Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)
Sticheleien zwischen dem König und Cinq-Mars.«
»Abgemacht, lieber Domherr«, sagte ich und berichtete ihm von Ludwigs Zorn auf den rebellischen Grafen von Soissons, dem er nach dessen tragischem Tod die Beisetzung in der Grabstätte seiner Ahnen verweigern wollte, was Richelieu jedoch entschieden abgelehnt hatte. Worauf der König, um dem Kardinal zu beweisen, daß er ihn überzeugt, aber nicht untergekriegt habe, die kalte Schulter zeigte und sofort zur Jagd nach Le Pecq aufbrach.
»Darf ich fragen, teurer Herzog, ob Ihr die Geschichte vielleicht von einer sehr hohen Dame habt?«
»So ist es.«
»Einer hohen Dame, in die Ihr, wie der Hof munkelt, verliebt seid?«
»Ich liebe sie, aber platonisch.«
»Ach, Platon, göttlicher Platon! Wie viele Ehebrüche begannen nicht unter deiner trügerischen Ägide!«
Worauf ich mit einem gewissen Vergnügen versetzte: »Ach, Platon, göttlicher Platon! Wie viele Schwulitäten verstecken sich nicht hinter schönem Schein!«
»Touché!« rief Fogacer, die Hand wie ein Fechter hebend,den das Florett des Partners getroffen hat. »Der Besiegte grüßt dich, Cäsar, und wünscht, die Arena verlassen zu dürfen.«
»Bitte, nur müßt Ihr mir vorher das Wie und Was der Zwistigkeiten zwischen dem König und seinem Favoriten erzählen.«
»Nun, abgesehen von Luynes, dem einzigen königlichen Favoriten, der jemals eine politische und militärische Rolle bekleidete – eine verhängnisvolle übrigens –, waren die folgenden Favoriten des Königs immer nur enge Freunde: Toiras, Barradat, Saint-Simon, und nun also Cinq-Mars, der unleidlichste von allen.«
»Findet Ihr?«
»Sagt doch selbst: Vom König zum Großrittmeister ernannt, läßt Cinq-Mars in seiner Begeisterung über die Beförderung sich nur noch Monsieur Le Grand anreden und wähnt sich zu Großem bestimmt. Und welch ein Jammer, nun mit ansehen zu müssen, wie der König an ihm hängt und wie der Günstling sich erfrecht, ihm launisch bis zur größten Unverschämtheit zu begegnen.«
»Gott im Himmel! Unverschämt gegen Seine Majestät!«
»Und das mehrfach! Zwei, drei Beispiele mögen genügen. Der König tadelt seine Faulheit, Cinq-Mars erwidert, daran könne er nichts ändern. Der König droht, ihn zu entlassen, und er erklärt, damit täte der König ihm nur einen Gefallen, er komme ohne das alles aus, er könne ebenso gut Cinq-Mars sein wie Monsieur Le Grand. Hierauf verabschiedet ihn der König. Am Tag darauf läßt Cinq-Mars anfragen, ob er wiederkommen solle. Und der König sagt ja.«
»Sagt ja?« rief ich. »Nach so vielen Unverfrorenheiten?«
»Kaum aber hat er zugesagt, läßt Cinq-Mars ihm bestellen, er könne nicht kommen, er sei plötzlich erkrankt.«
»Gütiger Gott! Was für eine unglaubliche Koketterie von seiten dieses kleinen Gockels! Spielt mit dem König wie die Katze mit der Maus.«
»In dem Fall würde ich eher sagen, daß die Maus mit der Katze spielt.«
»Arme Katze! Aber wirft dieser Streit nicht ein ganz neues Licht auf den König? Ludwig der Gerechte! Ludwig der Gestrenge und Unerbittliche – vor diesem Grünschnabel ist er auf einmal ein Mensch mit allen Schwächen! Mein lieber Fogacer, darf ich Euch eine delikate Frage stellen?«
»Laßt sein, ich kenne sie, und hier ist meine Antwort: Bei der harten und demütigenden Mutter, die Ludwig hatte, konnte er sich vom
gentil sesso
niemals angezogen fühlen, weil es in seinem Fall das
cattivo sesso
1 war, und es ist ganz natürlich, daß er Trost in männlichen Freundschaften suchte. Ebenso verständlich sind demnach die Schwierigkeiten, die er mit der Königin hatte und die sie ihm nicht gerade überwinden half, indem sie gegen ihn komplottierte und ihn auf verschiedenerlei Art verriet.«
»Das heißt, Ihr, mein lieber Fogacer, glaubt die giftigen Unterstellungen nicht, die am Hof über ihn verbreitet werden.«
»Ganz und gar nicht. Offen gestanden, kann ich in Ludwigs Zuneigung zu seinen Favoriten nicht die geringste Spur von Schwulheit erkennen.
Crede mihi experto Fogacero.
« 2
***
Unsere Reiter ließen schon ihre Pferde frisch beschlagen und putzten Säbel und Piken, da wurde der Krieg gegen Lothringen abgeblasen, Herzog Karl hatte sich besonnen und wollte verhandeln. Woran er gut tat, nachdem der König von Frankreich ihm schon genug Städte genommen hatte, um ihn für die Unterstützung zu strafen, die er Gaston bei seinen verschiedenen Rebellionen geleistet hatte. Man muß aber auch zugeben, daß Herzog Karl, der ja
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