Der König Von Korsika
duftenden Essenzen und Ölen eingerieben wurde, der Barbier ihn mit sauber kratzenden Strichen rasierte und danach seinen Schnurrbart färbte, brannte und drechselte. Das Tagesthema, zu dem die ihn bestrahlenden Gestirne sich zusammenfanden und das ihm sein königlicher Astrologe stellte und jetzt auch noch die Eröffnung, daß Genua ihn ausspionieren ließ.
Einige Tage darauf schlug er, mitleidig angerührt von Angelinas Bekenntnis, sie könne nicht lesen noch schreiben, und noch immer in einer übermütigen, allerdings auch, wie sich zeigen sollte, naiven Laune, seiner Geliebten vor, ihren nächsten Bericht gemeinsam schriftlich zu verfassen.
»Dem Dogen und Senat von Genua seinen Gruß entbietend«, lud Theodor Ironie und Sarkasmus schaufelweise in sein Schreiben. Angelina stand, über seine Schultern gebeugt, hinter ihm, ihre warmen Brüste ruhten auf seinem Nacken, und die Zunge in seinem Ohr spielerisch bewegend, ließ sie sich vorlesen, was er zu Papier brachte, und kicherte dazu. »Sagen Sie mir doch im Namen Gottes, woher Sie die Würde eines Monarchen und den Fürstentitel gewonnen haben, da Ihre Republik vordem nichts anderes gewesen ist als eine Zunft gewinnsüchtiger Piraten.«
Und dann paß auf, jetzt zum Schluß: »Noch muß ich Sie um eine Gefälligkeit ersuchen, nämlich wenigstens dafür zu sorgen, daß sich in den zwischen meinen und Ihren Truppen etwa vorfallenden Gefechten doch jemand von Ihren Landsleuten blicken lassen möge, der das Kommando über sie führe. Ich fürchte nur, dieselben haben mit ihren Wuchergeschäften soviel zu schaffen, daß für den Geist der Tapferkeit bei ihnen nicht mehr viel Raum ist.«
Und dergleichen mehr, wobei Theodor und Angelina sich auf abwechslungsreiche Weise amüsierten, bis der Brief schließlich kuvertiert war und von der Doppelagentin ihrem Kontaktmann überbracht werden konnte.
Daß der Empfänger sich über dieses Schreiben weniger amüsieren würde, war vorauszusehen, ebenso, wie es eigentlich hätte klar sein müssen, daß man, war sein Verfasser allenfalls nicht zu greifen, sich desto sicherer am Überbringer der Unverschämtheiten rächen würde.
Mitte September brachte man Theodor Nachricht, Angelina sei mit durchschnittener Kehle in einer Gasse von Sartè aufgefunden worden. Theodor gab sein persönliches Geld für ein würdiges katholisches Begräbnis, an dem er allerdings selbst nicht teilnahm. Der Arzt, der den Tod festgestellt hatte, vertraute ihm an, die Ermordete sei in Hoffnung gewesen. Mit einigem Recht durfte Theodor annehmen, der Vater des ungeborenen Kindes gewesen zu sein.
Das Ende des bedauernswerten Mädchens nahm sich um so seltsamer aus, als am Tag darauf Theodors Neffe, Friedrich von Trévoux, auf der Insel eintraf.
Ich habe alles gehabt, dachte der König traurig, aber nie, wie andere, glücklichere Menschen, zur gleichen Zeit.
Man hätte meinen können, es sei Theodors selbstgefällige Champagnerlaune gewesen, die ihn am Morgen von Angelinas Geständnis so weich und versöhnlich stimmte, vor der Diät Casacollis Begnadigung zu fordern. Dabei befähigte seine aufgeräumte Stimmung ihn vielmehr, die Situation hellsichtig einzuschätzen und zu beschreiben. Höchstens hinderte sie ihn daran, so scharf, drohend und einschüchternd zu sprechen, daß die versammelten Patrizier, die anstelle des von Theodor eingesetzten, aber noch nicht zusammengetretenen Gerichtshofs unglücklicherweise auch die Jurisdiktion innehatten, sich seinen Argumenten unterwarfen.
Casacolli entstammte einer noblen Familie aus Furiani und hatte zu den Vierundzwanzig gehört, bis vor kurzem seine geheime Korrespondenz mit dem genuesischen Kommissar in Bastia aufgedeckt worden und er nun wegen Hochverrats angeklagt war.
Theodor hatte ein-, zweimal mit dem stolzen und klugen Mann gesprochen, dessen persönliches Schicksal ihm herzlich gleichgültig war. Aber er wußte genau, daß der Clan Casacolli Schwierigkeiten bereiten würde, verurteilte man sein Oberhaupt, ob zu Recht oder nicht, spielte keine Rolle. Schwierigkeiten, die in Theodors prekärem Befreiungs- und Einigungswerk, das ohnehin schon von genügend Imponderabilien abhing, bestimmt nicht notwendig waren, um so weniger jetzt, da es gegen Bastia ging.
Doch in der aufgewühlten, zornigen und nicht ganz uneigennützig rechtenden Diät erwies es sich rasch als illusorisch, mit Strategie und dem höheren Gut der Befreiung Korsikas gegen das kleinere Übel eines Briefwechsels
zu argumentieren, der
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