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Der König von Berlin (German Edition)

Der König von Berlin (German Edition)

Titel: Der König von Berlin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Evers
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Eindruck machen wollte, wäre er besser sitzen geblieben. Das fiel Koppelberg jetzt wohl selbst auf, aber es war zu spät. Also versuchte er, die fehlende Körpergröße durch Lautstärke wettzumachen: «Hören Sie, Karhan, ich verlange von Ihnen, jeden Ratten-Tsunami zu verhindern! Es ist mir völlig egal, wie, aber verhindern Sie es! Oder zögern Sie es zumindest raus bis nach der Wahl. Das ist eine Anweisung, der Sie Folge leisten werden. Haben Sie verstanden?»
    Toni war der Schweiß mittlerweile in die Ohren gelaufen. Er hatte Sauna noch nie leiden können. «Dann ich brauche Zugang zum Bunker. Machallik-Bunker. Dort vielleicht ist Lösung.»
    «Vielleicht?»
    «Vielleicht. Ist gut.»
    Der Polizeipräsident mischte sich wieder ein. «Unsere besten Spezialisten kümmern sich schon …»
    «Reicht nicht.» Toni staunte über sich selbst. Er war dem Polizeipräsidenten über den Mund gefahren. Der Schweiß in Ohren, Augen und Poritze machte ihn spürbar aggressiv. «Brauchen allerbeste Spezialist aus Moabit.»
    Jetzt sprang Kersting auf: «Sie meinen doch wohl nicht etwa Otto, den weichen Keks?»
    «Genau.»
    Der Mann neben dem Innensenator, den Toni nicht kannte, verdrehte die Augen. «Wer ist das denn jetzt schon wieder?» Ein Gedanke, der Toni eben auch bei diesem Mann gekommen war.
    «Der wahnsinnige Otto Stark», sagte der Polizeipräsident, «genannt der weiche Keks, weil bei seinen Überfällen immer Kekskrümel zurückblieben. Kein Safe, kein Schloss, keine Box, die der nicht geknackt hätte. Und auch keine Zelle, die ihn, den Ausbrecherkönig, hätte halten können. Hat uns schon ganz schön beschäftigt, der Mann. Wir haben für ihn in Moabit extra eine neue, allerhöchste Stufe der Sicherungsverwahrung erfunden.» Er drehte sich zur Seite. «Sagen Sie mal, Kersting, Sie haben ihn doch zuletzt verteidigt. Hat er nicht nach dem Urteil gesagt, Sie hätten ihn gelinkt, und wenn er wieder rauskäme, würde er Sie totschlagen?»
    Dr. Kersting grinste. «Einsperren wollte er mich. Das hat er gesagt. Wenn er rauskomme, würde er mich einsperren und nie wieder rauslassen.» Er lachte knatternd. «Na, dann werde ich ihn jetzt mal rausholen. Wird bestimmt ein ganz schöner Papierkrieg, den zum Bunker zu kriegen.»
    Breissing nickte. «Worauf Sie sich verlassen können. Ich werde zumindest für die Aktion keinerlei Verantwortung übernommen haben. Sie werden mir den weichen Keks schön in dreifacher Ausfertigung quittieren.» Die nackten Männer begannen munter zu feilschen, was in wessen Verantwortung fallen würde und wer welche Gefallen für welche Unterschrift verlangen könnte.
    Toni, dem der Schweiß unerträglich in den Augen brannte, spürte, wie sein Kreislauf auf Stand-by schaltete. Langsam ließ er sich gegen die Tür fallen, öffnete sie und verabschiedete sich mit einem konsequenten: «Ist egal.»

E r hatte einen Raubzug verpasst. Zum ersten Mal seit über drei Jahren hatte er einen Raubzug schlicht vergessen. Sie spotteten bereits über ihn. Gut, einige machten sich auch Sorgen, aber viele spotteten. Er würde sie alle vernichten. Es hatte keinen Sinn, mit unnötiger Nachsicht Zeit zu vergeuden. Bald schon würde er sich darum kümmern, aber zunächst musste er die Ratten finden. Millionen von Ratten konnten nicht einfach so verschwinden. Sie würden bald wieder auftauchen, gewaltiger als zuvor. Es würde die ganze Nacht dauern und den Tag wahrscheinlich auch. Vermutlich würde er zum ersten Mal seit langer Zeit wieder einen ganzen Tag durchmachen müssen. Er wurde älter. Einen Tag durchzumachen fiel ihm nicht mehr so leicht wie früher. Da hatte er mehrere Tage am Stück durchmachen können, und es hatte ihm nichts ausgemacht. Aber jetzt?
    Doch es half nichts. Der Krieg hatte begonnen, und wenn es eines gab, was er in den letzten Jahren gelernt hatte und aus dem Effeff beherrschte, dann war das, Krieg zu führen. Er war Ratmaster Big, und wer ihn nicht fürchtete, der kannte ihn nicht.
    Also außer ihr. Sie kannte ihn natürlich und meckerte trotzdem. Das war das Schlimmste. Wenn er den Tag würde durchmachen müssen, hätten sie viel mehr gemeinsame Wachzeit, die sie mit ausgiebigem Meckern füllen konnte und sicher auch würde. Aber das ließ sich nicht ändern. Jede Apokalypse hat auch eine nervige Seite.

I ch denke, wir haben ein bisschen was zu besprechen.» Der Wirt wirkte überhaupt nicht böse oder bedrohlich, eigentlich nicht mal angespannt, als er von der verschlossenen Tür auf Carola

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