Der König von Luxor
seine Arbeitskleidung gegen einen sauberen Anzug. Er zog sogar seine besten Schuhe an, erstand in der Sharia al-Mahatta einen Strauß Jasmin und begab sich auf direktem Weg zum Hotel »Luxor«, um Lady Collingham seine Aufwartung zu machen.
Carter wollte sich gerade beim Portier nach ihr erkundigen, als er hinter sich eine Stimme vernahm: »Howard, welche Freude, Sie wiederzusehen!«
»Elizabeth!« rief Howard erstaunt und streckte ihr den Blumenstrauß etwas unbeholfen entgegen. »Ich habe von Ihrer Ankunft gehört und bin gleich hierhergeeilt. Sie sehen blendend aus – wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf.«
Komplimente waren nicht gerade seine Stärke, und auch jetzt fand Carter die Bemerkung nicht sehr gelungen, und er befürchtete, daß Lady Collingham denselben Eindruck hatte. Jedenfalls ließ sie die Arme, die sie spontan nach ihm ausgestreckt hatte, um ihn zu umarmen, plötzlich sinken und nahm die Blumen entgegen. Und mit einer ausholenden Handbewegung sagte sie: »Howard, darf ich Ihnen meinen Mann vorstellen? Ich glaube, Sie beide kennen sich.«
Wie zur Salzsäule erstarrt blickte Carter ins Leere. Er nahm nur die Umrisse des Mannes wahr, der auf ihn zutrat. Hatte er richtig gehört? – Darf ich Ihnen meinen Mann vorstellen? – Hatte sie nicht gesagt: Ich glaube, Sie beide kennen sich? Erst jetzt musterte Howard die wuchtige Gestalt, die auf ihn zutrat und ihm lachend die Hand entgegenstreckte.
»Spink?« fragte er tonlos, und dabei dehnte er den Namen ungläubig in die Länge.
»Überrascht?« fragte Spink und schlug Carter, weil der ihm die Hand verweigerte, kräftig auf die Schulter.
»Kann man wohl sagen«, murmelte der so leise vor sich hin, daß man es kaum verstand.
Elizabeth war bemüht, die peinliche Situation zu überspielen, und meinte betont heiter: »Robert hat mir von Ihnen erzählt, Howard, und daß Sie nicht gerade Freunde waren. Aber das ist lange her, und ich hoffe, diese Kindereien sind ein für allemal vergessen.«
Spink nickte. Howard schwieg. Ihm wollte einfach nicht in den Kopf, wie Lady Collingham an diesen gräßlichen Spink geraten konnte.
Als hätte sie seine Gedanken erraten, begann Elizabeth: »Sie fragen sich bestimmt, wie wir uns kennengelernt haben? – Kenneth Spink, Roberts Vater, besitzt ein Stadthaus in South Kensington. Wir sind Nachbarn. Als Robert vom Tod meines Mannes hörte, kümmerte er sich rührend um mich. So kam das.«
»Dann darf man ja gratulieren!« meinte Carter verbittert. Ob Elizabeth seine Unversöhnlichkeit heraushörte, vermochte er nicht zu sagen, Spink jedenfalls konnte seine alte Abneigung nicht verbergen. Hinter seinem aufgesetzten Grinsen verbarg sich Haß, purer Haß.
In diesem Augenblick kam Carter der Gedanke, ob es ein Zufall war, daß sein ewiger Feind gerade die Frau geheiratet hatte, die ihm sehr nahe gekommen war. Am liebsten hätte er Elizabeth den Jasminstrauß aus der Hand gerissen und wäre davongelaufen; aber Elizabeth war am allerwenigsten schuld an dieser Situation. Deshalb machte er ein halbwegs freundliches Gesicht und fragte an die Lady gewandt: »Wie lange wollen Sie bleiben?«
Elizabeth warf Spink einen verschmitzten Blick zu und ergriff seine Hand. »Sie wissen vielleicht, daß Robert einen Unfall hatte. Seither leidet er unter dem feuchten englischen Klima. Seine Ärzte meinen, die trockene Luft Ägyptens würde ihm guttun und seine Schmerzen lindern. Robert plant, in Luxor eine Fabrik für Wasserpumpen zu eröffnen. Die Einzelteile liefert sein Vater aus der Fabrik in Swaffham. In Ägypten werden Abertausende Pumpen zur Bewässerung der Felder benötigt. Fürs erste suchen wir ein Haus in Luxor. Sie leben schon lange hier, vielleicht können Sie uns behilflich sein. Robert würde sich sicher erkenntlich zeigen. Nicht wahr, Robert?«
Nicht einen Piaster würde ich von diesem Kerl nehmen, dachte Carter, nicht von diesem Spink! »Mal sehen, was sich machen läßt«, erwiderte Howard nur aus Höflichkeit. Er war sich sicher, daß es nie dazu kommen würde. Denn merkwürdigerweise hatte sogar Elizabeth, für die er bisher große Sympathie empfunden hatte, ganz plötzlich seine Zuneigung verloren.
»Eigentlich wollte Robert schon wieder abreisen«, meinte Elizabeth eher belustigt. »Bei unserer Ankunft gestern abend am Bahnhof wurde ihm nämlich ein größerer Geldbetrag entwendet, den er in einer Seitentasche bei sich trug.«
Howard verschluckte sich und bekam einen Hustenanfall. »Was Sie nicht sagen!«
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