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Der König von Berlin (German Edition)

Der König von Berlin (German Edition)

Titel: Der König von Berlin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Evers
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jetzt ein Hollywoodfilm, dann würde irgendjemand bei der Evakuierung übersehen, Bruce Willis und ein paar Kinder oder ein paar sehr gut aussehende Teenager. Die würden dann mit den Ratten eingeschlossen und einen aussichtslosen Kampf kämpfen, den sie am Ende doch irgendwie gewinnen. Also zumindest zwei von ihnen, die Guten, Bruce Willis und eine schöne Frau. Und die Kinder natürlich.»
    Toni lächelte. «Ja, genau, wäre das hier Hollywood, dann liefe das so. Aber es ist nicht Hollywood, sondern Berlin. Kein ausgedachter Quatsch, sondern Realität. Das Leben, wie es wirklich ist, wo niemand im Einkaufszentrum vergessen wird, bevor zahllose Ratten es überfluten. Das wahre Leben ist eben nicht so abstrus und spektakulär, wie Hollywood immer tut.»
    Das, fand Georg, hätte er nicht treffender formulieren können.

M an hatte ihn auf eine Liege geschnallt. An den Handgelenken und Knöcheln. Immerhin hatten sie ihm den noch nach seinem eigenen Angstschweiß riechenden Beutel aus der letzten Nacht wieder abgenommen. Zunächst verschwommen, dann mit allmählich klarer werdendem Blick nahm er das Zimmer wahr. Er sah die weiße Decke, dann, so weit er den Kopf drehen konnte, die Wände. Es war gefliest, wie ein Badezimmer oder Waschraum. Die Geräusche und Stimmen, die er hörte, klangen dumpf. Vielleicht lag das aber auch an seinen Ohren. Womöglich kehrten auch die erst allmählich aus der Bewusstlosigkeit zurück.
    Er erkannte die Stimme von Dr. Kersting. Hörte, wie er Anweisungen gab. Befahl, im Büro aufzuräumen, alle Spuren zu beseitigen. Nichts dürfe auf den Kampf oder auch nur den Besuch des Hauptkommissars hindeuten. Fehler wären unverzeihlich. Falls die Polizei auftauchen und nach dem Kollegen suchen würde, dürfe die nichts, aber auch gar nichts finden.
    Lanner rechnete nicht damit, von jemandem gesucht zu werden. Und wenn es die langbeinigen Amazonen waren, denen Kersting da gerade Anweisungen gab, dann konnte er auch auf keinen rettenden Fehler hoffen. Die vier waren das professionellste Vollstreckerkommando, dem er je begegnet war. Wobei er sich eingestehen musste, so wahnsinnig viele Kommandos hatte er noch nicht erlebt. Eigentlich nur das vom Geflügelbaron Dierksen. Die waren deutlich unattraktiver, tumber, aber auch brutaler gewesen. Dafür wusste man bei denen gleich, woran man war. Nämlich am Arsch. Bei diesen vier Damen lag noch eine zusätzliche Enttäuschung darin, dass man von denen ja gerne gemocht worden wäre, also eigentlich, irgendwie. Wäre er doch bloß bei der Hühnerkriminalität geblieben, die war unkomplizierter.
    Er hörte eine Tür, dann Schritte und schließlich Dr. Kerstings Stimme: «O wie schön, der Herr Lanner ist ja wieder munter. Das freut mich für Sie, dann muss ich Ihnen kein kaltes Wasser ins Gesicht schütten.» Er lachte.
    Ein ziemlich unsympathisches Lachen, fand Lanner, auch wenn er sich kaum vorstellen konnte, wie der Anwalt überhaupt auf eine für ihn sympathische Art hätte lachen können. «Was wird das hier, Kersting? Werden Sie jetzt auch noch irgendwelche kranken Experimente mit mir veranstalten?»
    Das Lächeln des Anwalts, nun direkt über ihm, war auch nicht anheimelnder. «Ach, wissen Sie, Herr Lanner, jeder hat doch so seine kleinen, verrückten Leidenschaften, seine knuffigen Spleens. Ich sammle eben die Augäpfel meiner Opfer. Aber es gelten nur die, die ich bei lebendigem Leib rausgeschnitten habe. Wollen Sie mal meine schönsten Exemplare sehen?»
    Der Hauptkommissar stöhnte. «Was soll dieser Quatsch? Wollen Sie sich damit interessant machen? Ihre Geschichte diabolischer erscheinen lassen, als sie ist? Durch irgendeine absurd eklige Brutalität?»
    Kersting zog die Augenbraue hoch: «Respekt. Ich hätte gedacht, Sie würden sich zumindest ein klein bisschen erschrecken.»
    Lanner grunzte. «Ach, ich bin diese schwachsinnigen, grausamen Gewaltphantasien aus albernen Perversenkrimis leid. Die wollen besonders hart und realistisch sein und sind am echten Polizeialltag so nah dran wie Hertha BSC am Cup der Champions League. Wissen Sie, wie selten Serientäter sind? Obwohl, demnächst wird die sinnlos-abartige Brutalität wegen der ganzen dummen Vorbilder in Medien und Internet vielleicht doch zunehmen.»
    Kersting raschelte indes mit Plastikplanen herum. «Für jemanden, der schon so gut wie tot ist, machen Sie sich aber noch viele Gedanken über das Wohl der Menschheit.»
    Lanner versuchte, sich umzusehen. «Was ist das für ein Raum

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