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Der Koenig geht tot

Der Koenig geht tot

Titel: Der Koenig geht tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Heinrichs
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Firma herumwerkelten, konnten sich nichts Schöneres vorstellen, als in der Fabrikation von Obstkisten Osterfeld zu arbeiten. »Obstkisten Osterfeld« – ich mußte grinsen, als mir diese Wortkombination einfiel. OO hätte sich sicherlich als Firmenlogo gut gemacht. Bei OO fiel mir prompt das Toilettengespräch in den Katakomben der Stichlingser Schützenhalle wieder ein. Johannes Osterfeld schied als Gesprächspartner von Wilfried König nun eindeutig aus. Die Betriebsbesichtigung hatte mir unter dem Aspekt nicht allzu viel gebracht. Dennoch: Ich wollte nicht umsonst den Anschluß an den saarländischen Mittelstand gesucht haben. Schließlich hatten beide Mordopfer in diesem Betrieb gearbeitet. Darüber gab es doch sicherlich irgend etwas zu sagen. Johannes Osterfeld hatte inzwischen unsere Besuchergruppe in einen Tagungsraum innerhalb des Verwaltungsgebäudes geführt und ließ es sich nicht nehmen, allen ein Gläschen Sekt zu gönnen. Eine adrette Sekretärin hatte bereits alle Vorbereitungen getroffen. Ein Tablett voller Gläser mit prickelnd-schaumigem Sekt stand bereit, den sie den schwitzenden Gästen mit einem professionellen Lächeln servierte.
    »Ich hoffe, meine Führung hat Ihnen einen Einblick in unser gesundes, mittelständisches Unternehmen gewährt«, setzte Johannes Osterfeld mit einem Glas in der Hand an. Es sollte wohl ein Trinkspruch werden. »Ich denke, die Produktivität eines modernen Unternehmens hängt vor allem von der überdurchschnittlichen Motivation seiner Mitarbeiter ab.« Die Sekretärin im schwarzen Mini lächelte dazu wie in einem Werbeprospekt. Ich sah quasi vor mir, wie sie eine Osterfelder Obstkiste, prall gefüllt mit Orangen und Bananen, im Arm hielt und dazu mit genau diesem Lächeln zwischen den Zähnen die Firma repräsentierte.
    »Wer mich kennt, der weiß, daß ich dieses Unternehmen nach modernsten Managementkonzepten leite, aber trotzdem – und das möchte ich besonders hier in Ihrer Runde betonen – ist meine saarländische Herkunft, mit der ich ein geradliniges, ehrliches Handeln verbinde, immer die Basis meines geschäftlichen Erfolges gewesen. In diesem Sinne möchte ich mit Ihnen das Glas erheben auf unsere schöne Heimat, auf daß sie durch Arbeit und Gemeinschaft weiter blühen möge. Auf Ihr Wohl!«
    Die Gäste applaudierten trotz Sektglas in der Hand. Johannes Osterfeld hatte den Nerv getroffen. Die blühende Heimat, die Qualitäten des Sauerländers – was wollte der saarländische Mittelständler mehr? Einzelne Bravo-Rufe ertönten, bis man endlich das Glas zum Munde führte und den Sekt schlürfte. Doch schon ergriff Osterfeld wieder das Wort.
    »Eine kleine Überraschung habe ich noch parat für Sie, meine Herren!« In dem Moment erst wurde mir bewußt, daß der sauerländische Mittelstand sich auf das männliche Geschlecht zu beschränken schien. »Nur für Sie wird an diesem heilten Sommertag eine wunderbare Sängerin ihre Stimme erheben. Es ist mir gelungen, Friederike Glöckner für dieses Treffen zu gewinnen, Ihnen vielleicht als berühmte Schauspielerin bekannt, die aus unserem Orte hervorgegangen ist. Doch wer sie genauer kennt, der weiß, daß Friederike Glöckner auch eine hervorragende Sangeskünstlerin ist. Heute konnte ich sie gewinnen, um ein sehr traditionelles Lied zu singen, das uns dennoch immer wieder unter die Haut geht. Doch hören Sie selbst: Ich präsentiere Ihnen: Friederike Glöckner!«
    Wieder Applaus. Ich hatte kaum Zeit, mich zu wundern. Durch die geöffnete Tür trat Friederike herein, in einem hauchdünnen, orangefarbenen Seidenkleid, das ihre Körpermaße nicht nur erahnen, sondern glattweg erkennen ließ. Friederike nahm lächelnd Stellung vor ihrem kleinen Publikum, sammelte sich und setzte an:

    O Sauerland, mein Heimatland, wie bist du doch so schön
    mit deinen Tälern heimisch traut und waldbekränzten Höh’n.
    Vorbei an alten Eichen rauscht vom Fels der Silberquell,
    an dem im Tal mit regem Fleiß schafft Meister und Gesell.

    Oh, welche Auswahl! Johannes Osterfeld hatte es geschafft, nicht nur ein regionalpatriotisches Lied auszuwählen, sondern auch noch eins, das die redliche Arbeit der hiesigen Bevölkerung vertextete. Ob ich wohl auch mittlerweile zu dieser auserwählten Gruppe ehrlich Arbeitender zählte? Bei einem Lehrer wären meine Mittelstandskollegen wahrscheinlich nicht so sicher. Das Lied ging natürlich noch weiter. Bergesgipfel kamen noch vor, außerdem eine Amsel hoch im Wipfel und natürlich die frische,

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