Der König von Luxor
aufmerksam wurden. »Vergessen? Ich werde Sarah nie vergessen, nie!« rief er aufgeregt.
Alicia versuchte Howard zu beschwichtigen: »Du mußt mir glauben, meine Mutter meinte es gut, als sie die Intrige einfädelte. Sie wollte nur dein Bestes. Und so ganz unrecht hatte sie ja nicht. Du bist auf dem Weg, ein bedeutender Ausgräber zu werden. Jedenfalls hört man große Dinge über dich. Du sollst ein Pharaonengrab entdeckt haben?«
Howard verzog die Mundwinkel, und mit einem gequälten Lächeln erwiderte er: »Zum einen ist noch nicht erwiesen, daß es sich um ein Pharaonengrab handelt, und zum anderen wäre ich heute lieber Tiermaler in Swaffham, wenn ich dafür Sarah Jones an meiner Seite wüßte.«
Da blies Alicia die Luft durch die Lippen, wie sie es früher immer getan hatte, was einer jungen Lady jedoch in keiner Weise zukam, und sie sagte resigniert: »Ich hätte wohl besser den Mund gehalten. Jetzt habe ich dir das ganze Fest verdorben.«
Howard machte eine wegwerfende Handbewegung: »Früher oder später hätte ich es ohnehin erfahren. Laß uns Lady Collingham und Lord Rockley suchen!«
Elizabeth merkte sofort, daß etwas vorgefallen sein mußte. Howard war verändert. In sich gekehrt und mit ernster Miene, schien er mit seinen Gedanken weit fort. Sie hatte eine Ahnung, aber Lady Collingham war eine erfahrene Frau, und sie hielt es für angebracht, keine Fragen zu stellen.
Kein Wunder, daß die Begegnung mit Lord und Lady Amherst eher kühl und sachlich ausfiel. Der Lord beglückwünschte Carter zu seiner Entdeckung in Der-el-Bahari und sprach die Hoffnung aus, an dem Ereignis teilnehmen zu dürfen. Howard antwortete höflich, es sei ihm eine Ehre. Dabei sah er Amherst an, aber er nahm ihn kaum wahr. Wie aus weiter Ferne hörte er die Stimme des Lords, die beteuerte, daß er von Anfang an vom Talent seines Schützlings überzeugt gewesen sei, doch Howard sah nur die Mauern von Castle Acre vor sich und Sarah, wie sie mit offenen Armen auf ihn zu lief.
Sie würden sich freuen, hörte er jetzt Lady Margaret sagen, ihn und seine Begleiterin demnächst auf ihrem Hausboot zu sehen, zum Dinner. Die »Nefertari« ankere nur ein paar Schritte vom Hotel »Winter Palace« entfernt. Der ägyptische Schiffskoch würde bestimmt allen Ehrgeiz dareinsetzen, ein unübertreffliches Mahl zu bereiten.
Elizabeth puffte Howard in die Seite und erwiderte: »Wir nehmen die Einladung dankend an.«
Aus seinen Gedanken gerissen, fügte Carter hinzu: »Selbstverständlich, Mylady, wir kommen gerne.«
Inzwischen war der riesige Tisch, auf welchem das köstliche Buffet präsentiert wurde, wieder im Boden verschwunden. An seiner Stelle fuhr aus der geheimnisvollen Unterwelt des Märchenpalastes eine Spiegelfläche empor, auf der eine üppige Bauchtänzerin, behangen mit glitzernden Pailletten und durchsichtigen Tüchern, ihre Kunst zeigte. Zur aufpeitschenden Musik der Kapelle stellte die schwarzhaarige Ägypterin mit gewagten Bewegungen ihre Reize zur Schau. Während sich ihr Mund hinter einem Schleier verbarg, trug das übrige Kostüm eher zur Betonung dessen bei, was es eigentlich verhüllen sollte. Mit ausgestreckten Armen brachte die glutäugige Schöne kleine Metallplättchen an ihren Fingern rhythmisch zum Klingen. Als sie gar ihre ausladenden Hüften zum Zucken brachte, gerieten die Männer, vor allem die Ägypter, in Ekstase und riefen ihr anzügliche Wörter zu, welche die Europäer zum Glück nicht verstanden.
Es schien, als fühlte sich die Tänzerin dadurch geschmeichelt, denn sie lachte, je lauter die Rufe wurden, und steigerte die Heftigkeit ihrer Bewegungen. Längst hatte sich ihre kunstvolle Frisur aufgelöst. Ihre langen Haare hingen ihr wild ins Gesicht und klebten an ihrem verschwitzten Körper, als sie sich tanzend Howard Carter näherte und ihre schweren Brüste vor seinen Augen zum Kreisen brachte.
Die Männer johlten; aber Carter, im Blickpunkt der ganzen Gesellschaft, fühlte sich bedrängt, genarrt und der Lächerlichkeit preisgegeben. Sogar Elizabeth und Alicia lachten und klatschten mit den anderen in die Hände. Dabei war ihm nicht im geringsten zum Scherzen zumute. Er fühlte, wie das Blut in seinen Kopf schoß, wie seine Ohren glühten, und gleich einem Wild, das von der Meute in die Enge getrieben wird, suchte Howard nach einen Fluchtweg, um dem demütigenden Schauspiel zu entgehen. Vergeblich. Die halbnackte Tänzerin umgarnte ihn mit geöffneten Armen. Und als sie gar vor ihm breitbeinig in
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