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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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in Grenzen.«
    Lord Amherst lachte vergnügt: »Mr. Newberry, meine Frage galt eigentlich der zweiten Prophezeiung, ich meine den Schatz, dessen Auffindung Alicia vorhergesagt hat!«
    Da bekam Newberry einen roten Kopf, und er stammelte eine Entschuldigung, er sei wohl noch nicht ganz wach heute morgen. Schließlich kam er auf Amhersts Frage zurück und antwortete: »Mylord, ich vermag die Wahrscheinlichkeit nicht zu beurteilen, daß einer der Anwesenden einen Jahrtausendschatz findet. Im Gegensatz zu Mr. Allen bin ich jedoch der Ansicht, daß in dem Land am Nil sehr wohl noch Schätze von ungeheurem Reichtum verborgen liegen. Das Land ist groß, größer als England, Schottland und Irland zusammen, aber alle bisherigen Ausgrabungen beschränken sich auf ein Gebiet so groß wie die Grafschaft Norfolk. Die Frage ist nur, wo soll man anfangen zu graben?«
    »Wo würden Sie beginnen?«
    Newberry blickte zur Decke. »Am besten dort, wo bisher am wenigsten gegraben wurde, in Mittelägypten.«
    »Hätten Sie Lust, das zu tun?«
    »Ich?« Newberry blickte ungläubig.
    »Warum nicht? Ich bin bereit, eine zweijährige Forschungsreise zu finanzieren. In dieser Zeit sollten Sie Vorarbeit leisten und Testgrabungen veranstalten für eine großangelegte Grabung unter meiner Leitung mit hundert oder mehr einheimischen Hilfskräften. Sie haben sicher von diesem Schliemann gehört, der im vergangenen Jahr elend umkam. Schliemann fand einen Schatz, an den niemand glaubte, an einem Ort, den es nicht gab, und zu einer Zeit, in der niemand mehr damit gerechnet hatte. Und heute reisen Menschen aus aller Welt nach Berlin, um diesen Schatz zu bewundern. Newberry, ich möchte auch so ein Schliemann werden. Was halten Sie von meinem Vorschlag?«
    Das unerwartete Angebot mache Newberry sprachlos. So etwas bekam man nicht alle Tage. Aber zwei Jahre im fernen Ägypten?
    Der Lord bemerkte, daß Newberry zögerte. Deshalb ergänzte er: »Mister Carter wird Sie als Assistent begleiten. Nicht wahr, Mr. Carter?«
    Howard erschrak. Er war so verwirrt, daß er Amhersts fragenden Blick mit einem Kopfnicken beantwortete.
    »Sie können sich dank William Gladstone in Ägypten wie zu Hause fühlen. Das Land ist nichts anderes als eine Kolonie der britischen Krone. Sie müssen sich nicht heute entscheiden, Mr. Newberry, aber Sie sollten sich auch nicht allzulange Zeit lassen mit Ihrer Entscheidung. Sagen wir, nächste Woche. Einverstanden?« Und an Howard gewandt: »Das gilt auch für Sie, Carter.«

K APITEL 12
     
     
     
    Lange war der Frühling im Breckland nicht mehr so zeitig gekommen, und nirgends zeigte er sich schöner als um Castle Acre herum. Die Luft war seidig und mild, und die Sonne zeichnete helle Flächen und lange dunkle Schatten in das alte Gemäuer.
    Seit sie sich hier zum ersten Mal begegnet waren, zog es Howard Carter und Sarah Jones immer wieder an diesen Ort, von dem man weit über das Land blicken konnte. Das hatte verschiedene Ursachen, aber zu den wichtigsten gehörte zweifellos die Tatsache, daß sie hier ungestört waren und daß man jeden, der sich Castle Acre näherte, schon von weitem sehen konnte.
    Auf einem Mauervorsprung, den viele Regen und Winterstürme glattgeschliffen hatten wie aneinandergereihte Brotlaibe, machten Sarah und Howard es sich bequem. Howard hockte an die Wand gelehnt mit angewinkelten, gespreizten Beinen, und Sarah benützte diese Haltung als eine Art Lehnstuhl, indem sie zwischen seinen Beinen saß und seine Knie als Armstütze benutzte.
    Die Nachmittagssonne verbreitete angenehme Wärme und Müdigkeit, und Sarah hielt das auch für den Grund, warum Howard, der für gewöhnlich nicht auf den Mund gefallen war, so sprachlos und träge erschien.
    »Erinnerst du dich an die ersten Flugversuche, dort unten?« Sarah streckte den Arm aus und zeigte nach Süden, wo sich der River Nar durch die Landschaft schlängelte, ein Rinnsal, so schmal, daß die Dorfjungen es dazu benutzten, sich im Weitsprung zu messen.
    »Natürlich«, antwortete Howard belustigt, »ich erinnere mich, als wäre es gestern gewesen. Dabei ist es eine Ewigkeit her!«
    »Eine Ewigkeit? Du bist verrückt, Howard. Seither ist noch nicht einmal ein Jahr vergangen!«
    »Schon, schon«, wandte Howard ein. »Ich meine nur, wenn man bedenkt, was seitdem passiert ist, könnte man meinen, es sei eine Ewigkeit.«
    Damit gab sich Sarah fürs erste zufrieden. Dann fuhr sie fort: »Als ich dich damals mit deinem Fluggerät auf mich zukommen sah, dachte

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