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Der König auf Camelot

Der König auf Camelot

Titel: Der König auf Camelot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.H. White
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alles, was er ihnen anbot,
war trocken Brot und Wasser. Am Morgen dankte Elias ihm herzlich für alles und
ließ als Entgelt einen Handwerker kommen, damit dieser eine der Mauern instand
setzte, die vom Einsturz bedroht war.
    Nun konnte sich der Rabbi Jachanan nicht länger zurückhalten
und bat den heiligen Mann, ihm die Bedeutung seines Vorgehens gegenüber den Menschen
zu erklären.
    ›Im Falle des Armen, der so gastfrei uns empfing‹,
entgegnete der Prophet, ›war es beschlossen, daß seine Frau in der Nacht
sterben sollte; zum Dank für seine Freundlichkeit jedoch nahm Gott die Kuh
statt der Frau. Die Mauer des reichen Geizlings ließ ich reparieren, weil
dichtbei eine Truhe mit Gold versteckt war; hätte der alte Geizkragen die Mauer
selber instand gesetzt, wäre er auf den Schatz gestoßen. Deshalb sage nicht zum
Herrn: Was tust Du? Sondern sprich in Deinem Herzen: Muß nicht, was der Herr
des Himmels und der Erden tut, wohlgetan sein?‹«
    »Eine hübsche Geschichte«, sagte Wart, da es
schien, als sei sie zu Ende.
    »Ich bedaure«, sagte Merlin, »daß nur du meines
Extraunterrichts teilhaftig wirst – aber, siehst du: allein das ist nun
mal meine Aufgabe.«
    »Ich seh’ aber nicht ein, wem es schaden würde,
wenn Kay mitkäme.«
    »Ich auch nicht. Aber der Rabbi Jachanan hat auch
nicht eingesehen, weshalb dem Geizhals die Mauer repariert werden sollte.«
    »Das versteh’ ich«, sagte Wart zweifelnd, »aber ich
hält’s für schlecht, daß die Kuh eingegangen ist. Könnte Kay nicht ein einziges
Mal mitkommen?«
    Merlin sagte
sanft: »Was für dich gut ist, mag für ihn vielleicht schlecht sein. Außerdem
mußt du dich erinnern, daß er nie darum gebeten hat, in etwas verwandelt zu
werden.«
    »Oh, er möchte
schon. Ich habe Kay gern, wißt Ihr, und ich glaube, daß die Menschen ihn
einfach nicht verstehn. Er muß stolz sein, weil er Angst hat.«
    »Du begreifst
immer noch nicht, was ich sagen will. Stell dir vor, er wäre gestern nacht ein
Merlin gewesen und hätte bei der Mutprobe versagt und die Nerven verloren?«
    »Woher wißt ihr
das mit der Mutprobe?«
    »Nun sind wir
schon wieder so weit.«
    »Na gut«, sagte
Wart hartnäckig. »Aber gesetzt den Fall, er hätte bei der Mutprobe nicht
versagt und nicht die Nerven verloren. Ich versteh’ nicht, wieso Ihr annehmt,
daß er versagt hätte.«
    »Junge, Junge!«
rief der Zauberer zornig. »Du scheinst heute aber auch gar nichts zu verstehn.
Was willst du denn von mir?«
    »Ich möchte, daß
Ihr mich und Kay in Schlangen oder irgendwas verwan delt.«
    Merlin nahm seine Brille ab, schleuderte sie zu
Boden und trat mit beiden Füßen drauf herum.
    »Kastor und Pollux, blast mich nach Bermuda!« rief
er aus, und sogleich entschwand er mit donnerndem Dröhnen.
    Wart starrte, einigermaßen perplex, auf den Stuhl
seines Lehrers. Kurz darauf kehrte der jedoch zurück. Er hatte seinen Hut
verloren, und Bart und Haare waren zerzaust, als wäre er in einen Wirbelsturm
geraten. Er setzte sich und ordnete sein Gewand mit zitternden Händen.
    »Warum habt Ihr denn das gemacht«, fragte Wart.
    »Es war doch keine Absicht.«
    »Wollt Ihr sagen, daß Kastor und Pollux Euch
tatsächlich nach Bermuda geblasen haben?«
    »Laß dir das eine Lehre sein«, entgegnete Merlin,
»und fluche nie. Ich halte es für das beste, das Thema zu wechseln.«
    »Wir sprachen von Kay.«
    »Ja, und was ich vor meinem… ehern! – meinem Besuch
auf den verflixten Bermoothes sagen wollte, ist dies. Ich kann Kay nicht in
etwas anderes verwandeln. Die Macht wurde mir nicht verliehen, als ich gesandt
wurde. Weshalb das so ist, vermögen wir beide nicht zu sagen, aber es ist nun
einmal so. Ich habe versucht, einige Gründe hierfür anzudeuten, aber du
kapierst es nicht, also mußt du einfach die Tatsache als nackte Tatsache akzeptieren.
Und nun mach bitte eine Pause, bis ich wieder bei Kräften bin und meinen Hut
zurückhabe.«
    Wart saß still, während Merlin die Augen schloß und
etwas vor sich hin brummelte. Alsbald erschien ein seltsamer schwarzer zylindrischer
Hut auf seinem Kopf. Es war ein Schornstein, eine Angströhre.
    Merlin betrachtete das Gebilde angewidert, sagte
bitter: »Und das nennt sich Service!« und reichte es in die Luft. Schließlich
stand er ungeduldig auf und rief: »Komm her!«
    Wart und Archimedes sahen sich an; beide fragten
sich, wer von ihnen gemeint sein mochte – Archimedes hatte die ganze Zeit auf
dem Fensterbrett gehockt und sich die Landschaft angeschaut,

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