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Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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er sie vor dem Gildemeister auf der hohen Tafel ab.
    »Nun mach endlich, Rupert«, rief eine Frauenstimme aus dem hinteren Teil der Halle. »Wir haben noch andere Angelegenheiten zu erörtern, und es wird bald dunkel. Ich jedenfalls finde die Neuregelung der Preise ein bisschen wichtiger.«
    »Oder die Frage, ob wir wirklich zulassen wollen, dass der König zu Michaelis die Stadt in eine Turnierwiese für sich und seine Ritter verwandelt!«, fügte ein dicker Mann, der weiter vorn saß, hinzu.
    Zustimmung erklang hier und da, und Arthur Knolls hob gebieterisch die Hand. »Ich darf doch um Ruhe bitten!«
    Gehetzt sah Rupert zur hohen Tafel auf. Nicht einmal Adam Burnell, der doch auf seiner Seite gestanden hatte, wollte ihm länger in die Augen schauen. Ohne ein weiteres Wort wandte Rupert sich ab, stürmte mit langen Schritten, aber nicht auf ganz geradem Kurs zur Tür und verließ die Halle.
    Ein unangenehmes Schweigen voll unausgesprochener Fragen blieb zurück. Jonah stand stockstill, starrte auf seine Fußspitzen hinab und wünschte sich meilenweit fort.
    So sah er die Blicke nicht, die Arthur Knolls und die beiden Gildewächter tauschten.
    »Ich glaube, die Lage hat sich grundlegend geändert, und wir werden die Bibel wohl doch noch brauchen«, sagte der Gildemeister bedächtig. »Würdet Ihr wieder vortreten, Master Hillock?«
    Erst mit einiger Verspätung erkannte Jonah, dass er gemeint war, machte einen Schritt nach vorn und erwiderte schüchtern: »Durham, wenn Ihr erlaubt, Sir. Mein Name ist Jonah Durham.«
    Knolls nickte. »In Anbetracht der Situation, wie sie sich jetzt darstellt, sind wir gewillt, Eurem ungewöhnlichen Antrag stattzugeben.Ihr seid frei von Eurem Dienstverhältnis zu Rupert Hillock und dürft fortan in eigenem Namen Tuchhandel innerhalb der Stadtmauern von London betreiben. Trotz Eurer jungen Jahre sollt Ihr uns als Bruder in der Gilde willkommen sein, vorausgesetzt, einer der Liverymen findet sich bereit, eine Patenschaft für Euch zu übernehmen, bis Ihr einundzwanzig seid.«
    Jonahs Herz, das schon wilde Freudensprünge vollführt hatte, sank plötzlich wie ein Stein. Keiner der Liverymen beeilte sich, die zweifelhafte Ehre zu übernehmen, und Jonah verstand ihr Zögern durchaus. Er kannte seinen Ruf, und er hatte sich hier heute Abend weiß Gott nicht von seiner besten Seite gezeigt.
    Martin Greene lehnte sich ein wenig vor. »Ich werde es tun«, erklärte er. Die Raubvogelnase wies genau auf Jonah, und die dunklen Augen des Gildewächters schienen mutwillig zu funkeln. »Ich bin schon mit ganz anderen fertig geworden«, fügte er zuversichtlich hinzu.
    Gelächter plätscherte durch die Halle, und auch Jonah lächelte befreit. »Danke, Sir.«
    Greene nickte. »Kommt Sonntagabend zum Essen in mein Haus; Mistress Greene wird es erfreuen, einen mageren Hänfling wie Euch zu füttern. Und jetzt legt die Hand auf die Bibel.«
    Jonah leistete den Eid, den Arthur Knolls ihm vorsprach. Er gelobte, die Gesetze der Gilde treulich zu befolgen, ein ehrbarer Kaufmann zu sein, niemals Schande über seinen Stand zu bringen und dem König von England in allen Dingen stets treu und untertänig zu dienen, und er rief die Heilige Jungfrau als Zeugin an, denn sie war die Schutzpatronin der Gilde.
    Als der feierliche Akt vorüber war, gratulierten Knolls und Greene ihm herzlich, Burnell und die übrigen Liverymen reserviert, und manch anderer Gildebruder schüttelte ihm die Hand und hieß ihn willkommen. Die wenigen Gildeschwestern, vornehmlich Witwen in den mittleren Jahren mit ausladendem Kopfputz und, so kam es Jonah vor, noch ausladenderem Busen, luden ihn ausnahmslos zum Essen ein, so dass er sichverwundert fragte, ob er denn wirklich so dürr und verhungert wirkte.
    Schließlich ließen sie alle von ihm ab, und er setzte sich erleichtert zu Bruder Gilbert, der ihm anerkennend, aber mit bekümmerter Miene die Schulter klopfte. Dann lauschte Jonah gespannt den übrigen Klagen und Streitigkeiten, die vor den Gildeoberen verhandelt wurden, und den anschließenden Debatten über Für und Wider einer generellen Preissenkung sowie die strittige Frage, ob das vom König geplante Turnier ein Fluch oder Segen für die Stadt sei und ob man es überhaupt verhindern könne.
    Als die Versammlung sich schließlich auflöste, war es schon beinah völlig dunkel, und die Glocke von St. Martin-le-Grand läutete, um das Schließen der Stadttore und den Anbruch der Nachtstunden zu verkünden.
    Vor dem Gildehaus

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