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Der König Von Korsika

Titel: Der König Von Korsika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kleeberg
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zurückerobert. Das ist alles sehr einfach. Wir haben die Häfen, die Aufständischen gehen in die Berge, wo wir sie nicht kriegen. Verlassen wir die Häfen, kommen die Korsen von den Bergen herunter und versuchen von neuem, die Häfen einzunehmen. Kommen wir wieder zurück, gehen die Korsen hinauf in -
    Ich glaube, ich habe verstanden, sagte Theodor.
    Schon, aber es kommt noch eines hinzu. Wenn ich sage: die Korsen, wen meine ich da wohl?
    Ihre Rätselfragen brächten Gebildetere als mich ins Grübeln, General, aber ich nehme doch an: die Korsen -
    Falsch, Baron, völlig falsch! Ich meine ganz bestimmte Korsen, aber auch wiederum nicht immer dieselben.
    Ich fürchte, ich kann nicht ganz folgen.
    Was ich sagen will, ist, wenn es Genua seit hundert Jahren immer wieder gelingt, die verschiedenen Aufstände und das Rumoren niederzuhalten, dann liegt das daran, daß die Korsen eines noch mehr hassen als die Republik, und das ist der Gedanke, daß andere Korsen womöglich mehr Macht und mehr Wohlstand erringen könnten als sie selbst. Die Clanstreitigkeiten, die ewigen Machtkämpfe zwischen Patrizierfamilien, zwischen pieves , das sind die Ortschaften dort, sind der größte Alliierte Genuas. Wann immer irgendein Familienoberhaupt zum Befreiungskampf bläst, können Sie sicher sein, daß der Kapo einer anderen Familie die
Behörden davon in Kenntnis setzen und gegen ein anständiges Entgelt und das Versprechen, das Land des Verratenen überschrieben zu bekommen, ein Bündnis – auf Zeit, versteht sich – gegen die eigenen Landsleute eingehen wird.
    Aber dann ist doch alles in Ordnung, oder? fragte Theodor.
    Nicht so ganz, meinte der General und wischte sich mit einer groben Geste über den Mund. Wer soll das bezahlen? Weder der Senat noch die Banken können es sich leisten, eine Armee wie die meine zu unterhalten. Soll vielleicht Wien die Unkosten übernehmen? Die werden sich hüten! Wir rüsten gegen Fleury!
    Wenn ich es recht verstehe, ergänzte Theodor, befinden sich die Korsen auch noch im Steuerstreik. Also fehlt Genua sozusagen das Holz, um die Prügel zuzuschneiden, mit denen sie die Korsen dann züchtigen.
    Sozusagen, antwortete der General. Die meisten, die Geld haben, sitzen ohnehin auf dem Festland und verdingen sich dort. Zum Teil übrigens auch in Diensten der Republik, die sie wiederum bekämpfen, sobald sie nach Hause auf ihre Insel kommen... Um ein für allemal Ruhe zu schaffen dort, müßte ein stehendes Heer von zwanzigtausend Mann auf die Hafenstädte verteilt werden und dort Garnison nehmen bis zum St. Nimmerleinstag. Aber dafür fehlen die Mittel und, offengestanden, auch das Interesse.
    Und was ist, wenn ich fragen darf, General, Ihr persönlicher Eindruck von diesen Querelen?
    Persönlicher Eindruck? Ich bin Soldat! polterte Wachtendonk. Ich kämpfe für den, der mich beauftragt. Ich kämpfe heute gegen die Aufständischen, und wenn Wien mich morgen nach Genua schickt, dann kartätsche ich die Republik. Aber wenn Sie mich schon so fragen, Herr Baron: Es wäre mir lieber, gegen Genua Krieg zu führen. Das sind vernünftige Leute, da weiß man, woran man ist. Das sind Menschen wie wir!
    Derart informiert, machte sich Theodor auf die Reise –
zunächst nach Genua, sodann nach Livorno, wo die Vertreter der Indepen-dentisten saßen -, um der Reichsabordnung beim Kongreß von Corti, dem Prinzen von Württemberg und dem Prinzen von Kulmbach, seine Eindrücke und Vorschläge mitteilen zu können.
    Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er eine offizielle und öffentliche Funktion inne, mußte nicht inkognito reisen und agieren, sondern konnte sich überall unter seinem wahren Namen als Geschäftsträger Habsburgs empfangen lassen. Seine Absicht war, moderne Diplomatie zu treiben, so wie er es, voller Bewunderung für ihren klaren Kopf und ihre eindeutigen Interessen, die Engländer hatte tun sehen. Das Problem dabei war, erst einmal in Erfahrung zu bringen, welche Linie die eigene Seite eigentlich verfolgte. Und Theodor ahnte nur zu gut, daß er bei dieser Suche leicht würde enttäuscht werden können.
    Wien war dem genuesischen Hilferuf gefolgt und spielte jetzt in Corti auch den Schiedsrichter, um den Sturm zu besänftigen, den die eigene Windmacherei gesät hatte, regelte aber alles auf eine hektische Weise mit »ja, ja« und »gut, gut«, als wolle man diese Bürde schleunigst wieder loswerden. Es war nicht zu erkennen, daß hinter der Unterstützung irgendeine strategische Absicht lag, etwa das Ruder

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