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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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nicht viel zu jung für diese Aufgabe? schoß es Carter durch den Kopf. Kannst du den Anforderungen überhaupt gerecht werden? Da hörte er eine innere Stimme: Tu es! Oder willst du ewig vor einer wichtigen Entscheidung davonlaufen?
    Von der Brücke hörte man eine Stimme: »Mr. Loret, wir legen ab!«
    Der stand noch immer mit ausgestreckter Hand und fragendem Blick vor Carter.
    »Einverstanden!« Howard ergriff Lorets Hand. »Ich hoffe, ich werde Sie nicht enttäuschen.«
    Loret klopfte Carter auf die Schulter. »Ich habe nichts anderes von Ihnen erwartet. Sie werden von mir hören, sobald ich in Kairo bin.«
     
     
    Zeitungen in aller Welt berichteten von dem spektakulären Mumienfund im Tal der Könige und von Carters Entdeckung im Gartenhaus des »Luxor«-Hotels. Vor allem in Amerika machte die Geschichte Schlagzeilen. Ganze Schiffsladungen von Neugierigen aus der Neuen Welt gingen in Alexandria von Bord und fragten nach Carter und seinen Pharaonenschätzen. Enttäuschung machte sich breit, wenn sie erfuhren, daß sich diese Geschichte 700 Kilometer weiter südlich abgespielt hatte.
    Alle Hotels in Luxor waren ausgebucht wie nie zuvor. Auf der Suche nach Pharaonenschätzen pilgerten Tausende ins Tal der Könige, ausgerüstet mit Schäufelchen und Sandsieb. Sogar in der Nacht kam das Tal nicht zur Ruhe. Wie Glühwürmchen im Mai bewegten sich Abenteurer mit ihren Laternen über die Sanddünen.
    Carter hatte ein einsames, unscheinbares Häuschen zwischen den Dörfern Dra abu el-Naga und el-Tarif bezogen. Als oberster Hüter der Denkmäler diesseits und jenseits des Nils stieß er auf Anerkennung und Bewunderung, aber auch auf Ablehnung, ja sogar Verachtung. Selbst Naville wechselte mit ihm kein Wort mehr, weil er seine Assistentenstelle Hals über Kopf im Stich gelassen hatte. Und der Egypt Exploration Fund in London ließ wissen, er, Carter, brauche sich nie wieder um eine Stelle zu bemühen.
    Das war auch nicht nötig; denn als Inspektor der Altertümerverwaltung vergab er jetzt Arbeitsplätze. Ihm unterstand sogar eine bewaffnete Truppe, welche die Ausgrabungen und Gräber im Tal der Könige bewachte, und er selbst machte es sich zur Gewohnheit, seine Kontrollgänge nie ohne ein zweiläufiges Gewehr arabischer Herkunft zu absolvieren. Nicht nur deshalb war Carter bei den Fellachen gefürchtet. Wo sie sich früher sicher fühlen konnten und bei Nacht ihren Raubgrabungen nachgingen, tauchte der neue Inspektor mit seiner Truppe auf, an den unmöglichsten Orten und zu Zeiten, wo ihn niemand erwartete. Die illegalen Grabungen kamen deshalb jäh zum Erliegen, und die Bewohner von el-Kurna, die in der Hauptsache von dunklen Geschäften lebten, waren auf einen Schlag ohne Arbeit und Brot.
    Kein Wunder also, daß Howard bei seinen Nachforschungen im Zusammenhang mit dem Schatzhaus im Garten des Hotel »Luxor« auf eine Mauer des Schweigens stieß. Der Manager des Hotels, ein gebildeter Ägypter, schwor beim Barte des Propheten, in dem Gartenhaus hätte sich nie etwas anderes als Tische und Stühle befunden. Und Mustafa Aga Ayat wollte mit der Geschichte überhaupt nichts zu tun haben. Zur fraglichen Zeit habe er sich beim Mudir von Kena aufgehalten – was dieser schriftlich bezeugte. Zwei Engländer aus Liverpool, mit denen Spink in geschäftlicher Verbindung stand, nahmen auf ihren Eid, zusammen mit Robert Spink in Kairo gewesen zu sein. Zur Untermauerung ihrer Behauptung legten sie drei Eisenbahn-Fahrkarten vor.
    Carter stand ziemlich allein da.
     
     
    An einem der letzten Septembertage – es war heiß und stickig, und seit Februar war kein Tropfen Regen vom Himmel gefallen –, an einem dieser schweißtreibenden Tage, deren Ende man herbeisehnt wie eine Erlösung, fuhr Mustafa Aga Ayat in einer Droschke auf der Uferpromenade nordwärts. Die Sonne stand bereits tief und warf lange Schatten.
    Was den Vorgang bemerkenswert erscheinen ließ, war die Tatsache, daß der Aga eine Droschke benutzte, obwohl mehrere Phaetons und Doppelphaetons in seiner Remise standen. Für Sayyed Anlaß genug, den um seine Tarnung besorgten Aga zu verfolgen. Barfuß und in gebührendem Abstand rannte Sayyed hinter der Kutsche her, und als die Droschke endlich vor dem großen Tempel von Karnak haltmachte, war er schweißüberströmt, und seine Galabija klebte ihm an den Schenkeln.
    Sayyed war klar, daß ein Mann wie Ayat die Tempelanlagen von Karnak nicht aufsuchte, um die Architektur der alten Ägypter zu studieren. Wenn sich der Aga so

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