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Der Koenig geht tot

Der Koenig geht tot

Titel: Der Koenig geht tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Heinrichs
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murmelte ich. Jetzt brauchte ich aber wirklich eine Tasse Kaffee.

23
    Aus dem Samstag wurde dann doch noch ein einziges großes Schlafen. Der Ferienbeginn hatte ein schier nicht zu befriedigendes Schlafbedürfnis freigesetzt. Nach dem Erlebnis mit Karin Hebel war nachmittags endlich die große Ruhe eingekehrt. Selbst Max verschonte mich mit Anrufen über verloren gegangene Ehemänner. Wahrscheinlich hatte er genug mit dem Taxifahren zu tun. Bekanntlich war ja am Wochenende wieder Schützenfest angesagt. Und da boomte das Taxigeschäft natürlich. Am Samstag abend zappte ich unschlüssig im Fernsehprogramm herum, bevor ich endlich einschlief. Den Sonntag verbrachte ich dann fast ausschließlich mit einer Reihe von Zeitungen im Bett. Immer wieder schlief ich für ein, zwei Stunden ein, aß eine Kleinigkeit, las weiter oder schlief wieder. Erst jetzt merkte ich, daß Körper und Seele völlig ausgelaugt waren. Es war daher ein Glück, daß Robert, der ursprünglich schon am Freitag hatte kommen wollen, seinen Besuch nach hinten verschoben hatte. So konnte ich noch ein wenig ausspannen. Am Nachmittag stand plötzlich Alexa vor der Tür. Sie war am Freitag zu einer Freundin nach Marburg aufgebrochen. Die Sehnsucht hatte sie aber schon ein paar Stunden eher als geplant nach Hause getrieben. Ich war völlig aus dem Häuschen, so freute ich mich. Es dauerte ganze fünf Minuten – danach waren alle vergeigten Wochenenden vergessen, alle tierärztlichen Notfälle aus meinem Gedächtnis gelöscht. Der Nachmittag ließ sich mit nur einem einzigen Wort beschreiben: Alexa!
    Als es am Sonntag abend schließlich an der Tür klingelte, wäre ich beim Öffnen beinahe hintenrüber gefallen. Der Mann vor meiner Wohnungstür trug ein riesiges grünes Ungeheuer auf dem Kopf, das sich bei genauerem Hinsehen als Hut identifizieren ließ. Aber was für ein Hut! Wahrscheinlich war er vor über zwanzig Jahren gekauft worden, um einen hibbeligen kleinen Jungen zu Karneval als Robin Hood zu verkleiden. Der hibbelige kleine Junge war inzwischen groß geworden. Er hieß Robert und wollte tatsächlich in meine Wohnung.
    »Spinnst du?« sagte ich zur Begrüßung und wich keinen Schritt zur Seite.
    »Fällt dir keine freundlichere Begrüßungsansprache ein?« fragte Robert beleidigt. »Oder haben die ungehobelten Sauerländer es tatsächlich schon geschafft, dir deine gesamte rheinische Freundlichkeit auszumerzen?«
    »Halte besser den Mund!« warnte ich meinen alten Kumpel aus Studententagen. »Im Wohnzimmer sitzt Alexa mit einem sauerländischen Wanderstab und erschlägt alle, die das Wort gegen ihre Region erheben.«
    Robert grinste und schob sich an mir vorbei.
    »Jetzt sag endlich, was diese alberne Verkleidung soll!« drängte ich.
    »Na, was wohl?!« Robert verdrehte die Augen, während er seine Reisetasche in meinem Flur fallen ließ, der damit zu dreiviertel voll war. »Ich denke, wir gehen aufs Schützenfest. Da muß ich doch die passende Kopfbedeckung tragen.«
    Alexa stand bereits im Türrahmen und lachte sich kaputt.
    »Robert! Ich weiß nicht, was du über die Menschen hier denkst. Aber eines kann ich dir sicher sagen. Sie laufen nicht mit überdimensionalen Filzhüten inklusive roten Federn herum!«
    »Nein?« Robert gab sich wirklich erstaunt. »Im WDR-Fernsehen lief kürzlich ein Beitrag über Schützenfeste in Westfalen. Du kannst mir glauben, daß mir ein kleiner Aufschrei entglitt, als ich Männer in Uniform und mit fast meinem Hütchen entdeckte. Endlich, dachte ich. Endlich bekommt mein grüner Hut, mit dem ich im vierten Schuljahr den Förster Waldesruh gespielt habe, einen neuen Sinn. Da hab ich ihn gleich eingepackt, als ich zu euch Schützenfestlern aufbrach.«
    Alexa liefen inzwischen die Tränen über die Wangen. Sie nahm Robert in den Arm und bekam auch gleich einen dicken Kuß auf die Wange. Seitdem Robert mir mein erstes Rendezvous mit Alexa durch sein überraschendes wie charmantes Aufkreuzen vermiest hatte, stand ich Umarmungen zwischen den beiden nicht ganz gleichgültig gegenüber. Immer noch wurde ich etwas nervös, wenn der gut aussehende Doktor der Geschichte von Köln heranrauschte und durch seinen Charme meine Freundin zum Lachen brachte. Alexa bemerkte mein Zögern und lächelte mich an. In diesem Augenblick war die Sache gegessen.
    »Und? Sollen wir vorher noch etwas essen oder ziehen wir sofort los?« Robert ließ sich nicht von unseren entgeisterten Blicken aus der Ruhe bringen. »Na, irgendwo wird doch

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