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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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gutes Haar. Dabei ist er gar nicht so übel, ein bißchen zu fromm, ein wenig zu überheblich – aber wer hat keine Fehler!«
    »Und dieses Pharaonengrab ist ganz allein Ihre Entdeckung?«
    Elizabeth sah Howard in die Augen. Da konnte er einfach nicht anders, er mußte die Wahrheit sagen. »Wenn Sie niemandem davon erzählen, hören Sie, Elizabeth, niemandem, dann will ich Ihnen verraten, wie der wahre Entdecker heißt.« Er schaute mit gesenktem Blick nach beiden Seiten. »Sein Name ist Sir Henry.«
    »Sir Henry?«
    Carter nickte bedeutungsvoll mit geschlossenen Augen. »Sir Henry, mein Maultier.«
    Elizabeth lachte laut. »Howard, Sie machen sich lustig über meine Neugierde!«
    »Keineswegs. Sir Henry trabte über ein Loch im Boden, und dabei kamen Maultier und Reiter zu Fall. Als ich nach der Ursache für den Unfall forschte, entdeckte ich den Zugang zu dem Grab.«
    »Und Sie hoffen, dort unten Schätze zu finden? Die meisten Pharaonengräber wurden doch ausgeraubt, manche schon vor dreitausend Jahren. Jedenfalls behaupten das die Fremdenführer im Tal der Könige!«
    »Die meisten? – Bisher fand man nicht eines, das nicht von Grabräubern heimgesucht wurde.«
    »Was macht Sie also so sicher, Howard?«
    »Das Eingangsportal, das wir bereits freigeschaufelt hatten, ist zugemauert. Normalerweise suchen Grabräuber das Weite, nachdem sie sich an den Schätzen schadlos gehalten haben. Oder können Sie sich vorstellen, daß solche Schurken nach einem Einbruch die Türe zumauern?«
    »Da haben Sie recht. Ich bin schon heute aufgeregt und wünsche Ihnen alles Gute.«
    »Ich darf also mit Ihrer Anwesenheit in Der-el-Bahari rechnen, Elizabeth?«
    »Aber gewiß, Howard. Das heißt, unter einer Bedingung!«
    »Ich akzeptiere jede Bedingung von Ihrer Seite. Nennen Sie Ihre Forderung, Mylady!«
    »Ich möchte, daß Sie mich morgen zur ›Fantasia‹ des Konsuls Mustafa Aga Ayat begleiten. Die Feste des Agas sind berühmt, und ich wurde eingeladen.«
    »Sagten Sie Mustafa Aga Ayat?«
    »Das sagte ich.«
    »Wissen Sie, daß Mustafa Aga Ayat der größte Antikenschieber von Luxor ist, vielleicht sogar von ganz Ägypten? Er war am Mumien-Raub der Brüder Abd-er-Rassul beteiligt, und Emil Brugsch, der ihm mit seinen Gaunereien nur wenig nachsteht, geht bei ihm ein und aus. Elizabeth, wissen Sie, was Sie da von mir verlangen?«
    »Das mag ja alles stimmen, Howard, aber Ayat ist auch Konsul von England, Rußland und Belgien. Er ist ein gebildeter Mann und spricht neben Arabisch fließend Englisch, Französisch und Italienisch. Er kennt Gott und die Welt, und, wie man hört, ist es eine besondere Auszeichnung, zu einem seiner Feste geladen zu werden. Ich bitte Sie, schlagen Sie mir meinen Wunsch nicht ab!«
    Howard schüttelte unwillig den Kopf, und die Lady fügte hinzu:
    »Mich würde nicht wundern, wenn auch Dr. Naville mit seiner schönen Frau zu dem Fest geladen wäre.«
    »Sie kennen Naville?«
    »Ihn nicht. Aber seiner Frau Marguerite bin ich einmal begegnet.
    Sie ist wirklich wunderschön. Es heißt, der Aga habe ein Faible für schöne Frauen.«
    »Das ist wohl auch der Grund, warum er Sie eingeladen hat, Elizabeth!«
    Lady Collingham lächelte verlegen, dann meinte sie: »Auf so einer ›Fantasia‹ trifft sich alles, was Rang und Namen hat. Ich könnte mir vorstellen, daß es dem Konsul eine Ehre wäre, einen Entdecker wie Sie als Gast zu haben.«
    Howard hörte in sich hinein. Er fühlte einen Kampf in sich. Anstand gegen Eitelkeit. Und es kam, wie es kommen mußte. Die Eitelkeit siegte.
     
     
    Mitternacht war längst vorüber, und Carter lag nach einem angenehmen Abend mit der Lady in tiefem Schlaf, als er plötzlich hochschreckte. Der einzige Stuhl in seinem Pensionszimmer war in Bewegung geraten und verursachte auf dem Steinfußboden ein kreischendes Geräusch. Noch bevor er in der Dunkelheit etwas erkennen konnte, sprang ein Schatten auf ihn zu, und eine verschwitzte Hand preßte sich auf seinen Mund.
    »Pst, Carter Effendi!« hörte er eine Stimme. »Ich bin es, Sayyed. Keine Angst!«
    Howard hatte schon geglaubt, sein letztes Stündlein habe geschlagen, nun atmete er erst einmal tief durch. Dann sagte er, während er mit zitternden Händen versuchte, seine Lampe zu entzünden: »Du bist verrückt, Sayyed. Ich hätte tot sein können vor Schreck! Was willst du mitten in der Nacht?«
    Im Schein der Lampe erkannte Carter, daß Sayyed sehr aufgeregt war. Er atmete kurz und heftig und rief leise: »Mr. Carter, das

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