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Der König von Berlin (German Edition)

Der König von Berlin (German Edition)

Titel: Der König von Berlin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Evers
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wird man zum Helden. Wir würden hervorragende Bilder bekommen, gerade jetzt, unmittelbar vor der Wahl … und wer weiß, wie Ihr Weg danach weitergehen würde.»
    Koppelbergs Augen leuchteten. Bilder stiegen in ihm auf: Er sah sich, wie er im hohen Alter nach einer seiner begehrten Reden mit minutenlangem Beifall bedacht wurde. Er sah Bücher mit seinem Konterfei in den Auslagen, viele Bücher, und vor allem sah er, wie er im Speisewagen der Bahn oder sogar in einer Loge der Deutschen Oper rauchte, und keiner wagte, auch nur ein Wort zu sagen. Das wäre das Allergrößte. Koppelberg lächelte, und Jessica Mierwald wusste um seine Zustimmung.

E s war ein sehr großes Haus, irgendwo in der Grauzone zwischen Fabrikantenvilla und Landschloss. Der übellaunige, furchteinflößende Pförtner hatte lange telefoniert. Mehrere Nummern hatte er gewählt, bis Lanner endlich auf das gewaltige Anwesen fahren durfte. An der ausladenden Außentreppe wartete schon eine junge, stolze, atemberaubend gut aussehende Dame im schwarzen Anzug. Ihre langen Beine endeten überraschenderweise in flachen, schwarzen Sportschuhen, und ihre schwarzen Haare trug sie zum Pferdeschwanz gebunden. Ohne ein einziges Wort führte sie Lanner durch das hohe Foyer und einen langen Flur in ein saalartiges, edles Büro.
    Lanner bemerkte sofort: Dies war kein echtes Büro. Hier wurde nicht gearbeitet, hier wurde empfangen. Ein Repräsentationsbüro. Kein Papier, nicht einmal ein Computer waren auf dem grotesk überdimensionierten, von begabten Holzschnitzern früherer Jahrhunderte verschnörkelten Schreibtischtrumm zu finden. Stattdessen einige unbrauchbare, klobige Schreibutensilien aus massivem Metall oder Holz, Briefbeschwerer, Brieföffner, Locher, Füllfederhalter oder Stiftesilos, auch dies alles alt, reich verziert und vermutlich absurd teuer. Niemand würde an solch einem Schreibtisch arbeiten können oder wollen.
    Der restliche Raum sollte ebenso beeindrucken. Vasen, Skulpturen, schwere, lederne Sitzmöbel, viel dunkles Holz. Und etliche Modelle von Berliner Bauwerken, mal geschnitzt, mal aus Metall, wie das Potsdamer-Platz-Ensemble. Den Höhepunkt bildete ein Gebäude, das Lanner nicht gleich erkannte. Als es ihm dämmerte, war er erschüttert. Wer es einmal gesehen hatte, vergaß es nie wieder: den Steglitzer Bierpinsel. Ein futuristisches Ungetüm, ein Turm mit Wasserkopf. Nachgebildet allerdings aus purem Gold. Lanner überlegte, ob etwas nur durch seine schiere Hässlichkeit einen Menschen zum Weinen bringen konnte. Da betrat Herbert Maschmann den Raum.
    «Sie wollten mich sprechen?» Er marschierte schnurstracks auf Lanner zu und streckte ihm die Hand hin. «Maschmann, Herbert Maschmann. Aber das wissen Sie ja. Alte Angewohnheit. Kann ich mir nicht abgewöhnen. Diese Vorstellerei. Obwohl mich ja sowieso jeder kennt. Stell mich trotzdem immer vor. So ist das. Nehmen Sie Platz. Suchen Sie sich einen Stuhl aus. Sind alle schön.»
    «Danke.» Lanner ging auf einen der schweren Lehnstühle zu, doch ehe er sich setzen konnte, sprang die junge Frau, die die ganze Zeit stumm gewartet hatte, lautlos herbei, hob das schwere Möbel hoch und trug es mühelos vor den Schreibtisch.
    «Bitte.» Maschmann wies Lanner zum Stuhl. «Möchten Sie was trinken?»
    «Nein danke.»
    Maschmann gab der jungen Frau ein Handzeichen, auf das hin sie den Raum verließ, und just, als sie hinaustrat, kam Dr. Kersting herein. «Ach, der Herr Lanner, das ist ja mal eine Überraschung.» Die Tür schloss sich, Kersting nahm in der Ledergarnitur am anderen Ende des Büros Platz.
    «Sie kennen sich ja bereits», sagte Maschmann. «Ich dachte, wenn ich mit der Polizei spreche, ist es vielleicht besser, meinen Anwalt dabeizuhaben.» Er lachte dröhnend, als wollte er mit diesem wunderbaren Witz ausdrücken, wie naiv die Vorstellung wäre, die Polizei könnte ihm überhaupt irgendetwas anhaben, ob mit oder ohne Anwalt. Er setzte sich hinter den Schreibtisch, sodass Lanner ihn nun genau vor sich und Kersting im Rücken hatte. Eine denkbar unangenehme, vermutlich so geplante Gesprächssituation.
    «Was führt Sie hierher, Herr Lanner?» Maschmann lehnte sich zurück, stützte die Ellbogen auf die Lehne und rieb sich die Hände. Sie waren riesig und behaart. Sie wirkten wie anoperiert an den großen, schlanken Körper des Bauunternehmers. Man sah ihm an, dass er sich trotz seines fortgeschrittenen Alters fit hielt, bestimmt mit einem Personal Trainer. Lanner fiel die Vitrine mit

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