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Der König Von Korsika

Titel: Der König Von Korsika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kleeberg
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improvisierten Königsproklamation von Alisgiani und ein angemessenerer Rahmen als das ärmliche Bischofspalais von Cervioni, um sich, den vergoldeten Lorbeerkranz auf dem Haupt und in ein bodenlanges azurblaues Cape gehüllt, als Großmeister des Ordens zu präsentieren, den Premierminister Giafferi und den kommandierenden General zu Rittern und weitere fünfzig an- und abwesende verdienstvolle Korsen und Ausländer (gegen Bezahlung) zu Satrapen zu ernennen.
    Die Medaille, die die Zugehörigkeit zum Orden der Erlösung symbolisierte, stammte von dem Künstler, der auch schon Theodors Münzen entworfen hatte. Der König trug sie an einem handbreiten Kordon, die Ritter und Satrapen an jeweils schmaleren Bändern. Sie bestand aus einem grünen, emaillierten und von zwei gegeneinander versetzten Sternen eingefaßten Medaillon, einem großen siebenstrahligen in Gold und einem kleineren in Sable . Das Medaillon zeigte die nackte, die Scham von einem Gürtel mit Eichblatt verhüllt, Justitia, in der rechten Hand ein Schwert, in der linken eine Waage haltend. Sie stand, das rechte Bein angewinkelt und den Fuß auf einem Berg abstützend, auf einem stark stilisierten Korsika. Unter ihrem Schwert schwebte ein Reichsapfel, unter der Waage ein maurerisches Dreieck, das den Buchstaben T einfaßte. Die Strahlen des schwarzen Sterns enthielten jeder Theodors Familienwappen, den fliegenden Vogel und die Buchstaben ULIP.
    Als Theodor bekanntgab, daß auch der Herzog von Sachsen-Weimar, der Graf Drost, der Graf von Nassau-Weilburg,
der Vicomte de Trévoux, sowie die Earls Montague und Hamilton darum gebeten hatten, in die Bruderschaft aufgenommen zu werden, war der Stolz groß und die Korsen so hochgestimmt, wie es nur möglich ist, wenn man sich selbst feiert.
    Kurz vor diesem Tag oder kurz darauf erfuhr Theodor von Giafferi, daß Orticoni eine dritte Partei um sich geschart habe, die sowohl die Genueser als auch den König loswerden wolle. Die Geldmittel wurden knapp, der Herbst kam, die Zeit hatte die Zeit eingeholt.
    Theodor wollte nichts davon wissen. Es lebte und regierte sich gut in Sartè, auch war sein Neffe Friedrich nun bei ihm, ein schneidiger französischer Soldat, und in seinem Gefolge fünfzig pfälzische Söldner, die in die Garde des Königs eingegliedert und bezahlt werden wollten.
    Friedrich war ein fremder junger Mann, galant, gebildet, ernster als Theodor in seinem Alter, die Trauer um seine Mutter adelte seine unfertigen Züge. Theodor schloß ihn in die Arme wie einen Sohn und ließ sich in aller Ausführlichkeit die letzten Jahre Amélies erzählen, die er nicht miterlebt hatte. Darüber verging der Oktober.
    Am ersten November informierte Giafferi ihn darüber, daß Orticoni ein Mordkomplott gegen ihn geschmiedet habe, ein gedungener Mörder war in Theodors Vorzimmer abgefangen worden und hatte unter der Folter gestanden. Jetzt erst dachte der König daran, daß womöglich schon Angelina ein Opfer des intriganten Klerikers geworden war und nicht der Rachsucht der Republik. Giafferi hielt den Moment für gekommen, die unvermeidliche Reise auf den Kontinent anzutreten, so daß bei Theodors Rückkehr mit Orticoni und seinen Machenschaften aufgeräumt sei.
    Der König war einverstanden, ohne recht wahrhaben zu wollen, was das bedeutete. Er realisierte es auch am vierten November auf der Fahrt von Sartè nach Sulenzara noch nicht, auch noch nicht am sechsten in der kleinen Hafenstadt
selbst. Er freute sich auf den Kontinent, er freute sich darauf, zukünftigen Zuhörern die letzten Monate in reich ausgeschmückten Erzählungen präsentieren zu können, aber daß dies zugleich hieß, sein Königreich zu verlassen, wollte nicht in sein Bewußtsein dringen. Selbst noch nicht, als die kleine tartane am zehnten November in See stach und die Kaimauer hinter sich ließ. Erst als kein Sprung an Land mehr möglich, erst als auch ein Zurückschwimmen durchs unruhige Meer nicht mehr vorstellbar war, fiel der Schleier von Theodors Augen.
    Er stand im Heck und zog, um die Bewußtwerdung des Offenbaren weiter hinauszuzögern, das Poem aus der Tasche, das Overbeck, der auf der Insel geblieben war, ihm zum Abschied am Kai mit vielen Kratzfüßen überreicht hatte.
    Er versprach sich nichts weiter davon als Beschäftigung für die Augen. Es war zur Abwechslung ein Gedicht ohne Titel, ohne Reime, ohne Zeilenbruch, sehr erstaunlich, vielleicht hatte der Dichter ja eingesehen, zu alledem kein Talent zu haben. Theodor las:
    »Oft bin

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