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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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das eine ernste Sache?«
    »Ach was. Ich kenne sie kaum! Wir sind mehr oder weniger durch Zufall aneinandergeraten. Ja, sie gefällt mir, sehr sogar. Aber…«
    »Aber?«
    »Irgendwie sehe ich in Lady Elizabeth ein Abbild von Sarah Jones.«
    »Sarah Jones? Du hast diese Frau immer noch nicht vergessen? Mein Gott, Howard!«
    »Ich weiß, ich bin verrückt; aber was soll ich machen? Je mehr Zeit vergeht, desto mehr gelange ich zu der Erkenntnis, daß Sarah die einzig richtige Frau für mich gewesen wäre. Inzwischen sehe ich schon Gespenster. Auf dem Schiff nach Luxor dachte ich, Lady Elizabeth sei Sarah. Aber das klärte sich dann als Irrtum auf. So haben wir uns kennengelernt. Wie geht es Sarah Jones? Hast du sie gesehen oder etwas von ihr gehört?«
    Alicia blickte verlegen zu Boden. Dann antwortete sie: »Nein, Howard. Du hast ihr nie geschrieben? Oder sie dir?«
    »Nie. Wir wissen beide, daß Briefe unsere Lage nur verschlimmern würden. Damals, beim Abschied auf dem Bahnhof in Swaffham, sagte Sarah, sie liebe mich mehr als alles auf der Welt, und die Zeit werde kommen, da würde ich das alles begreifen. Das ist nun bald eine Ewigkeit her, aber ich habe noch immer nicht begriffen, warum sie diesen Organisten heiraten mußte.«
    »Howard…«
    »Haben Sie Kinder?«
    »Howard, ich wollte es dir eigentlich nicht sagen. Aber ich glaube, du hast ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren.«
    »Die Wahrheit? Welche Wahrheit?«
    Alicia zog Howard in eine stille Ecke des Hauses, wo sie sicher sein konnten, daß sie niemand störte. »Damals«, begann sie, »als mein Vater den Entschluß faßte, dich mit Newberry nach Ägypten zu schicken, da wurde ihm sehr schnell klar, daß eine Frau der Grund für deine ablehnende Haltung war. Mein Vater hielt große Stücke auf dich und sagte, der Junge läßt die Chance seines Lebens ungenutzt verstreichen. Als er mich fragte, ob ich von einer Liebschaft wüßte, erzählte ich, was du mir anvertraut hattest. Ja, ich gestehe, das hätte ich nicht tun dürfen; aber ich ahnte nicht, wie tief deine Liebe zu Miss Jones war. Vor allem wußte ich nicht, was meine Eltern im Schilde führten. Jedenfalls suchte meine Mutter Miss Jones auf und schilderte ihr deine Situation und die Chance, die sich dir bot. Angeblich dauerte das Gespräch keine halbe Stunde, dann waren sich die beiden Frauen einig, und gemeinsam schmiedeten sie den Plan: Miss Jones sollte dich mit ihrer Absicht konfrontieren, Charles Chambers zu heiraten.«
    »Dann hat Sarah Jones überhaupt nicht geheiratet?«
    Alicia schüttelte den Kopf und sah Howard von unten an. »Zumindest nicht diesen Organisten. In Swaffham erzählt man sich, die beiden hätten eine Auseinandersetzung gehabt. Bald darauf verließ Sarah Jones Swaffham. Die Dame-school wurde verkauft. Angeblich lebt Miss Jones jetzt in London. Andere behaupten, sie sei nach Ipswich zurückgegangen, in ihre Heimatstadt.«
    Howard brachte kein Wort hervor. Warum hatte sich Sarah auf dieses falsche Spiel eingelassen? Obwohl ihm noch jedes ihrer Worte im Gedächtnis war, hatte er nichts davon bemerkt, wollte es heute noch nicht glauben: Sarah hatte Charles Chambers gar nicht geheiratet! Für Howard kam die Nachricht zu überraschend, um sie einfach so zu glauben. Doch Alicia hätte ihn niemals in einer so wichtigen Sache belogen.
    Er mußte Sarah ein Telegramm schicken. Noch besser, die nächste Schiffspassage buchen, nach Genua, weiter mit der Eisenbahn nach Paris-Calais-Dover. Aber wo sollte er sie suchen? Hatte sie mit Absicht alle Brücken abgebrochen?
    »Wer weiß, wozu es gut war«, bemerkte Alicia floskelhaft, »Miss Jones war ja doch viel älter als du. Und meine Mutter meinte damals: Solche Liebschaften können nicht gutgehen.«
    »So, meinte sie das«, erwiderte Howard bitter, und während er sich mit der Faust gegen die Brust klopfte, rief er leise: »Aber es ist mein Leben, Alicia, und ich habe das Recht, eigene Erfahrungen zu machen. Und hätte deine Mutter recht, dann wäre ich heute um jene Erfahrung reicher und würde nicht meinen verlorenen Jahren nachtrauern. Liebe ist eine Sache zwischen zwei Menschen, schon ein Dritter stört nur. Und es gibt genug Beispiele dafür, daß die unmöglichsten Verbindungen die dauerhaftesten sind.«
    »Entschuldige, Howard, ich wollte dich nicht verletzen. Aber ich habe, ehrlich gesagt, geglaubt, die Affäre sei vergessen – nach so langer Zeit.«
    »Vergessen?« Carters Stimme wurde so laut, daß die ersten bereits auf ihn

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