Der Koenig geht tot
ziemlich viel Aufregung gegeben. Womöglich würden aus der Sache dann die falschen Schlüsse gezogen.«
Es wirkte beinahe grotesk, wie Karin Hebel sich durch verbale Umschreibungen wand.
»Sie meinen, man könnte Jürgen Hebel des Mordes an König verdächtigen, nachdem er von der Bildfläche verschwunden ist?« Max wirkte etwas genervt, weil man Frau Hebel jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen mußte.
»Genau. Und das wäre natürlich fatal«, beeilte sich Frau Hebel zu betonen. »Denn eins kann ich Ihnen versichern: Mit diesem Unfall hat Jürgen aber auch gar nichts zu tun!«
»Wieso sind Sie da so sicher?« Mein Versuch, die Ehefrau zu provozieren, gelang.
»Ich bin immerhin Jürgens Frau. Meinen Sie, ich würde es nicht bemerken, wenn mein Mann zum Mörder mutiert wäre? Jürgen hat mich bei jeder Angelegenheit ins Vertrauen gezogen.«
»Na, das trifft sich ja gut!« Max imitierte einen fröhlichen Tonfall. »Dann können Sie uns ja sicher Auskunft geben, wie weit die Kassenführung von St. Sebastianus gediehen ist, nicht wahr? Oder ist Ihr Mann auch in den letzten Tagen nicht zum Rechnungsabschluß gekommen?«
Karin Hebels Verhalten änderte sich schlagartig. »Das ist es ja, warum ich Jupp Baumüller angerufen habe«, sagte sie in einem resignierten Tonfall. Sie beugte sich nach vorn und verbarg ihren Kopf zwischen ihren Händen. »Mit den Büchern des Vereins ist nicht alles, wie es sein sollte. Das haben Sie sicher längst bemerkt.«
Karin Hebel blickte fragend auf. Dieses Geständnis fiel ihr wohl leichter, wenn sie wußte, daß die Bruderschaft ihrem Mann längst auf die Schliche gekommen war.
Max tat ihr den Gefallen. »Natürlich ist uns klar, daß hinter den Ausflüchten Ihres Mannes irgendeine unsaubere Sache steckt.«
Karin Hebel nickte dankbar. Sie hielt ihre knöchernen Fäuste nun unters Kinn, als müßte sie damit ihren Kopf hoch halten. »Unsaubere Sache ist eigentlich das falsche Wort«, fuhr sie nun fort. »Das einzige ist, daß Jürgen sich aus der Vereinskasse etwas Geld geliehen hat. Seit der letzten Spende von Osterfeld sowie dem Erlös vom Herbstfest stand der Verein ja ganz gut da. Das hat Jürgen genutzt, um ein paar private Unkosten zu decken.«
Es war beeindruckend, wie Karin Hebel, nicht gerade eine gewiefte Betrügerin, es verstand, diesen kriminellen Akt zu bagatellisieren. Man hatte den Eindruck, Jürgen Hebel habe sich mit einem Drähtchen fünf Mark aus seinem Sparschwein geangelt.
»Um welche Summe handelt es sich?«
Karin Hebel wand sich noch einen Moment. »Es werden so fünfundzwanzigtausend Mark gewesen sein, vielleicht auch etwas mehr. Ich glaube sogar, fast dreißigtausend.«
Max und ich schluckten. Es ging hier nicht um Summen, wie man sie mittlerweile aus politischen Kassenskandalen kennt, aber immerhin. Für den Betrug an einer sauerländischen Schützenbruderschaft ganz ordentlich.
»Darf man fragen, wofür Ihr Mann das Geld gebraucht hat?«
»Nun, wir haben uns ein bißchen beim Hausbauübernommen«, erklärte Frau Hebel schleppend. »Sie glauben ja gar nicht, was das alles kostet vor allem die Innenausstattung. Sie bekommen ja heute kein vernünftiges Waschbecken mehr unter fünfhundert Mark.«
Ich unterdrückte meinen Einwand, daß ich noch vor zwei Wochen im Baumarkt ein Exemplar gesehen hatte, das für nur einen Bruchteil dieser Summe zu haben gewesen war – ein Ausbund an Schlichtheit, wie ihn viele Sanitärdesigner zur Zeit favorisieren.
»Sie müssen uns glauben, daß wir das Geld nur ausleihen wollten. Spätestens nach einem Monat sollte die diskrete Rückzahlung erfolgen. Kein Mensch hätte einen Schaden davon gehabt, denn Zinsen sind auf einem Girokonten bei dem Betrag ja kaum zu verzeichnen. Wahrscheinlich hätten wir die sogar der Rückzahlung hinzugefügt«, erklärte Karin Hebel großzügig. »Leider kam dann alles ganz anders!«
Max ließ in der Zwischenzeit seinen Blick über die teure Einrichtung des Hebelschen Wohnzimmers gleiten. Man hatte nicht den Eindruck, daß das Ehepaar an einer Stelle gespart hatte.
»Das Geld, das meine Eltern uns zu Jürgens Geburtstag schenken wollten eine Summe von fast vierzigtausend, die sie schon zigmal angekündigt hatten, brauchten sie plötzlich selber. Bloß, um sich ein neues Auto zu kaufen. Natürlich haben wir alles getan, um ihnen das neue Auto auszureden. Die beiden sind an die siebzig. Wofür brauchen die noch ein neues Auto, noch dazu ein so teures?«
Eine Frage, die man sicher
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