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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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ziemlichen Idioten halten. Tatsache ist: Sie sind mit Sarah Jones nach Amerika gereist. Das können Sie ja wohl nicht abstreiten.«
    Chambers grinste überlegen. »Was macht Sie so sicher, Mr. Carter?«
    »Die Passagierliste! Ich habe sie mit eigenen Augen gesehen.«
    Mit einem Mal wechselte Chambers den Gesichtsausdruck, er bot Carter einen Stuhl an und fragte gelassen: »Wollen Sie etwas trinken?«
    »Ich bin nicht hergekommen, um mit Ihnen zu trinken, Chambers, ich möchte endlich wissen, welches Spiel Sie spielen.«
    Chambers füllte zwei klobige Gläser mit Port, eines schob er Carter hin, dann sagte er: »Und in dieser seltsamen Passagierliste soll mein Name aufgeführt sein?«
    »Ja.«
    »Mr. Carter, ich war noch nie in meinem Leben in Amerika. Folglich muß es sich wohl um einen Irrtum handeln.«
    Carter sah Chambers von der Seite an. Natürlich glaubte er ihm nicht. Dieser Chambers war ein Lump, durchtrieben und verschlagen. »Mr. Chambers, wer sollte Interesse haben, Ihren Namen auf eine Passagierliste zu setzen, auf der zufällig auch der Name Sarah Jones verzeichnet ist?«
    Da begab sich Chambers zu seinem Harmonium, auf dem mehrere gerahmte Photographien aufgereiht standen. Eine nahm er in die Hand, betrachtete sie kurz, dann hielt er sie Carter unter die Nase. Das Bild zeigte den jugendlichen Chambers zusammen mit einem anderen jungen Mann.
    »Mein Bruder Christopher«, sagte er. »Er ist im Sommer vor zwei Jahren nach Amerika ausgewandert. Ich verabschiedete ihn am Kai in Southampton. Und wie es der Zufall wollte, entdeckte ich unter den Reisenden Sarah Jones. Sie hatte wie mein Bruder auf der ›Oceanic‹ eine Passage nach New York gebucht. Ihrem umfangreichen Gepäck nach zu schließen, wanderte sie aus, um ein neues Leben zu beginnen. Vergeblich versuchte ich mit ihr ein paar Worte zu wechseln, aber sie ging mir aus dem Weg. Leider. Auch meinem Bruder gegenüber, dem ich mein Leid klagte, blieb sie während der ganzen Reise verschlossen.« Chambers nahm sein Glas und kippte den Inhalt in einem Zug hinunter.
    Nun war auch Carter nach einem kräftigen Schluck zumute. »Wie, sagten Sie, ist der Name Ihres Bruders?«
    »Christopher.«
    »Das erklärt in der Tat alles. Der Name in der Passagierliste lautet nämlich Mr. C. Chambers. Tut mir leid, Mr. Chambers.«
    Chambers lachte, aber sein Lachen klang bitter.
    »Was finden Sie so komisch an dieser Situation?« erkundigte sich Carter.
    »Eigentlich sind wir ja Feinde. Jetzt stehen wir beide auf der Verliererseite, und ich befürchte, wir müssen uns damit abfinden.«
    Howard leerte den Rest seines Glases, während Chambers an seinem Harmonium Platz nahm und eine traurige Melodie intonierte. So merkte er nicht, daß Carter ohne ein Wort zu sagen die Wohnung verließ.
     
     
    Die Ereignisse der letzten Tage hatten bei Carter Zweifel aufkommen lassen, ob sein Platz noch in England war. Dachte er an Swaffham, so kam ihm seine traurige Jugendzeit in den Sinn, London schien ihm fremd und abweisend, hier wie da fühlte er sich als Außenseiter.
    Howard hatte gehofft, bei Lord Amherst eine Anstellung zu finden, und zweifellos hätte der Lord ihn auch genommen, aber nun schauerte er bei dem Gedanken, in Didlington Hall eine Dachkammer zu bewohnen und die Tage mit dem Kopieren von irgendwelchen Inschriften zu verbringen. Carter war ein anderer geworden. Er brauchte den Staub der Wüste, die brennende Sonne auf nacktem Gestein; sogar der Lärm in der Nacht und der Gestank allerorten fehlten ihm.
    Planlos, aber in der Absicht, sein restliches Geld abzuholen, suchte Howard das Oxford Mansion auf, ein Gebäude von gigantischen Ausmaßen, in welchem Behörden und Verbände angesiedelt waren, dahinter der Egypt Exploration Fund. Carter hatte sich nur einen Teil seines Gehalts in Ägypten auszahlen lassen, den größeren Teil, immerhin beinahe zweihundert Pfund, hatte der Fund in London zurückbehalten.
    An der Spitze des Egypt Exploration Fund stand seit kurzer Zeit eine resolute Dame, Emily Paterson, einst Sekretärin der legendären Amelia Edwards, die in Männerkleidern durch Ägypten gezogen war und über Jahre die Geschicke des Fund gelenkt hatte.
    Carter und Miss Paterson waren sich noch nie im Leben begegnet, aber als Howard den Vorraum der berühmten Gesellschaft betrat, der mit Skulpturen, Fundstücken und lebensgroßen Wandzeichnungen ausgestattet war, da kam ihm Emily entgegen und umarmte ihn wie einen verlorenen Sohn. Howard wußte nicht, wie ihm

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