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Der König der Diamanten

Der König der Diamanten

Titel: Der König der Diamanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Tolkien
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fort. Von Jana, dem Stubenmädchen oder irgendwelchen anderen Angestellten war kein Mucks zu hören, und Osman fragte sich, ob sie alle aus dem Haus verschwunden waren, um ihn und Jacob die Sache unter sich ausfechten zu lassen. »Es dauert nicht lange«, hatte Franz gesagt. Also, wo steckte er jetzt? Und wo steckten diese Idioten von Polizisten, jetzt, da er sie dringend benötigte?
     
    Trave versuchte sich zu konzentrieren, sah wieder auf Katyas Tagebuch und las weiter:
     
    Franz sah mir in die Augen, und schlagartig verstand ich, dass er Bescheid wusste. Es war meine Schuld. Mir wurde klar, was ich getan hatte: Ich hatte den Block offen auf meinem Tisch liegen lassen, als ich aus dem Haus gerannt war, und er musste mich gesehen haben, er oder seine verdammte Schwester. Die stand auch da auf der Schwelle und sah ihm über die Schulter, ein blödsinniges Grinsen im Gesicht, als gefiele ihr, was sie sah, als hätte sie Freude daran, mich leiden zu sehen. Ich habe mich nicht gewehrt. Wozu auch? Ich kenne Franz. Ich weiß, was er mit seinen Händen anstellen würde, wenn er nur die Gelegenheit hätte. Ich weiß, was er mit Ethan angestellt hat mit seinem Messer. Für etwas Derartiges wollte ich ihm keine Rechtfertigung geben.
    Ich sagte ihm, dass ich meinen Onkel sehen und ihm sagen wolle, was ich entdeckt habe. Das war das Einzige, was ich noch in die Waagschale werfen konnte, aber es kam mir vor, als hätte Franz gewusst, was ich sagen
würde. Er antwortete: »Aber sicher.« Nichts weiter. Er nickte und hob kurz die Hand, als sei er nichts weiter als höflich. Ich wollte wegrennen, konnte aber nicht einmal normal gehen. Außerdem hatte ich Jana vor mir, so war es mir unmöglich zu entfliehen. Franz war direkt hinter mir. Er fasste
mich nicht an, aber im Nacken konnte ich seinen kalten Atem spüren, als wir durch den Wald zurück zum Haus gingen. Und zu meinem Onkel,
der im Arbeitszimmer auf mich wartete.
     
    Am Ende des Ganges griff Jacob um Osman herum, stieß mit seiner freien Hand die halbgeöffnete Tür auf und schubste ihn dann vor sich her ins Schlafzimmer. Diesmal ging er nicht zu Boden, sondern hielt sich an einem der Bettpfosten aus Mahagoni fest, bevor er sich zu seinem Peiniger umdrehte. Jacob stand in der Tür und richtete die Waffe auf Osmans Stirn. Hinter Osman lag Cara, die Katze, auf dem Bett. Sie hatte geschlafen und schlug jetzt verwundertdie Augen auf. Dass man ihr Herrchen herumschubste, hatte sie noch nie erlebt.
    »Mach das auf!«, befahl Jacob und zeigte mit einer schnellen Seitwärtsbewegung der Waffe auf das Ölgemälde.
    »Mach was auf?«, fragte Osman, um Zeit zu gewinnen, obwohl er nur zu gut wusste, was Jacob von ihm wollte. Jana hatte ihm in aller Ausführlichkeit von der Begegnung erzählt, die sie selbst mit dem bewaffneten Jacob gehabt hatte. Was für ein Idiot er doch war, dachte Osman und verfluchte sich für seine Dummheit. Er hätte wissen müssen, dass Jacob wiederkommen würde, genauso wie er hätte wissen müssen, dass er sich weder auf Claes noch auf Macrae vollkommen verlassen konnte. Jacob war nicht verhaftet worden, und jetzt war er ohne jeden Schutz und ganz alleine mit diesem Irren. Er hätte einen Sicherheitsdienst engagieren oder sein Haus verlassen müssen, bis man Jacob eingefangen hatte. Aber zu spät.
    »Mach den verdammten Safe auf«, bellte Jacob wütend. Als Osman sich nicht rührte, drehte er seine Waffe ein wenig zur Seite und schoss auf das Fenster zum Hof. Durch das zersplitterte Glas strömte kalte Luft ins Zimmer, und Osman sackte zusammen, während die Katze unbemerkt unter dem Bett verschwand.
    Er rappelte sich auf und nahm mit zitternden Händen das Bild von der Wand. Er warf Jacob einen Blick zu und betätigte dann die Drehscheibe, bis schließlich ein Klicken ertönte und er die Stahltür aufziehen konnte. Jacob beugte sich vor und erblickte reihenweise blaue Seidensäckchen, akkurat angeordnet, jedes mit einer kleinen, weißen Nummer versehen. Dahinter befanden sich auf einem Regalbrett, das den Großteil des hinteren Safes einnahm, drei dicke Bücher mit dunkelgrünem Ledereinband.
    »Hol sie raus«, befahl Jacob und zeigte auf die Bücher. »Zeig sie mir.«
    »Das sind nur meine Geschäftsbücher. An wen ich verkauft habe, von wem ich gekauft habe, der ganze Geldverkehr – nichts weiter«, sagte Osman, indem er die Bücher herausholte. Zwei davon legteer auf den Boden, das dritte hielt er vor sich hin und blätterte es durch, als könne er Jacob

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