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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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Selbstgespräche zu führen. Denn Antwort bekam er nie wieder. Nicht einmal im Traum erschien ihm Bastet, so daß er sich fragte, welche Bewandtnis es mit jener nächtlichen Unterredung gehabt haben mochte.
    Wochenlang war Bastet sein einziger Ansprechpartner. Die Katze nahm Howard die Angst, die Sprache zu verlieren. Denn auch wenn sie ihn nicht dazu aufforderte, wurde es Carter zur Gewohnheit, seinem Haustier aus den Büchern, die er studierte, laut vorzulesen, wobei sie sein Mienenspiel mit wachen Augen verfolgte, bis sie – meist nach einer Stunde – sanft einschlief. So wurde Carter im Laufe weniger Monate zum Katzenfreund, ja, er konnte sich ein Leben ohne Bastet überhaupt nicht mehr vorstellen.
    Als der unselige Krieg endlich zu Ende ging, als die Männer aus Luxor, el-Kurna und Dra abu el-Naga zurückkehrten und bei Carter nach Arbeit fragten, da wunderten sich die meisten über das fremde Erscheinungsbild des Ausgräbers. Carter-Effendi hatte sich auf seltsame Weise verändert. Er hatte das Aussehen von Lord Carnarvon angenommen. Nicht nur, daß er sich so kleidete wie der Lord, er trug den gleichen kecken Schnurrbart und ging, obwohl er es keineswegs notwendig hatte, auf einen Stock gestützt. Aus der Ferne konnte man ihn durchaus für Lord Carnarvon halten. Daß er nur noch in Begleitung einer weißen Katze von den Ausmaßen eines jungen Tigers auftrat und mit dem Tier Zwiesprache hielt, während er ansonsten eher schweigsam war, ließ ihn suspekt erscheinen wie einen feindlichen Spion.
    Wie in allen Kriegen, so gab es auch in diesem viele Sieger und wenige Verlierer, aber bei näherer Betrachtung und im Hinblick auf das Schicksal jedes einzelnen gab es nur Verlierer. Gewiß, England, Frankreich und die Vereinigten Staaten von Amerika hatten den Krieg gewonnen, auf der Verliererseite standen Österreich-Ungarn, das Osmanische Reich und Deutschland. Der Preis für Sieger und Verlierer waren zehn Millionen Tote.
    Was Ägypten betraf, so brach eine neue Zeit an. Ägypten war kein Vasallenstaat mehr. Ein Sultan regierte als König von Ägypten, und die Zeit brachte es mit sich, daß die Engländer ihr Protektorat über das Land am Nil aufgeben mußten.
    Carter interessierte das alles wenig. Er sammelte eine neue Grabungsmannschaft um sich und nahm das magische Dreieck in Angriff, in welchem bisher noch nicht gegraben worden war. Aber wo beginnen?
    Carnarvon, der den großen Krieg untätig in London zugebracht hatte – der Familienstammsitz Highclere Castle mußte als Lazarett herhalten –, der Lord kündigte seine Rückkehr nach Luxor an. Nun mußte Carter endlich einen Erfolg vorweisen, sonst lief er Gefahr, daß Carnarvon die Lust verlor.
    Unnachsichtig trieb Howard seine Männer zur Arbeit an. In der Hälfte der üblichen Zeit gruben sie einen neuen Erdtrichter, willkürlich, was die Lage, und erfolglos, was das Ergebnis betraf.
    Seiner Katze, die er während der Grabungen im Hause einsperrte, machte Howard Vorwürfe, sie habe ihm falsche Hoffnungen gemacht, nun sei er am Ende.
    Bastet sah Carter mit rätselhaften Augen an. Und der vermochte ihren Blick nicht zu deuten.
    »Du hast mich belogen, verdammtes Katzenvieh«, stammelte Howard unwillig. »Ich werde dich aus dem Haus werfen, dann kannst du sehen, wo du bleibst!«
    »Tu das nicht!« Es war ihm, als hörte er plötzlich die Katze wieder sprechen, aber als er sich umdrehte, blickte sie ihn nur mit großen Augen an. Howard erschrak. Er hatte sich nicht getäuscht. »Du redest wieder mit mir?« fragte er ungläubig.
    Carter ging vor Bastet auf die Knie. »So begreife doch, ich brauche den Erfolg, sonst bin ich erledigt. Du mußt mir die Stelle verraten, an der ich graben soll, du mußt!«
    Wie versteinert, regungslos, saß die große weiße Katze vor ihm, als ginge sie das alles nichts an.
    Da faßte Howard das Tier an den Vorderpfoten und zog es ganz nahe vor sein Gesicht. Und während Bastet brummig röchelte, rief Carter: »Ich weiß, daß du mich verstehst! Gott im Himmel, warum antwortest du nicht?«
    Bastet blieb schweigsam, und eine Weile starrten sich Mensch und Tier an wie zwei Boxer vor Beginn ihres Kampfes. Dann schleuderte Howard die Katze wütend von sich, und dabei rief er: »Der Teufel hat dich geschickt, elendes Katzenvieh. Verschwinde und lasse dich hier nicht mehr blicken!«
    Howard riß die Türe auf, und wie von Furien gejagt raste Bastet aus dem Haus.

K APITEL 25
     
     
     
    Am nächsten Tag begab sich Carter zum Bahnhof in

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