderen seiner Flöhe wegen den Platz zugewiesen hatten, aber
voller Patriotismus und Eifer, beachtet zu werden, falls das möglich war.
Selbst der riesige ausgestopfte Hecht, der als Neuerwerbung über dem Kammsims
unter dem Gründer hing, schien ihn mit einem flehenden Blick zu betrachten.
    »Oh, Leute!« rief der König.
    Dann wurden alle ganz aufgeregt und scharrten mit
den Füßen und sagten, er müsse bitte entschuldigen, daß ihr Heim so einfach
sei, oder Willkommen, Eure Majestät, oder Wir wollten eine Fahne hissen, leider
ist sie verloren gegangen, oder Sind Eure königlichen Füße naß? Oder Hier kommt
der Herr, oder Oh, es ist so schön. Euch nach all den Jahren wiederzusehen! Der
Igel salutierte steif und sagte »Herrsche, Britannien!«
     
    Im nächsten Augenblick schüttelte ein verjüngter
Arthur allen die Hände, küßte sie und klopfte ihnen auf den Rücken, bis Tränen
in aller Augen standen.
    »Wir wußten nicht…« schnüffelte der Dachs.
    »Wir fürchteten, Ihr hättet vergessen…«
    »Sagen wir Eure Majestät, oder sagen wir Sir?«
    Er beantwortete die Frage vernünftig, so, wie es
angemessen war. »Zu einem Kaiser sagt man Eure Majestät, aber zu einem
gewöhnlichen König sagt man Sir.«
    Von diesem Augenblick an war er für sie Wart, die
Warze, ohne daß sie sich länger mit der Angelegenheit befaßten. Als sich die
Aufregung gelegt hatte, schloß Merlin die Tür und übernahm die Leitung.
    »Also«, sagte er. »Wir haben viel zu erledigen und
sehr wenig Zeit dafür. Bitte, König – hier ist ein Stuhl für Euch am Kopf der
Runde, weil Ihr unser Führer seid, der die harte Arbeit tut und die Leiden
erträgt. Und du. Wicht, bist als Ganymed an der Reihe, also hol schleunigst den
Madeirawein. Gib jedem einen großen Becher, dann werden wir mit der Konferenz
beginnen.«
    Igel brachte Arthur den ersten Becher und schenkte
ihm mit großer Wichtigkeit und gebeugtem Knie ein, wobei er einen schmutzigen
Daumen ins Glas hielt. Während er in der Runde weiterging, hatte der Wart von
einst Muße, sich umzuschauen.
    Der Kommunikationsraum hatte sich seit seinem
letzten Besuch verändert, und die Veränderung war stark von der Persönlichkeit
seines Lehrmeisters geprägt. Denn auf allen freien Stühlen und auf dem

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