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Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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und als er das merkte, schaute er hastig wieder auf sie hinab und murmelte: »Steh wieder auf.«
    »Erst wenn meine Bitte gewährt wird.«
    »Madame …« Seine Ratlosigkeit drohte in den so leicht entflammbaren Zorn umzuschlagen.
    »Sire«, hörte Jonah sich zu seiner größten Verwunderung sagen, »wenn Ihr mir immer noch einen Wunsch gewähren wollt, dann erlaubt mir zu sprechen.«
    Edward fuhr zu ihm herum. Offenbar hatte er ihn vollkommen vergessen. »Also?«, fragte er unwirsch.
    Jonahs Hände wurden feucht, aber er zauderte nicht. »Es kann unmöglich ein Anschlag gewesen sein.«
    Edward stemmte die Hände in die Seiten und trat einen Schritt auf ihn zu. »Und wieso nicht?«, verlangte er zu wissen. »Dieser Stadt ist alles zuzutrauen.«
    Jonah nickte. Er dachte an all die abfälligen, oft verräterischenBemerkungen, die Rupert Hillock über den König und zuvor über dessen Vater geäußert hatte. Mangelnde Königstreue war in London eine jahrhundertealte, liebevoll gepflegte Tradition. Er konnte Edwards Argwohn und auch den Zorn verstehen. »Aber niemand hätte vorhersagen können, wann die Tribüne einstürzt. Es war ganz und gar unmöglich, das vorauszuberechnen. Was, wenn es um Mitternacht passiert wäre? Für einen Anschlag viel zu unsicher.«
    Edward betrachtete ihn mit verengten Augen; er schien angestrengt nachzudenken. Fast zerstreut sagte er: »Madame, wollt Ihr wohl endlich aufstehen?«
    »Nein, Sire.«
    Der König stöhnte und fragte Jonah: »Wenn nun aber einer der Verräter ein Seil um einen der Stützpfeiler gebunden hätte, um ihn im entscheidenden Moment unter der Konstruktion wegzuziehen?«
    Jonah schüttelte kurz den Kopf. »Dann hätte ich ihn gesehen. Ich stand unter der Tribüne, als der Stützpfeiler einknickte.«
    Edward riss die Augen auf und betrachtete ihn mit ganz neuem Interesse. In der Halle hatte sich ein halb nervöses, halb verwundertes Murmeln erhoben. Der König dachte lange nach, sah hin und wieder kopfschüttelnd auf seine reglos kniende Königin hinab, dann wieder zu Jonah, und grollte schließlich: »Allein für ihre Schlamperei gehören sie aufgehängt!«
    Jonah antwortete nicht. Der Stadtrat hatte endlos lange debattiert und gezögert, ehe er dem König endlich die offizielle Einladung zum Turnier übermittelte. Als Edward dann verlauten ließ, er wolle eine Tribüne, war nicht viel Zeit geblieben. Die Zimmerleute hatten buchstäblich Tag und Nacht daran gearbeitet. Was passiert war, blieb natürlich trotzdem unverzeihlich. Aber nicht unerklärlich.
    Der König ließ sich in seinen kostbar gepolsterten Sessel sinken, warf wieder einen verlegenen Blick auf die Königin und brummte: »Wenn irgendwer mir einen Rat erteilen will, bin ich einigermaßen geneigt, ihn zu hören.«
    Prompt erhob sich sein Freund William Montagu von seinem Sitz an der hohen Tafel. »Die Königin und der junge Tuchhändler haben Recht, Sire. Es war Schlamperei, und die Zimmerleute gehören bestraft, aber Absicht war es nicht. Darum sollte auch niemand dafür sterben müssen.«
    Hier und da nickten die Versammelten.
    Der König ließ sich mit seiner Entscheidung viel Zeit. Das Kinn auf die Faust gestützt, blickte er ins Leere und dachte lange nach. Dann erhob er sich und streckte der Königin die Hand entgegen. »Erhebt Euch und beschämt mich nicht länger, Madame. Die Zimmerleute sollen geschont werden, wie Ihr wünscht. Und man soll ihnen sagen, dass sie ihr Leben der Königin verdanken.«
    Ohne zu zögern ergriff Philippa die dargebotene Hand und kam graziös auf die Füße. Sie belohnte Edward mit einem strahlenden Lächeln und dankte ihm, so leise, dass niemand außer dem König und Jonah es hörte.
    Dann wandte Edward sich an den jungen Kaufmann und machte eine einladende Geste. »Nehmt Platz an der Tafel und esst und trinkt mit uns, Master Durham. Es ist weiß Gott kein fröhlicher Tag geworden, wie wir alle gehofft hatten. Aber nicht zuletzt dank Eurer Hilfe ist uns das Schlimmste erspart geblieben.«
    Ergeben folgte Jonah der Einladung. Hier und da entdeckte er an den Tischen ein paar bekannte Gesichter: Aldermen und Gildemeister saßen fein gekleidet zwischen den adligen Höflingen, der Lord Mayor gar an der hohen Tafel. Doch er ging ganz ans untere Ende, wo die jungen Ritter saßen, die ihm bereitwillig Platz machten und ihn erfolglos bestürmten, vom Zusammenbruch der Tribüne zu erzählen. Spielleute musizierten, während der Hof sich an erlesenen Braten und Saucen labte, und als

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