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Der König Von Korsika

Titel: Der König Von Korsika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kleeberg
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Denn ihr stand es immerhin frei, ihn an der Mission zu hindern, die sein Auf-dieser-Welt-Sein rechtfertigte. Seine Angst war daher eine Respektsbezeugung vor der Autonomie der Zukunft, ein taktischer Kotau.
    Mit dem Rechtfertigen-Müssen seiner Existenz meinte er aber keineswegs sich selbst. Andersherum wurde ein Schuh daraus: Das Schicksal selbst, fand Theodor, war in der Schuld, den ihm entgegengebrachten Respekt mit einer gewissen geistigen Anstrengung, einem wohlwollenden Begutachten seines Falls und der Zuverfügungstellung einer schönen Lebensaufgabe zu danken.
    Was das für eine Aufgabe sein sollte, darüber allerdings wußte er nichts, der derzeitige Auftrag Schwedens konnte schwerlich damit gemeint sein, und mit einer gewissen Geringschätzung hatte Theodor den Geleitbrief Görtzens, der hierzulande das Papier nicht wert sein mochte, auf das er geschrieben war, auch einfach per Boten in den Palast schicken lassen.

    Nein, die Mission kannte er nicht, und ging er in sich, wollte er sie auch gar nicht kennen, bevor sie sich offenbarte. Genug zu wissen, es müsse sich um etwas Außergewöhnliches handeln, wozu er das Seine tat dadurch, daß er gar nicht erst anfing, mit einer die hohen Pläne, die das Schicksal für ihn ausheckte, beleidigenden banalen Aktivität seine Bereitschaft zu blockieren und seine Erwartung abzulenken.
    Was er benötigte, war lediglich Zeit, und seine Angst daher letztlich die, vom Tod um diese Zeit betrogen zu werden.
    Gegen den Tod aber, das wußte auch Theodor, ist kein Kraut gewachsen, und man braucht Glück, um nicht vor der Zeit von ihm aufgespürt zu werden.
    Der hinzugezogene Madrider Arzt tappte angesichts seiner Leiden im Dunkel und beschloß daher, ihn zur Ader zu lassen.
    Die Säfte, die ihm das Blut vergiften, sagte er, müssen herausgewaschen werden, zog die Lanzette und postierte die Schröpfköpfe auf dem Tisch.
    Noch zwei Wochen danach grübelte Theodor, mittlerweile an Bord eines holländischen Kauffahrers auf dem Weg durchs sonnenglitzernde Mittelmeer nach Genua, über sein Verhältnis zum Glück nach. Denn als der Arzt eben zur Tat schreiten wollte, wurde er vom unerwarteten, rettenden Eintreffen einer ledernen Börse mit zweihundert Pistolen unterbrochen.
    Ungläubig hielt Larbi die Goldmünzen in den Händen und näherte sich seinem im Fieber delirierenden Herrn. Der öffnete die Augen zu Schlitzen, ließ sich den Brief vorlesen, der von Kardinal – Kardinal also mittlerweile! – Alberoni persönlich unterzeichnet war und den schwedischen Gesandten zu einer Unterhaltung in die Descalzas Reales bat. Theodor ließ sich das Geld reichen, blickte kurz in die Börse, schob sie dann gleichmütig in die Schublade des Nachttisches und setzte sich im Bett auf.

    Meine Natur hat immer Ressourcen gehabt, erklärte er dem verblüfften Arzt. Ich brauche Sie nicht mehr.
    Am nächsten Tag suchte er einen Schneider auf und ließ sich auf Kosten des Kardinals eine neue Garderobe anfertigen. Am Abend tafelte er mit Larbi in einer Bodega. Zwei Tage darauf war die Ausstattung fertig, und er machte dem Premierminister seine Aufwartung, um sofort und ohne Umschweife in ein politisches Gespräch gezogen zu werden, in welchem Alberoni Theodor anhand mehrerer auf dem Ebenholztisch aufgerollter Land- und Seekarten mit verschiedenen Wenns seine Strategie erläuterte.
    Auf dem Papier sah alles machbar aus. Große Veränderungen stünden bevor. Das sage er, das sage die Farnese, ihr Astrologe habe es berechnet, und der neurasthenische König nicke immerhin dazu. Dann fiel der beringte Zeigefinger des Kardinals auf einen Punkt der Karte. Hier, genau an dieser Stelle, brauche er eine Festlandbasis in Italien. Wenn er einer Allianz mit den doch wohl den Ast ihrer ehemaligen Glorie hinabsteigenden Schweden offen gegenüberstehen solle, sei dies der Preis: ein Neutralitätsversprechen der Republik Venedig zum mindesten, noch besser eine Hilfestellung für die spanische Eroberungsflotte.
    Theodor brauchte nicht mehr zu hören, um so weniger, als Alberoni ein großzügigerer Auftraggeber war als Görtz. Und Italienisch sprach er ja. Also auf nach Venedig!
    Er war offenbar jemand, der Glück zu haben als seinem Wesen und Schicksal zugehörig ansah und ihm den Platz zumaß, den andere Menschen einem persönlichen Verdienst einräumen. Wieviel erregender war es, nonchalant sagen zu können: Ich habe eben Glück gehabt, als knirschen zu müssen: Ich habe alles dafür getan.
    Wer nun aber das Glück

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