Der König von Berlin (German Edition)
Höflichkeitsgeplänkel zu verzichten und die Katze aus dem Sack zu lassen: «Wir könnten aber mehr miteinander zu tun haben, und wahrscheinlich hätten wir auch viele Vorteile davon.»
Der Überraschungsangriff war gelungen. Georg versuchte nicht einmal, sein Interesse zu verbergen. «Was für Vorteile?»
«Für dich Geld, eine interessante Aufgabe und Ruhm. Für mich Anerkennung und eine erhebliche Verbesserung meines Arbeitsalltags.»
«Läuft es darauf hinaus, dass ich für dich arbeiten soll?»
«Allerdings, als verdeckter Ermittler sozusagen.»
Georg versuchte, ruhig und gelassen zu wirken, aber die Begeisterung funkelte schon längst in seinen Augen. «Worum geht’s genau?»
«Um deinen Job bei der Kammerjägerfirma Machallik. Du weißt vermutlich, woran der alte Machallik gestorben ist?»
«Ja klar, hat sich selbst versehentlich mit einem eigens für die Firma neu entwickelten Rattengift vergiftet. Im Anschluss an einen Empfang, wo er das Mittel vorgestellt hat oder vorstellen wollte. Tragische Geschichte, ein Missverständnis, ein Unfall wohl.»
Lanner gönnte sich ein ironisches Grinsen. «Ein Versehen, ganz genau. Das zumindest ist die offizielle Version.»
«Gibt es denn auch eine inoffizielle?»
«Für mich schon. Machallik war mein erster Fall hier. Ich habe nie an ein Versehen geglaubt. Bis heute nicht.»
«Du meinst, er wurde absichtlich vergiftet?»
«Also, die Vorstellung, er habe irrtümlich sein eigenes Gift geschluckt, ist meines Erachtens blanker Unsinn. Aber was noch irritierender war: Nachdem ich drei Tage ermittelt hatte, nicht mehr, nur die drei Tage, wurde ich plötzlich zum Polizeipräsidenten bestellt. Der sagte, dass der Fall die Boulevardpresse und die ganze Stadt verrückt mache und deshalb abzuschließen sei; man müsse sich endlich wieder auf die richtigen Verbrechen konzentrieren. So eine Situation gerate in einer Stadt wie Berlin nämlich schnell außer Kontrolle. Da wären Entscheidungen und Ergebnisse gefragt. Es sei eben ein tragisches Unglück gewesen, und daher solle auf das Ganze unverzüglich ein Deckel drauf.»
Georg machte große Augen. «Hast du dich denn nicht geweigert?»
«Hätte ich das getan, wäre meine Laufbahn als Kommissar in Berlin schon wieder beendet gewesen. Vielleicht nicht sofort, aber du kannst mir glauben, man hätte dafür gesorgt, dass ich hier kein Bein mehr auf den Boden kriege.»
«Ich dachte, die versauen dir jetzt trotzdem dein Leben.»
«Das ist vergleichsweise Pipifax und wird sofort aufhören, wenn ich einen richtig großen Fall löse. Als ich in Cloppenburg praktisch im Alleingang, als niemand an mich glauben wollte, Hühnerbaron Dierksen überführt habe, hat das alles verändert, daraus wurde letztlich mein Ticket nach Berlin. Diesem Fall verdanke ich die Beförderung zum Hauptkommissar. Verstehst du? Ich brauche hier nur den einen großen Fall. Wenn ich zum Beispiel beweisen könnte, dass Machallik doch ermordet wurde, und am besten auch gleich den Mörder liefere, dann kann mir keiner mehr was. Das Problem ist nur: Ich darf in diesem Fall nicht mehr ermitteln, der Polizeipräsident hat es mir ausdrücklich verboten. Was immer ich noch unternehme, es ist reine Privatsache. Ich kriege da nichts mehr. Selbst den Obduktionsbericht konnte ich nur durch ein Dienstvergehen, also heimlich, noch mal einsehen.»
Bei dem Gedanken, für Carsten Lanner zu arbeiten, fühlte sich Georg alles andere als wohl. Andererseits konnte er es sich nicht leisten, wählerisch zu sein. Eine solche Möglichkeit, zu Geld wie auch zu aufregenden Erlebnissen zu kommen, würde sich wahrscheinlich nicht so schnell wieder bieten. Während er zum Herd ging, um die mittlerweile verkochten Nudeln abzugießen, fragte er: «Und was genau wäre jetzt mein Part bei der ‹Carsten-Lanner-wird-zum-großen-Helden-von-Berlin-Geschichte›?»
Lanner überhörte mit etwas Mühe die Spitze. «Na, du sitzt doch mittendrin in der Firma. Ich garantiere dir, da liegt irgendwo der Schlüssel zu diesem Fall. Die alte Sekretärin zum Beispiel, die Erwin Machallik verehrt hat, glaubt auch nicht an einen Unfall, wollte mir aber aus irgendeinem Grund nicht alles sagen, was sie weiß oder vermutet. Vielleicht würde sie mit dir oder Frau Adler reden. Die beiden sind doch befreundet. Und was ist mit den Söhnen? Traust du denen? Warum diese Rattenplage nach dem Tod vom alten Machallik, gibt es da irgendein Geheimnis, irgendein Rätsel? Wer außer den Söhnen profitiert noch von
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