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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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nicht weniger bedrückt als Howard. Was sollte sie antworten? Zwei Jahre waren eine lange Zeit. Zeit genug, um das Feuer ihrer verbotenen Beziehung zu ersticken. Würde sie Howards Weggang verkraften? Sarah zweifelte. Nie hatte sie mehr Glück empfunden als in der Zeit, die sie mit Howard verbrachte. Und jetzt sollte damit auf einmal Schluß sein? Sie liebte diesen Jungen, mochte es tausendmal unvernünftig und einer Frau ihres Alters unangemessen sein.
    »Wann?« fragte sie, nur um etwas zu sagen. Schließlich war es unerheblich, ob sie sich in einer Woche oder einem Monat trennen müßten.
    »Amherst gibt mir eine Woche Bedenkzeit. Es soll bald losgehen. Aber ich tue es nicht!«
    »Du mußt es tun, Howard!« hörte Sarah sich plötzlich sagen. Dabei standen ihre Worte ganz im Widerspruch zu ihren Gefühlen. Trotzdem wiederholte sie: »Du mußt es tun! Ich glaube, wir würden uns beide ein Leben lang den Vorwurf machen, diese Gelegenheit nicht genutzt zu haben. Wolltest du nicht schon immer mehr sein als dein Vater und deine Brüder? Mehr als ein unbekannter Zeichner? Mehr als einer von vielen?«
    »Ja, aber muß es denn gleich sein? Und muß es unsere Liebe zerstören?«
    »Eine Gelegenheit wie diese bietet sich nur einmal. Sie nimmt keine Rücksicht auf die Umstände deines Lebens. Sie kommt, und du mußt sie ergreifen. Und was unsere Liebe betrifft, Howard, sie wird dauern oder vergehen, egal ob zehn Meilen zwischen uns liegen oder dreitausend. Erinnere dich, welche Bedenken du hattest, nach Didlington zu gehen. Und heute? Heute lachst du darüber. Habe ich recht?«
    »Ja. Nur, Didlington ist nicht Ägypten. Und der River Nar ist nicht der Nil.« Zornig rief er aus, daß es von den alten Mauern hallte: »Ich will nicht, so verstehen Sie doch, Miss Jones!«
    Sarah kletterte von dem Mauervorsprung herab. Unten angelangt, ging sie unsicher und mit verschränkten Armen auf und ab. Schließlich hielt sie inne und blickte zu Howard nach oben. »Ich würde stolz sein, einen weitgereisten Mann an meiner Seite zu haben, vielleicht sogar einen berühmten Forscher, über den die Zeitungen schreiben. Laß ein paar Jahre vergehen, dann bist du bald zwanzig und unser Verhältnis ist weniger anstößig als heute.«
    »Und in der Zwischenzeit?« rief Carter nach unten.
    Der Junge hatte recht. Auch Sarah konnte sich nicht vorstellen, ihre zarte Liebe für ein paar Jahre auf Eis zu legen. Dennoch beharrte sie unbeirrbar und selbstquälerisch auf ihrem Standpunkt. »Wir können uns schreiben, zweimal die Woche, vielleicht sogar jeden Tag. Ich werde dich besuchen, wenn du es willst. Wie lange ist ein Schiff nach Ägypten unterwegs?«
    Howard hob die Schultern. »Zehn Tage vielleicht. – Sie vergessen nur, Miss Jones, daß die Reise nicht nach Alexandria geht oder Kairo, sondern irgendwo in die Wüste, wo es nur Sand gibt und Felsengestein. Oft besteht nicht einmal eine Übernachtungsmöglichkeit. Ich glaube, Sie haben da eine falsche Vorstellung.«
    Sarah schwieg, und Howard ließ sich von der Mauer nach unten gleiten. Als sie sich gegenüberstanden, erkannte Howard die Trauer in ihren Augen, und er ahnte, daß sie gegen ihre Überzeugung gesprochen hatte. Dennoch oder gerade deshalb blieben ihre Worte nicht ohne Wirkung.
    Howard trat auf Sarah zu und schloß sie in die Arme. Er glaubte ihren Herzschlag zu spüren, während er sie schweigend an sich drückte. Wange an Wange blickten beide in entgegengesetzte Richtungen. Auf diese Weise gelang es beiden, ihre Tränen voreinander zu verbergen.
    »Das Leben ist eine Narretei«, sagte Sarah, »es geht nie gerade Wege, und wenn gar Liebe im Spiel ist, gleicht es einem Labyrinth mit Irrungen und Wirrungen, und niemand weiß, welches der richtige Weg ist.«
    Da wurde Howard heftig: »Es ist mir gleichgültig, ob der Weg richtig oder falsch ist. Ich gehe nicht nach Ägypten. Und wenn Amherst mich rauswirft, zeichne ich eben wieder Hunde und Katzen. Das ist ja keine Schande.«
    Sarah schob Howard von sich, damit sie ihm ins Gesicht sehen konnte, und mit tadelndem Unterton sagte sie: »Du bist störrisch wie ein kleiner Junge. Warum nimmst du unser Gespräch nicht zum Anlaß, dir die Angelegenheit noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen?«
    »Ich will nicht! Im übrigen sollten Sie mich nicht immer bevormunden. Ich bin nicht mehr Ihr Schüler.«
    Der barsche Ton stimmte Sarah traurig. Sie blickte betroffen zu Boden. Zum ersten Mal hatte Howard sie gemaßregelt. »Ich glaube«, meinte sie

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