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Der König der Diamanten

Der König der Diamanten

Titel: Der König der Diamanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Tolkien
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und das Showbusiness.
    David bereute seine Worte in demselben Moment, in dem er sie geäußert hatte. Er nippte an seinem Bier und fühlte sich Eddie so verbunden wie nie zuvor – auf keinen Fall wollte er das kaputtmachen oder seinem neuen Mitinsassen einen Anlass zum Ausrasten geben. Aber seine Sorge war unbegründet. Eddie schien ein ziemlich dickes Fell zu haben.
    »Ja, auf sein Aussehen zu achten, ist auch wichtig. Natürlich. Das habe ich doch gesagt«, sagte Eddie, ohne sich beirren zu lassen.»Wie meine alte Tante immer zu sagen pflegte, als ich noch ein Kind war – pass auf deine Haut auf, wenn du dich darin wohlfühlen willst.«
    In den vergangenen Tagen hatte David festgestellt, dass Eddies Tante immer öfter bei ihren Gesprächen anwesend war, genau wie Elizabeth Taylor.
    Aber Eddie hatte auch andere Seiten. Er konnte zuhören, und vielleicht gab diese Fähigkeit mehr als jede andere den Ausschlag, dass David sich zu ihm hingezogen fühlte. David trug zwei Jahre angestauter Wut und Frustration in sich, und es tat gut, einiges davon herauslassen zu können. Zumindest hatte er das Gefühl, es tat gut. Über Katya und Ethan reden zu können war auf jeden Fall eine Erleichterung gewesen. Bis jetzt hatte er niemandem sagen können, wie es ihm ging. Im Gefängnis redete man nicht über persönliche Dinge. Das war eines der ungeschriebenen Gesetze. Aber Eddie war anders. Er wollte wissen, was passiert war, bis in die kleinste Einzelheit.
    Wenn sie nach dem Löschen der Lichter auf ihren Pritschen lagen, führten sie leise Gespräche bis weit nach Mitternacht. Ihre Position, einer über dem anderen, ganz nah und doch unsichtbar füreinander, die körperlosen Stimmen im Halbdunkel, all das erleichterte das Reden irgendwie. Und so hatte David Eddie seine Geschichte erzählt, oder zumindest seine Version davon – wie Katya ihn sitzengelassen hatte und wie er sich deswegen fühlte, von Ethan, und wie Katya ins Gericht gekommen war und seine Briefe einen nach dem anderen vorgelesen und ihm dabei hasserfüllte Blicke zugeworfen hatte.
    Und Eddie nahm aufrichtig Anteil, so sehr sogar, dass seine tröstenden Worte den Schmerz nicht linderten, sondern ihn noch verschlimmerten und Davids schwelenden Zorn in eine rasende Wut verwandelten, sodass er nachts nicht schlafen konnte und immerzu an Katya denken musste und an das, was sie ihm angetan hatte.
    Manchmal, wenn David im fahlen Morgenlicht erwachte, atmete er tief ein und fragte sich, warum Eddie sich so um ihn kümmerte, doch schließlich gab Eddie selbst eine Erklärung ab. Davids Erlebnis mit Katya passte hervorragend in das Bild, das Eddie vom anderen Geschlecht hatte. Es war ein weiterer Beweis für seine Theorie, nach der Frauen die Wurzel allen Übels waren. Eine Ausnahme machte er bei seiner verstorbenen Tante und der einen oder anderen Leinwandgöttin, aber die anderen waren allesamt gleich. Sie reizten die Männer mit ihren kurzen Röcken und ihren angemalten Gesichtern, versprachen das Paradies mit einem flüchtigen Blick oder einem Hüftschwung, doch kaum hatten sie ihre Opfer am Haken, ließen sie sie zappeln, um sich an ihrer Qual zu weiden.
    »Zum Spaß! Einfach so, zum gottverdammten Spaß«, sagte Eddie, dessen früheste Erfahrung mit bösen Frauen die Schlampe von Mutter gewesen war. Sie hatte ihn zu seiner Großmutter verbannt, um weiter ungestört das lasterhafte Leben führen zu können, welches durch die Schwangerschaft kurzzeitig unterbrochen worden war. Und die Großmutter war auch nicht viel besser. Sie hatte ihn mit dem Stock verpügelt, wenn er zu spät heimkam, und ihm grässliche, selbstfabrizierte Medizin verabreicht, um sein Inneres zu säubern. Nur die Großtante, die jüngere Schwester seiner Großmutter, war einigermaßen nett zu ihm gewesen. Allerdings nur dann, wenn die Alte nicht herschaute, und so war es nicht verwunderlich, dass er bei der erstbesten Gelegenheit davonlief. Er tauchte bei seiner Mutter auf, doch die wollte ihn nicht. Ab da hatte er ein Verhältnis nach dem anderen, und jedes endete katastrophal. Trauriger Höhepunkt war die Hochzeit mit einer Köchin, die ihn der Polizei übergab, als sie feststellen musste, dass er den Keller ihres gemeinsamen Heims als Umschlagplatz für gestohlene Waren verwendete.
    »Verdammtes Luder. Das Einzige, was ich an ihr vermisse, ist ihr Apfelkuchen«, sagte Eddie und drehte sich zur Seite, um dieunliebsame Erinnerung in eine Ecke des Hofs zu spucken. Die Nacht war vorüber und hatte

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