Der Koenig geht tot
hatte er sich entschieden.
»Das ist zum einen Streiters Gerd«, sagte er langsam, »und zum anderen ist das Baumüllers Jupp.«
31
Als ich aus dem Bus stieg, wehte kein Lüftchen. Die Schwüle hatte ihren Höhepunkt erreicht, so daß es draußen kaum besser auszuhalten war als in dem stickigen Gefährt. Gerade waren alle Teilnehmer aus dem Bus gestiegen, da stürmte auch schon Johannes Osterfeld heran. Er trug ein blütenweißes Hemd zu einer beigen Leinenhose, dazu braune Flechtschuhe. Ohne sein jungenhaft-rundliches Gesicht hätte er ein bißchen wie ein moderner Kolonialherr gewirkt. Sicher war dieser Stil neueste Mode und ich in meinem schwarzen T-Shirt hatte mal wieder den Trend verpaßt. Johannes Osterfeld lächelte jovial und begrüßte die ersten Gäste per Handschlag. Ich scherte aus und beobachtete die Gruppe lieber aus der Distanz. Osterfeld machte wirklich einen sympathischen Eindruck. Er kehrte keineswegs den dicken Unternehmer heraus, sondern gab sich überaus volksnah. Ich schaute mich um. Das Fabrikgelände hatte eine beachtliche Größe. Drei riesige Hallen aus dunkelgrünem Wellblech waren zu sehen, im Vordergrund außerdem ein massiv gebautes Bürogebäude.
Das Gelände war weitgehend leer. Nur zwei Männer waren dabei, einige Meter Bandeisen wegzuräumen. Ich schaute auf die Uhr: Inzwischen war es fast halb sieben. Die Arbeiter hatten bereits Feierabend.
»Bevor wir hier in der Hitze zusammenschmelzen, machen wir uns doch lieber mit dem Betrieb vertraut«, sprach Osterfeld jetzt mit lauter und klarer Stimme, während er einladend die Arme zur Seite ausstreckte. »Sie werden feststellen, daß unsere Produktionshallen angenehm kühl sind. Was für unser Betriebsklima jedoch keineswegs gilt.« Die Mittelständler lachten. Gut gelaunt folgte man dem Firmenchef zum Tor der ersten grünen Halle. Für mich war zu diesem Zeitpunkt zumindest eines klar: Es war nicht die Stimme von Johannes Osterfeld gewesen, die ich auf der Toilette gehört hatte. Einerseits verspürte ich darüber eine gewisse Enttäuschung. Andererseits war ich ganz froh, daß ich jetzt unvoreingenommen der Gruppe folgen konnte, um endlich zu erfahren, wie Gemüsekisten aus Leichtholz hergestellt werden.
32
Robert war klitschnaß, als er die Stufen zu Vincents Wohnung hinaufstieg. Die Fahrt von Bochum ins Sauerland hatte mehr als zwei Stunden gedauert. Die meiste Zeit hatte er ölend im Stau gestanden und geflucht, daß er seine Sachen bei Vincent gelassen hatte. Besser wäre er direkt nach Köln gefahren, anstatt nun auch noch die Nacht in der heißen Dachwohnung seines Freundes zu verbringen. Trotzdem war Robert nicht wirklich unzufrieden. Die zwei Tage, die er in Bochum verbracht hatte, obwohl er ursprünglich nur einen einzigen Abend hatte bleiben wollen, waren wunderschön gewesen. Es war etwas passiert, von dem Robert gedacht hatte, daß es nie wieder passieren würde. Robert hatte sich verliebt.
Der Schlüssel drehte sich im Schloß. Hoffentlich war Vincent nicht allzu lange weg. Er würde jetzt duschen, sich umziehen und dann, wenn Vincent Lust hätte, einen Biergarten aufsuchen. Als Robert die Wohnungstür öffnete, merkte er gleich, daß er einen Zettel ins Innere schob. Er war unter der Tür etwas verknittert, aber immer noch gut lesbar.
Meld dich unbedingt bei mir! Habe einen neuen Tip im Fall Stichlingsen. Brauche dringend deine Hilfe! Max
Robert hielt den Zettel nachdenklich in der Hand. Vincent hatte ihn mit Sicherheit noch nicht gesehen. Wahrscheinlich hatte Max ihn unter der Tür durchgeschoben, in der Hoffnung, Vincent würde bald nach Hause kommen. Robert ließ seine Tasche fallen und ging ins Wohnzimmer. Als erstes bemerkte er den Anrufbeantworter, der zweimal blinkte. Robert stellte auf Abhören. Vielleicht hatte Vincent ihm eine Nachricht auf Band gesprochen. Er wußte ja, daß er heute zurückkommen würde. Der erste Anrufer hatte aufgelegt. Es piepste dreimal hintereinander. Danach kam Alexas Stimme, die völlig aufgeregt war: »Vincent, wo bist du denn? Ich habe eine schreckliche Entdeckung gemacht und weiß jetzt gar nicht, was ich machen soll. Du weißt schon, worum es geht. Es geht um diese Sache in Stichlingsen. Ich weiß, wer den König umgebracht hat. Du wirst es nicht glauben, aber seine Frau Moni hat eben alles gestanden. Nicht richtig offiziell, meine ich. Ich habe sie belauscht und da hat sie alles gesagt. Was soll ich denn jetzt machen? Ich kann doch nicht die Polizei anrufen. Die glauben
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