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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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farbenfroher Aufmachung mit einem Hut auf dem Kopf so groß wie ein Wagenrad, nur mit wesentlich mehr Blumen verziert, soeben in Begleitung ihres Mannes Archibald eingetroffen war. Archibald, klein, rundlich und von vornehm zurückhaltender Natur, stand abseits und lächelte zufrieden, während seine behütete Frau mit geifernder Stimme Beschwerde führte über das bescheidene Zimmer, das man ihr im ersten Stockwerk des Hauses zugewiesen habe, noch dazu ohne Ausblick auf den Nil.
    »Ich bin Schriftstellerin«, rief sie aufgeregt dem Portier zu, obwohl dieser ihr auf Reichweite gegenüberstand und sie sogar im Flüsterton verstanden hätte, »Sie scheinen mich hier in diesem Land nicht zu kennen, mein Name ist Agatha Christie, und das ist mein Mann Archie!«
    Der Portier in schwarzem Anzug und rotem Fes dienerte so heftig, daß die Quaste seiner Kopfbedeckung einen wilden Tanz vollführte wie die schöne Isidora Duncan, von der alle Welt sprach. »Aber selbstverständlich sind Sie uns auch in Ägypten bekannt, Mylady; aber um diese Zeit ist unser Hotel bis auf den letzten Platz ausgebucht. Zu meinem größten Bedauern kann ich Ihnen deshalb nur dieses Zimmer anbieten. Und wenn Sie mir die Bemerkung gestatten, es ist äußerst komfortabel.«
    »Es ist ein kleines, heruntergekommenes Zimmerchen ohne Blick auf den Nil. Woher sollte ich die Inspiration nehmen für meinen neuen Roman?«
    Angelockt durch den Lärm, den Agatha Christie verursachte, bahnte sich der ebenfalls schwarz gekleidete Hotelmanager einen Weg über die Koffer, Kästen und Reisetaschen der lauten Lady und versuchte sie zu beruhigen, was, wie sich herausstellte, nicht ganz einfach, genaugenommen unmöglich war.
    »Einen Augenblick!« Dem Hotelmanager kam plötzlich die Erleuchtung. »Lord Carnarvon ist heute morgen überraschend abgereist. Sie könnten seine Suite übernehmen, Mrs. Christie. Falls Sie sich etwas gedulden wollten?«
    »Lord Carnarvon? – Kenne ich nicht«, erwiderte Agatha Christie. »Aber wenn er mehr als ein Zimmer bewohnte und ich Blick auf den Nil habe, soll es mir recht sein.«
    Der Manager nickte: »Seine Lordschaft bewohnte vier Räume, und die Zimmer verfügten über Aussicht zum Nil und zum Park hin.«
    Damit gab sich die resolute Dame fürs erste zufrieden.
    »Es ist dir doch recht, Archie«, fragte sie der Form halber.
    Carter, dem die lautstarke Auseinandersetzung nicht entgangen war, trat an den Manager heran und fragte verunsichert: »Sagten Sie soeben, Lord Carnarvon sei abgereist? Das muß ein Irrtum sein. Lord Carnarvon ist erst vor wenigen Tagen in Luxor eingetroffen!«
    »Oh, Mister Carter, gut, daß wir uns begegnen«, erwiderte der Manager, »Seine Lordschaft hat eine Mitteilung für Sie hinterlassen und einen Scheck. Warten Sie…« Er verschwand in seinem Büro, kehrte jedoch sofort wieder zurück und überreichte Howard einen Scheck und einen Brief. Der Scheck lautete auf 3000 Pfund, der Brief hatte folgenden Wortlaut: »Mr. Carter, nichts für ungut. Wir haben uns entschlossen, nach England zurückzukehren. Der beiliegende Scheck sollte ausreichen für eine letzte, die allerletzte Grabungssaison. Sollte Ihnen auch dieses Mal kein Erfolg beschieden sein, müßten wir uns wohl ein für allemal trennen. Im übrigen bitte ich Sie, sich meine Tochter Evelyn aus dem Kopf zu schlagen. Bedenken Sie Ihren Stand und Ihr Alter. C.«
    Die flüchtig hingeworfenen Zeilen begannen vor Carters Augen zu tanzen. So erfreulich der Auftrag für eine neue Grabungssaison sein mochte, die Absage an Evelyn traf ihn wie eine Ohrfeige. »Aber das kann doch nicht sein«, stammelte er tonlos, »wir lieben uns doch.« Howard kämpfte mit den Tränen.
    »Seine Lordschaft haben den Morgenzug nach Kairo genommen«, bemerkte der Manager noch; dann zog er sich zurück.
    Howard war so in Gedanken versunken, daß er nicht bemerkte, wie die vorlaute Schriftstellerin ihn unverfroren von Kopf bis Fuß musterte. Schließlich trat sie auf Carter zu und sagte in gemäßigtem Tonfall: »Sie sind Engländer, Sir?«
    »Ja, gewiß«, erwiderte Howard verdattert.
    »Agatha Christie«, stellte sich die Lady vor. »Ich bin Schriftstellerin und manchmal etwas laut; aber leise Schriftsteller sind das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt sind. Sie kennen doch meinen Roman ›The mysterious affair at Styles‹?«
    »Bedauere, nein. Ich bin Ausgräber, und mir bleibt kaum Zeit, ein gutes Buch zu lesen.«
    »Ob es gut ist, sei dahingestellt, Mister, Hauptsache

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