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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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er versuchte zu ergründen, ob Chambers ihn nicht doch belogen hatte. Vielleicht um ihn loszuwerden; vielleicht wollte er aber auch nur, daß er seine Suche einstellte. Aber wie sollte er das jemals erfahren?
    Gewiß eine Stunde oder länger lungerte Howard am Piccadilly Circus herum, deprimiert und verzweifelt. Schließlich beschloß er, den Standort zu wechseln, und begab sich Richtung Trafalgar Square, wo es mehr Männer gab von seiner Sorte, entwurzelt und ratlos. Weil aber seine Stimmung auf dem absoluten Nullpunkt angelangt war, suchte er auf dem Weg ein Pub auf, keines von der üblen Sorte, sondern wohlanständig und mit geschliffenen Scheiben in der Eingangstüre.
    Er bestellte Hochprozentiges in der Hoffnung, seinen Schmerz zu vergessen. Doch es bedurfte dreier Gins, bis dies auch nur oberflächlich gelang, und selbst dabei fügte es sich, daß Howard urplötzlich zu seinen alten Problemen zurückfand. Denn nach einer halben Stunde, nachdem er, die Ellbogen auf die Theke gestützt, sein Spiegelbild im Flaschenregal gegenüber betrachtet hatte, meinte sein Nachbar in ähnlicher Haltung und ohne ihn anzusehen: »Kummer?«
    Verunsichert, ob er wirklich ihn meinte, gab Carter keine Antwort, bis der eine zweite Frage, ebenso kurz formuliert, nachschob: »Weiber?«
    »Hm«, gab Howard zurück und musterte den anderen im Spiegel. Er war mittleren Alters und im Gegensatz zu ihm gepflegt gekleidet. Nichts schweißt Männer mehr zusammen als gemeinsames Leid. »Ich will nicht darüber reden.«
    »Macht nichts«, antwortete der Fremde verständnisvoll. »Ich kann Sie verstehen.« Und nach einer Weile, während einer den anderen im Spiegel musterte: »John Gallagher.« Er streckte ihm die Hand hin.
    Howard ergriff das dargereichte Vertrauen ziemlich unwillig, und nicht gerade begeistert erwiderte er: »Howard Carter.« Dann herrschte wieder Schweigen zwischen den beiden.
    »Meine Mutter«, begann Gallagher schließlich, »meine Mutter, ach ist ja egal…«
    »Nun erzählen Sie schon!« brauste Carter auf. »Was ist mit Ihrer Mutter?«
    »Meine Mutter hat mir abgeraten zu heiraten. John, sagte sie, John, ein Mann wie du darf niemals heiraten. Monatelang weg von zu Hause. Das kann nicht gutgehen, sagte sie.«
    »Sagte sie. Und hat sie recht behalten?«
    »Hat sie. Als ich letzte Woche nach Hause kam, hatte meine Frau die Wohnung verlassen und war mit meinem besten Freund durchgebrannt.«
    »Und wie lange waren Sie fort?« fragte Howard mit schwerer Zunge.
    »Vier Wochen. Dreißig Tage. Ich bin sicher, sie hat mich schon früher nach Strich und Faden betrogen. So sind sie, die Weiber. Und Sie? Ist Ihre Frau auch davon?«
    »So kann man sagen. Auch wenn die Umstände ganz andere sind.«
    »Was soll das heißen?«
    »Das soll heißen, daß sie mir nicht untreu geworden ist, sondern nur, daß sie unserer Verbindung keine Chance gab.«
    »Verstehe ich nicht, Mr. Carter.«
    »Sie ist dreizehn Jahre älter als ich, meine ehemalige Lehrerin, und meinte, das könne nicht gutgehen mit uns.«
    Gallagher pfiff durch die Zähne.
    »Heute habe ich erfahren, daß sie vermutlich nach Amerika ausgewandert ist. Aber ich bin nicht sicher. Ich war für ein paar Jahre in Ägypten. Die Nachricht stammt von einem Mann, der selbst ein Auge auf sie geworfen hat. Es könnte also durchaus sein, daß er mir einen Bären aufgebunden hat, damit ich meine Nachforschungen einstelle.«
    »Es geht mich ja nichts an«, wandte Gallagher ein, »aber mir scheint, Sie leiden ziemlich unter dieser Ungewißheit.«
    Carter nickte. »Sollte es sich bewahrheiten, daß Sarah Jones – so heißt sie – nach Amerika ausgewandert ist, dann wäre das für mich ein Zeichen, daß sie endgültig mit mir abgeschlossen hat. Dann müßte ich mich damit abfinden. Andererseits ist mir der Gedanke unerträglich, sie könnte sich noch hier in London aufhalten. Können Sie das verstehen, Mr. Gallagher?«
    Gallagher schwieg und machte den Eindruck, als denke er nach – soweit das sein angetrunkener Zustand erlaubte. »Sie trinken doch mit mir einen Port«, meinte er schließlich und gab, ohne Carters Antwort abzuwarten, die Bestellung auf. Dann sagte er: »Es ist doch nicht schwer festzustellen, ob diese Miss Jones nach Amerika ausgewandert ist.«
    Howard sah Gallagher ungläubig an. »Wie wollen Sie das feststellen? Angeblich soll es im vorletzten Sommer gewesen sein.«
    »Nichts leichter als das. In diesem Fall kommt doch wohl nur eine Schiffspassage Southampton – New York in

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