Der Koenig geht tot
mir doch eh kein Wort, oder? Soll ich einfach zu ihr hinfahren? Mensch, Vincent, wenn du doch einmal zu Hause wärst. Verdammt!« Es piepte wieder. Robert starrte auf den Anrufbeantworter. Er konnte es nicht fassen. Da war er mal einen Tag nicht da und schon ging alles drunter und drüber. Warum mußten sich diese Hobbydetektive denn auch um Sachen kümmern, mit denen sie sich überhaupt nicht auskannten? Robert ließ sich müde auf das Sofa fallen. Dabei fiel sein Blick auf ein Blatt Papier, das auf dem Couchtisch lag. Es war mit Vincents Schrift beschrieben.
Hallo Robert!
Bin zur Betriebsbesichtigung der Firma Osterfeld. Will dem Kerl mal auf den Zahn fühlen. Ist doch komisch, daß er mit all den Stichlingser Todesfällen irgendwie zusammenhängt, oder?
Bis nachher Vincent.
Robert schloß die Augen. Drei Amateure auf einmal. Womit hatte er das verdient? Jagten sie jetzt jeder für sich ihren ganz persönlichen Mörder? Robert war unschlüssig. Er hatte das Gefühl, daß seine Hilfe gebraucht wurde. Mittlerweile war sein Hemd so naß, daß er damit das dreckige Geschirr abwaschen konnte. Seufzend stand er auf und griff nach dem Telefonbuch. Am dringendsten brauchte jetzt wohl Alexa seine Hilfe. Mehr als drei Königs würde es hoffentlich hier nicht geben.
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Genaugenommen wußte Alexa gar nicht, was sie tat. Seit einer halben Stunde stand sie nun in einem Feldweg in unmittelbarer Nähe von Moni Königs Haus und grübelte vor sich hin. Vincent war nicht zu erreichen. Männer waren nie zu erreichen, wenn man sie gerade brauchte. Vielleicht war Moni König längst zur Polizei gefahren. Schließlich hatte sie ihre Freundin Beate ja davon überzeugen wollen, daß dies der einzig gangbare Weg war. Warum stand Alexa dann eigentlich hier? Und was erhoffte sie, hier zu sehen? Wenn, dann hätte sie Moni König direkt verfolgen müssen, als sie den Hof verließ. Aber wie hätte das denn ausgesehen? Schließlich war sie ja gekommen, um dem Fuchs endlich die Fäden zu ziehen. Moni hatte sich sofort verabschiedet, als Alexa aufgetaucht war. Sie hatte sich ins Auto gesetzt und war abgebraust. Überhastet, konnte man sagen. Womöglich hatte sie gespürt, daß Alexa einen Teil ihres Gesprächs mit Beate belauscht hatte. Dann war sie jetzt eine Mitwisserin. Aus Fernsehkrimis wußte sie, daß diese Rolle meist mit einer unbekannten, schlecht bezahlten Schauspielerin besetzt wurde, weil sie ja sowieso frühzeitig aus dem Geschehen ausschied. Vielleicht war Moni auch zu ihrem neuen Freund gefahren, Bernhard Schnell. Eventuell hatte der sie davon überzeugen können, daß es sehr wohl angenehmere Aufenthaltsorte gab als einen Frauenknast, so daß Moni König sich doch zum Schweigen entschlossen hatte. Dieser Bernhard Schnell war ja gleichzeitig der Typ, der Max eins auf die Nase gehauen hatte. Eigentlich hätte Alexa da schon klarsein müssen, daß man so etwas nicht ohne Grund tut, sondern nur, wenn man wirklich etwas zu verbergen hat. Aber nein, sie hatte auf Max gehört, der seiner männlichen Intuition folgend überzeugt war, daß Bernhard Schnell nicht der Mörder sein konnte. Jetzt saß sie hier, und wahrscheinlich würden Bernhard Schnell und Moni König gerade aushecken, wie sie die unliebsame, unterbezahlte Tierärztin Alexa Schnittler aus dem Weg räumen konnten.
Alexa wollte gerade den Motor anlassen, als es an der Scheibe der Fahrertür klopfte. Jemand mußte von hinten an das Auto herangekommen sein. Der Schreck fuhr Alexa so sehr in den Magen, daß ihr augenblicklich schlecht wurde. Langsam drehte sie die Scheibe herunter, wobei ihre Finger zitterten, als hätte sie die Schüttellähmung.
»Sie sehen nicht gut aus!« sagte eine Stimme. »Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«
Moni König machte eine Geste, als würde sie Alexa gerne aus dem Auto helfen.
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Inzwischen wußte ich alles über Obstkisten aus dem Hause Osterfeld: Welches Holz benutzt wurde, wie es getackelt wurde, welche Effektivität diese Wahnsinnsmaschine hatte, mit der die Tragekanten an den Kisten befestigt wurden, daß hundertsechzig Leute dort beschäftigt waren und wohin die Obstbehälter überall geliefert wurden. Johannes Osterfeld ließ insgesamt nur einen einzigen Schluß zu: Er hatte es geschafft. Er führte einen großen, sauberen Betrieb, in dem es wie am Schnürchen lief. Johannes Osterfeld schaffte Arbeitsplätze, Johannes Osterfeld war der Freund seiner Mitarbeiter, und die Mitarbeiter, von denen etwa zehn noch exemplarisch in der
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