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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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und mit gepreßter, leiser Stimme sagte er, wobei er seinem Gegner ganz nahekam: »Du hast Doktor Munthe den Goldbecher zum Kauf angeboten. Er hat es mir gesagt.«
    Zum ersten Mal wurde Spink nervös, eine Eigenschaft, die Howard noch nie an ihm beobachtet hatte. Seine Augenlider flatterten. Er atmete kurz. Schließlich setzte er sein unvermeidbares Grinsen auf und entgegnete: »Dieser Munthe ist ein Spinner. Er weiß nicht, was er sagt, und lebt in einer Traumwelt. So wie du, Carter.«
    Howard trat ein paar Schritte zurück und bückte sich, um sein Gewehr aufzuheben. Die Wächter im Hintergrund verfolgten jede seiner Bewegungen. Carter wandte sich um: »Du bist also nicht bereit, den Becher herauszugeben?«
    »Wie kann ich dir etwas geben, was ich nicht besitze. Verschwinde und laß mich zufrieden mit deinen Phantastereien.«
    Bevor er durch die Türe trat, warf Howard Spink einen verächtlichen Blick zu. »Seit meiner Jugend stehst du mir im Wege, Spink. Hier in Luxor hoffte ich, dich los zu sein. Ich sage dir, hier ist nur für einen von uns Platz!«
    »Wir werden sehen, für wen!« rief ihm Spink hinterher.
    Drei Tage lebte Howard in großer Unruhe. Während der Arbeit im Tal der Könige, während seine Leute sich immer tiefer in das Erdreich wühlten, erklomm Carter einen Hügel und suchte den Horizont ab, und je länger sich die Zeit hinzog, desto besorgter wurde er.
    Endlich, am vierten Tag, gegen Mittag, näherte sich Sayyed auf seinem Esel, und Howard lief ihm entgegen.
    »So rede schon!« rief Carter ungeduldig, als Sayyed schweigsam von seinem Esel abstieg.
    Da erhellte sich das Gesicht des Jungen, und er sagte: »Carter-Effendi, es war ein schwieriges Stück Arbeit; aber es ist alles gutgegangen. Mrs. Spink befindet sich auf der Überfahrt nach Genua.«
    »Bist du sicher, Sayyed?«
    »Ganz sicher, Carter-Effendi. Ich habe gewartet, bis das Schiff auslief. Allah ist mein Zeuge. Allerdings…«
    »Ja?«
    »Es war etwas teurer, einen falschen britischen Paß zu bekommen. Dafür ist er von hervorragender Qualität. Ali sagt, besser als das Original.«
    »Also wieviel?«
    Sayyed blickte treuherzig wie immer, wenn es um Geld ging. »Siebzig Pfund – alles in allem.« Die Antwort klang eher fragend als fordernd.
    »Siebzig Pfund?« – Carter seufzte. Aber dann erwiderte er: »In Ordnung.«

K APITEL 24
     
     
     
    Am Tag, als die Nachricht von Elizabeths Ankunft in London bei Carter eintraf, geriet die Welt aus den Fugen. Zwei tödliche Schüsse eines serbischen Nationalisten auf den österreichischen Thronfolger und seine Frau setzten die Welt in Brand. Wie ein Baum, bevor er stirbt, noch einmal seine Blütenpracht entfaltet, war der Sommer klar und heiß wie lange nicht. Nun verging kaum ein Tag, an dem sich nicht der Himmel verdunkelte, weil irgendwo ein Land einem anderen den Krieg erklärte: Österreich den Serben, Deutschland den Russen, Deutschland den Franzosen, England den Deutschen, Frankreich und Großbritannien den Österreichern, Japan den Deutschen. Da war es gerade Ende August.
    Howard bezog sein neues Haus auf dem Hügel von Elwat el-Diban, einen Palast inmitten der Wüste, mit einer Kuppel über dem Aufenthaltsraum, die vor der größten Hitze schützte, einem Eßzimmer, Arbeitsraum samt Bibliothek, einem Gästezimmer für Lord Carnarvon und einem weiteren für die Dienerschaft. Sogar an ein Badezimmer war gedacht, wenngleich es nur aus einer Zinkwanne auf nacktem Steinfußboden bestand und jeder Tropfen Wasser auf Eselsrücken eine halbe Meile herbeigeschafft werden mußte. »Castle Carter« nannten die Eingeborenen des nahen Dorfes das auffällige Gebäude. Carter fühlte sich geschmeichelt.
    »Wie lange kann so ein Krieg dauern?« fragte Carter, als er zu später Stunde mit Carnarvon im Kuppelraum zusammensaß.
    Der Lord zog an seiner Zigarettenspitze und paffte den Rauch in mehreren kurzen Wölkchen in die Luft, um Zeit zu gewinnen. Dann antwortete er: »Ich möchte keine Prognose wagen, Mr. Carter, aber ich könnte mir durchaus vorstellen, daß dieser Krieg länger dauert.
    Die Deutschen und Österreicher sind vortrefflich gerüstet. Sie verfügen über eine Artillerie mit Fünfzehn-Zentimeter-Haubitzen. Wissen Sie, was das bedeutet, Mr. Carter? Damit schießen sie vom Kontinent aus unser Kriegsministerium in Schutt und Asche!«
    »O mein Gott!« rief Carter. »Das werden sie tun?«
    »Vorausgesetzt, sie treffen!« Carnarvon machte ein ernstes Gesicht. »Jedenfalls werde ich mich auf

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