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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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Tochter Alicia hätte wirklich die Gabe, in die Zukunft zu blicken, dann hätten wir hier in diesem Raum gegenüber dem Rest der Menschheit einen unbezahlbaren Vorteil: wir wüßten, daß es einen Schatz gibt, und wir wüßten, daß einer von uns, Gentlemen, diesen Schatz finden würde.«
    Am Tisch wurde es still, so still, daß Amherst dem Professor aus Cambridge einen strafenden Blick zuwarf, weil er beim Rauchen seiner Zigarre die Luft ausstieß wie eine Eisenbahnlokomotive. Doch hellte sich seine Miene wieder auf, als Painswick bemerkte: »Mylord, ich habe keinen Zweifel, daß Alicia diese Fähigkeit besitzt. Sie sollten sie ernst nehmen.«
    Da erhob sich Lord Amherst von seinem Platz. Als Großmeister des Freimaurerordens hatte er durchaus Sinn für bedeutungsschwere Zeremonien. Nun sprach er mit lauter Stimme: »Gentlemen, in Anbetracht der Bedeutung dieses Augenblicks darf ich Sie bitten, einen heiligen Eid zu leisten und niemandem unser Wissen weiterzugeben. Schwören Sie, Gentlemen.«
    Die Männer erhoben sich, und einer nach dem anderen sprach: »Ich schwöre.«
    Als Carter an die Reihe kam, bemerkte er, wie seine Hand, die er zum Schwur heben sollte, zitterte. Ob Amherst seine Aufregung bemerkte oder ob der Lord ihn einfach nicht für voll nahm, jedenfalls sagte Amherst, noch ehe Howard den Eid geleistet hatte: »Gentlemen, damit sind wir eine verschworene Gemeinschaft. Wir sollten eine Expedition ausrichten mit dem Ziel, den größten Schatz der Menschheit zu finden!«
    Selbst jene, die dem Gedanken bisher nur Mißtrauen entgegengebracht hatten, wurden von Amhersts Begeisterung angesteckt. Francis Allen, durch und durch Geschäftsmann, schlug vor, einen Fonds zu gründen, in den jeder nach Belieben einzahlen könne und im Erfolgsfall prozentual entschädigt werden solle. Das jedoch mißfiel den meisten Anwesenden. Insbesondere Griffith wetterte dagegen und meinte, Allen wolle mit diesem Vorschlag für sich persönlich die größten Vorteile herausholen, während jene, denen die eigentliche Arbeit zufiele, dabei auf der Strecke blieben.
    Noch heftigeren Streit entfachte die Frage, wer die Leitung der Expedition übernehmen solle. Flinders Petrie machte seine Teilnahme an dem Unternehmen von der Zusage abhängig, daß ihm die Leitung anvertraut werde. Schließlich bringe er genug Erfahrung mit. Francis Griffith weigerte sich, unter Petrie zu arbeiten. Dies sei ihm als anerkanntem Wissenschaftler nicht zuzumuten. Allen sprach beiden die Fähigkeit ab, eine Expedition zu leiten. Eine derartige Expedition müsse unter wirtschaftlichen Aspekten geleitet werden, und dafür sei er zuständig. Im übrigen verfüge nur er über die notwendigen Kontakte in Ägypten, ohne die ein solches Unternehmen nicht durchführbar sei. Darüber waren Griffith und Petrie gemeinsam empört.
    Nach kurzer Zeit stritten alle Anwesenden so heftig, daß Amherst Mühe hatte, die Parteien voneinander zu trennen. Gegen Mitternacht vertagte sich die Versammlung auf Mittwoch nach Ostern. Griffith machte seine Teilnahme jedoch von der Abwesenheit Petries abhängig, Allen versprach nur dann zu kommen, wenn zuerst die Finanzierungsfrage diskutiert würde, und Professor Painswick aus Cambridge wollte mit der Geschichte überhaupt nichts mehr zu tun haben.
    So endete der Abend höchst unerfreulich, und Carter, der das skurrile Geschehen mit Staunen und Neugierde verfolgt hatte, war der festen Überzeugung, die Pläne Lord Amhersts würden sich wie die Wirkung des Brandys verflüchtigen und schon am folgenden Tag kaum noch Gesprächsstoff bieten. Aber fixe Ideen haben nun einmal den Überlebenswillen von Kakerlaken, und so bat Seine Lordschaft am Morgen Percy Newberry und Howard Carter erneut in die Bibliothek zu einer Besprechung.
    Obwohl frische Frühlingsluft durch die geöffneten Fenster hereinströmte, hing noch immer der beißende Geruch von kaltem Zigarrenrauch in dem Raum, was Amherst zu der Bemerkung veranlaßte, Ihre Majestät, Queen Victoria, habe schon recht, wenn sie verkünde, Rauchen sei nur dazu gut, die Mücken zu vertreiben.
    Schließlich kam Amherst zur Sache: »Mr. Newberry, wie stehen Sie zu der Prophezeiung meiner Tochter Alicia?«
    Newberry grinste verlegen. »Wenn ich ehrlich sein soll, Sir…«
    »Seien Sie ehrlich, Newberry!«
    »Nun, ehrlich gesagt, kann ich mir nicht vorstellen, Alicia zu heiraten, Mylord. Nicht, daß wir eine besondere Abneigung gegeneinander entwickelt hätten; aber unsere Zuneigung hält sich doch

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